Die Frauen liebten ihn, Marlene Dietrich überflutete ihn mit bewundernden Briefen und übte gar Telefonterror aus, die Ikonen deutschsprachiger Literaturkritik Marcel Reich-Ranicki und Joachim Kaiser zollten ihm Anerkennung. Viel der Ehre – doch sie kam spät in der Karriere des österreichischen Schriftstellers und Drehbuchautors Johannes Mario Simmel, dessen Geburtstag sich am 7. April zum 100. Mal jährt. Mit einer Gesamtauflage von rund 70 Millionen Büchern, die in 33 Sprachen übersetzt wurden, führte er jahrzehntelang die Bestseller-Listen an. Das machte ihn wohl suspekt – lange wurde er als Kitschist und Trivialautor in eine Bücherkiste mit Heinz G. Konsalik geworfen. Dabei nahm sich Simmel stets gesellschaftskritischer Themen an, versüßt mit einer Prise Romantik. Nach dem Krieg schrieb er zahlreiche Drehbücher, u. a. für Filme mit Hildegard Knef und Romy Schneider. Der Durchbruch als Romancier gelang ihm mit dem Roman "Es muss nicht immer Kaviar sein", der in der Verfilmung ebenso zum Kinohit wurde wie "Und Jimmy ging zum Regenbogen". Sein Sendungsbewusstsein als glühender Antifaschist lag wohl auch in seiner Biografie begründet: Fast alle Verwandten seines jüdischen Vaters wurden von den Nazis ermordet. Regisseur Gustav W. Trampitsch folgt anlässlich Simmels 100. Geburtstages den Lebensspuren des Erfolgsautors. Seine Romane wie "Liebe ist nur ein Wort", "Hurra, wir leben noch" oder "Und Jimmy ging zum Regenborgen" waren auf Hirn und Gemüt einer Gesellschaft gerichtet, die langsam aus dem Rausch des Wirtschaftswunders erwachte. Vor allem der Mittelstand fühlte sich von Gefahren und Unsicherheiten wie alten und neuen Nazis, eisernen Vorhängen, Kaltem Krieg, sowie Energie- und Umweltkrisen bedroht. All das porträtierte der Österreicher punktgenau und wurde zum verlässlichen Chronisten. Viele seiner Bestseller wurden verfilmt und Kassenschlager des deutschen Nachkriegskinos. Es hätte allerdings auch ganz anders kommen können: Sein Vater konnte vor dem braunen Terror noch rechtzeitig nach England entkommen, doch ein Großteil der väterlichen Verwandtschaft wurde von den Nazis verschleppt und ermordet. Dieses Trauma seiner Jugendzeit, das Erleben gnadenloser Unmenschlichkeit, bildete das Fundament einerseits für seine Alkoholsucht, anderseits für seinen scharfen Blick auf Zeitgeist, Liebe und Leid, sowie Großmut und Niedertracht. Mit seiner Lulu wollte Johannes Mario Simmel vereint fürs Leben sein, trennte sich jedoch wegen einer Jugendliebe, um schließlich zu Lulu zurückzukehren. Alle Jahre hindurch hatte er dabei offen und intensiv ein Verhältnis mit Gabriele, seiner Dauergeliebten. Dies war der Name seiner Schreibmaschine, die ihn auf allen Reisen begleitete, und der er bis zum letzten Buchstaben treu geblieben ist. In Gustav W. Trampitschs Film zu Wort kommen u. a. Iris Berben, Star einiger Simmel-Verfilmungen, sein jahrzehntelanger Wiener Freund, der Journalist Peter Huemer, der Literaturkritiker und Journalist Heinz Sichrovsky, die Autorin seiner eben erschienenen Biografie, Claudia Graf-Grossmann, sowie der "neue Simmel", der in Wien lebende österreichische Autor Marc Elsberg.
(ORF)
Cast & Crew
- Regie: Gustav W. Trampitsch
- Drehbuch: Gustav W. Trampitsch