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von Ralf Döbele

Sollten Sie diesen Artikel zufällig gewählt haben, ist Flucht ein Wort, das Sie bald begreifen sollten!

Tohuwabohu
Tohuwabohu

Redakteur Gottfried Schwarz (l.) und Autor/Regisseur/Cutter Helmut Zenker (r.)
Redakteur Gottfried Schwarz (l.) und Autor/Regisseur/Cutter Helmut Zenker (r.)

Was macht ein Autor, wenn er auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen ist? Er realisiert, dass es eigentlich nur noch bergab gehen kann und kommt dem Schicksal zuvor. 1990 hatte Helmut Zenker bereits eine ganze Menge erreicht. Zahlreiche Bücher für Fernseh- und Kinofilme, sowie für Hörspiele standen in seiner Vita und mit  "Kottan ermittelt" hatte er einen der größten Kultklassiker der ORF-Geschichte geschaffen. Danach verlor er offensichtlich jegliches Interesse an Sendern, die auf Qualität setzen und viel Geld ausgeben. Schließlich kann man ja auch aus einem Wohnwagen senden, oder? Und wer braucht schon ganze Drehbücher, wenn man sich auch mit 1000 One-Linern 58 Folgen und acht Jahre lang über Wasser halten kann? So schuf Zenker sein TV-Chaotikum, das er auch selbst gerne vor lauter Ehrfurcht vor dem eigenen Genie als "True Trash TV" bezeichnete.

Das Rezept von  "Tohuwabohu" ist eigentlich recht einfach, dessen konsequente Umsetzung aber ein kleines Fernseh-Wunder. Im Stakkato-Takt rasseln mit breitem, österreichischem Schmäh die ältesten Witze der Menschheitsgeschichte, die knalligsten Kostüme des ORF-Fundus und die kitschigsten Songs aus dem Pop-Universum in anarchistischer Aneinanderreihung auf den gebannten (wehrlosen?) Zuschauer hernieder. Natürlich stets vorgetragen von einer großen Garde erstklassiger Schauspieler, Sänger und Comedians - die wohl für Zenker vieles vor der Kamera anstellten, was sie nie für jemand anderen getan hätten. Diese feurige, audiovisuelle Vielfalt in einem Text festzuhalten ist schier unmöglich. Genau darum tun wir es.

Prosit, "Tohuwabohu"!
Historuwabohu: Handlung abgeschafft, Inhalt verbessert

Jazz-Gitti (r.) und Günter Tolar (l.) planen die nächste Co-Produktion mit Euro-Schrott
Jazz-Gitti (r.) und Günter Tolar (l.) planen die nächste Co-Produktion mit Euro-Schrott

"Karamba, Karacho, ein Whisky!" Vor der Tohuwabohu-Sendezentrale geht Fritz Muliar so richtig ab
"Karamba, Karacho, ein Whisky!" Vor der Tohuwabohu-Sendezentrale geht Fritz Muliar so richtig ab

"Unser Programm ist so neu, des können'S gar net kennen können!" ... dachte sich Brigitte Jazz und schuf DIE Alternative zum ORF mit Lug, Trug, sinnlosen Formaten, billigen Kopien und ohne Budget. Der Sender Tohuwabohu war geboren, musste aber bald sein heruntergekommenes Hauptquartier gegen einen schrottreifen Wohnwagen als Zentrale eintauschen, damit es einfacher war vor den Gläubigern zu fliehen.

Ja, die ersten Episoden von "Tohuwabohu" hatten tatsächlich noch Handlung! Die Senderchefin versuchte österreichische Stars wie Fritz Muliar oder Chris Lohner für ihr unterbelichtetes Programm zu gewinnen und zeigte nebenbei Ausschnitte aus ihren anspruchsvollsten Sendungen ("Gibt's Co-Produktionen?" - "Mit Euroschrott..."). Glücklicherweise wurde jedes Bemühen Helmut Zenkers Geschichten zu erzählen, die länger dauerten als 30 Sekunden, wenig später fast komplett fallengelassen, wodurch  "Tohuwabohu" seine wahre, anarchistische Seele entdeckte und vollkommen entfaltete. Was das Format danach zusammenhielt waren die wiederkehrenden Darsteller, sowie zahlreiche Motive und Situationen, die stets mit neuen Gags zusätzlich entwertet wurden.
Da weiß man, was man abdreht!

"I tät gern Russisch lerna!"
"I tät gern Russisch lerna!"

Bestien der Großstadt
Bestien der Großstadt

"A bisserl bleib I no sitzen... Sicher is sicher"
"A bisserl bleib I no sitzen... Sicher is sicher"

"Wird die Krax'n heut? endlich funktionieren?" Der zum Tode verurteilte Günter Tolar wartet vermutlich noch heute auf seine lange versprochene Hinrichtung per Guillotine ("Blede Wucht'l!"). Henker Hans Kraemmer hatte wirklich nicht viel Glück mit dem Gerät, das regelmäßig hernieder rasselte, den Kopf seines Opfers aber nur in den seltensten Fällen abtrennte. Manche Verzögerungen ließen sich aber auch kaum vermeiden: "Ihr letzter Wunsch?" - "I tät gern Russisch lerna!"

Die Sportberichterstattung funktionierte bei  "Tohuwabohu" dagegen stets tadellos. Die Sportler weniger. Als Schwimmer wurde man im Becken öfters von gelben Quietschenten überholt, beim Versuch das Tor des Monats zu schießen zersprang der Ball in tausend Scherben und beim 100-Meter-Sprint holten sich die Läufer erst einmal ihr Steak beim Barbecue-Grill ab - zumindest falls sie die Rennstrecke nicht durch Parkbänke blockierten.

Ansonsten ging Todesgefahr von Parkbänken vor allem für die Tauben im Stadtpark aus. Mit reichlich Gift bewaffnet sorgten Margit Gara-Trainin und wechselnde Ehemänner für das tägliche Gemetzel. Manchmal wirkte das Gift schneller, dann konnten sie früher heimgehen ("Die Taub'n gfallt ma! - "Wieso?" - "Is net hi?"). Nur ein Urlaub in Venedig kam für sie nie in Frage. Der Markusplatz mit all den Tauben? Reiner Overkill.

Nicht, dass sich die Margit auf Tauben beschränkte, brachte sie doch regelmäßig ihren Mann "Edi" unter die Erde: "Jetzt auf einmal ist er still, wo ich ihm gar nichts sagen will." Sie vergaß dabei nie den feschen blonden Bestatterinnen ordentlich Trinkgeld zuzustecken: "Bussi!" Damit die auch ja auf Edis Wünsche eingingen: "I waß eh, Edi, dass'd verbrannt werden wollt'st... deswegen wirst begrab'n". Mit anderen Details hielt sie sich aber nur bedingt auf: "Gehn'S ned mit bis zum Grab?" - "Hab i mir scho ang'schaut, passt!" Der Mitschnitt vom Abschied kam später ins Regal: "Wenn des net die Zeitlup'n wär, tät i mir?s in Zeitlup'n o'schaun..."
Wie viel Hirntod ist zu Lebzeiten möglich?

Chris Lohner präsentiert das Richtig-Valtsch-Quiz ...
Chris Lohner präsentiert das Richtig-Valtsch-Quiz ...

... und andere Vorzüge: "Nur ma Titts san a Witz..."
... und andere Vorzüge: "Nur ma Titts san a Witz..."

"Was heißt MacBeth?" - "Machen'S des Bett!"
"Was bedeutet Alter Ego?" - "Eigenes Alter."
"Was bedeutet Strafraum?" - "Parkverbot."

Alles Falsch! Falsch ist richtig und richtig ist falsch und richtig ist .... dass Chris Lohner auch nie die geringste Ahnung hatte wie viele Punkte sie warum im Tohu-Richtig-Valtsch-Quiz gab. Falsche Antworten wurden immer belohnt, bei richtiger Antwort schied man aus.... "Was ist Monte Carlo?" - "Der Wohnsitz von Kater Karlo". Genau mit solch richtigen Antworten hatte man keine Chance. War das falsch?

"Was heißt High Life" - "Im Himalaja leben."
"Was heißt Autobiografie?" - "Fahrtenbuch".
"Was bedeutet Verwesung?" - "Charakteränderung".

Chris Lohners Talent war aber mit der extrem unfairen und brutal unlogischen Quizrunde noch lange nicht aufgebraucht. Die einst so seriöse ORF-Moderatorin ließ sich von  "Tohuwabohu" abwerben, räkelte sich zu "I'm So Excited!" auf Motorrädern und litt am Nachrichtentisch unter T-Shirts mit integrierten Hängetitten. Züchtiger hielt sie ihr Klassenzimmer unter Kontrolle. Obwohl sie die Hängetitten dort vielleicht gut hätte gebrauchen können um der Frage einer kleinen Blondine auszuweichen: "Haben Sie auch einen Busen, Frau Lehrer? Können Sie ihn einmal mitbringen?" Mitgebracht hat Chris Lohner stattdessen ihre ORF-Kolleginnen Andrea Hohner und Marie Christina Giuliani, die hinter dem Moderationstisch dann und wann zum Ältesten Witz umschalteten "... wenn er net scho g'schtorb'n is".
"...unterm Hitler hätt's des net gebn..."

Ungeahnte, historische Einblicke: "The Diary of Ever Brown"
Ungeahnte, historische Einblicke: "The Diary of Ever Brown"

"Schönes Auto! Und womit verdient?" - "Mit Leut' wie dir!"
"Schönes Auto! Und womit verdient?" - "Mit Leut' wie dir!"

Chris Lohners schwierigster Schüler war ein kleiner Dunkelhaariger, mit Schnurrbart, brauner Uniform und einer gewissen Besessenheit, was die Planung von Ausflügen ins Bayerische und eines tausendjährigen Reichs anging. Mitschüler: "Der wird sicher Schaffner! - "Hoffentlich..." Die Art von  "Tohuwabohu" mit dem Dritten Reich und mit Hitler umzugehen, der einfach nur hinreißend von Günter Tolar verkörpert wurde, war eigentlich revolutionär, 15 Jahre vor einem Comedy-Film wie "Mein Führer". Während das deutsche Publikum in den 90ern noch dabei war sich an Guido Knopp-Dokumentationen in der ZDF-Primetime zu gewöhnen, die Aufarbeitung damit endlich salonfähig und massentauglich machten, war Helmut Zenkers Lösung die des schwarzen und entlarvenden Humors.

Ein Rentnerpaar spaziert durch eine Betonlandschaft. Hinter Ihnen das Graffiti: "Ausländer raus!" Sie: "Schau dir des a! Immer diese Nazi-Sprüch!" Er: "Pfui grauslich. ... Unter'm Hitler hätt's des net geb'n!" Sie: "Na..." Manchmal hing Hitler selbst auch genau dort, wo er hingehört, in einem höllenartigen Verließ - erstaunlicherweise neben einer nackten Blondine: "Ich hab' die Gnade der späten Geburt!" Er: "Was heißt das?!" Sie: "Dass i dich problemlos für für a Oaschloch halten kann!"

Um die neu-deutsche Tradition dilettantisch gefälschter Tagebücher mit Sensationswert fortzusetzen warf "Tohuwabohu" regelmäßig einen Blick in das "Diary of Ever Brown": "Sensation liebes Tagebuch, Sensation! Er hat mir verraten, wo er alles her hat!" Und als ob wir es schon immer geahnt hätten, der Hitler-Gruß stammt von einem Betrunkenen, der sich gegen eine Wand übergibt und sich mit der rechten Hand abstützt, und die bellige Sprache stammt... von einem schwarzen Pudel. Der Größenwahn des Diktators (auch wenn er Ever laut eigener Aussage noch nie was diktiert hat) machte nicht mal vor dem "Tohuwabohu"-Scheißhäuserl halt, auch Führerei genannt: "Der Führer bin ich!!" Klofrau: "Aber des Ei a...."
Ä reicher Specht, der wär mir recht!

"Unterm Rock hab ich nix an! Welcher Bock schaut sich das an?!"
"Unterm Rock hab ich nix an! Welcher Bock schaut sich das an?!"

Tohu-Altar: "Der erste Kuss gehört der Braut..."
Tohu-Altar: "Der erste Kuss gehört der Braut..."

Ob Karl Dall, Mike Krüger, Fritz Muliar, Gottfried Schwarz ("Ich bin der Redakteur dieser Sendung!"), Richard Lugner oder Simone - alle Gaststars überkam bei  "Tohuwabohu" regelmäßig ein Bedürfnis nach Zweisamkeit, Nähe, Liebe und 'ner ordentlichen Nummer im Puff ihres Vertrauens. Ehrliche Kontaktanzeigen gab es also schon lange vor "Stern NEO" in der "Tohu"-Rubrik "Partner Shopping", in der die hoffnungsvollen Subjekte ihre Vorzüge schonungslos offen legten:

"Ich bin hübsch, du bist bled, des geht!"
"Ich bin a reicher, dummer Bub und hab' nix im Oberstub"
"Ich bin der Walter aus Altötting und such a Alte mit Sinn für Petting!"
"Steiler Zahn sucht geilen Mann, der mit ihr teilen will und kann!"

Sollte dieser Versuch der zärtlichen Annäherung komplett in die Hose gegangen sein, gab es ja noch immer den "Tohu"-Puff rigoros und gnadenlos betrieben von Simone, Micky Honsa oder Sonja Nebenführ. Wirklich Erfolg hatten die Männer bei den Damen allerdings nie, sie stellten sich auch zu oft wirklich blöd an (Er: "Come on baby, light my fire!" - Sie: "Vernissagen mog i ned..."). Wer bringt schon einen Blumenstrauß mit Grußkarte ("Schatzi!") mit auf den Strich? "Zum ersten Mal im Puff, was?" Der Blumenstrauß wird da unglaublich schnell zur SM-Peitsche, was Ossy Kolmann zuerst gefällt, bis ihm ein Licht aufgeht: "Ja! Ja!! Ja!!! Moment! Kost' des a scho was?"

Sollte der Mann aber dann doch seine Frau fürs Leben entdeckt haben musste erst einmal die schwierige "Tohu"-Hochzeit überstehen ("Sagen'S ja, sagen'S nein, glücklich werden'S trotzdem sein...") und schließlich die Kälte im Ehebett ertragen, bis er von seiner Liebsten ans Bett gekettet und verlassen wurde: "Zuerst bringst mir's bei und dann schaust deppert?".
My dear beer, I drink dir...

"Four beer, or not four beer - that is the question!"
"Four beer, or not four beer - that is the question!"

"Das ist unser Wildschweinbraten..." - "... was jetzt passiert ist zu erraten"
"Das ist unser Wildschweinbraten..." - "... was jetzt passiert ist zu erraten"

Ergo: die einzige Liebe, auf die man sich im Tohuversum verlassen konnte war die von einem Mann zu seinem Bier. Der Clown und Comedian Jango Edwards ließ nie was zwischen seine nudistischen Neigungen und seine 20 Dosen Bier am Tag kommen ("I'm a Sixpack-Junkie!"), die er nicht nur trank, sondern auch spritzte und schnupfte ("Hey! I can smell the ocean!"). Er sang im Bier, tanzte im Bier, rollte im Bier, tauchte im Bier, liebte sein Bier mit Klamotten, ohne Klamotten, im Auto, im Interview, im Oma-Outfit, auf dem Feld der Ehre und dem Feld des Versagens, auf dem er 55 Anläufe brauchte um den Namen der eigenen Sendung auszusprechen.

Na gut, hin und wieder verschlug es ihn auch in ein echtes Restaurant ("Ober, übernehmen Sie!"), geführt von Franz Suhrada, der sich einmal von den vergeblichen Bemühungen als Zauberer eine Tischdecke unter einem Dutzend Gläser hervorzuziehen loseisen konnte. Wirkliche Befriedigung fanden im Heurigen des Grauens aber weder er, noch Stammgast Sigi Maron: "Wie alt war denn das Schwein?" Kellner: "Wann?" Ausgehen ist also nicht, fürs Daheimbleiben braucht man Kochkünste. Die erhält man durch die Tohu-Köche Christoph Fälbl und Tony Wegas ... zumindest, falls man an Kuss-Kuss, Curry Grant, Ente Orange (mit Zimmerfarbe), durch Uhu veredelte Grießnockerln oder dem Verzehr von fünf erhitzten Esslöffeln Öl interessiert ist. Letzter Ausweg: Kannibalismus! Details dazu beim Coiffeur-Verhör: "Sie haben Ihren Mann zum Fressen gern?" - "Na... aber a Würschtl isser scho..."
Greatest (s)Hits of the Century

"Hey, Mr. Tally Man, tally me banana ..."
"Hey, Mr. Tally Man, tally me banana ..."

Würschtl hin oder her, Hits brauchte der Sender! Das begriff Jazz-Gitti von Anfang an und so spickte sie ihr Programm mit den größten Chansonetten von Ronald Reaggae, Faye Runaway, Aunt Basie, Doris Karloff und Maradonna ... und einem Candyman mit Riesen-Joint und Penis-Lutscher? Sehen Sie selbst. Und wie immer gilt: Jedes Leben nach diesem Programm wäre zufällig und wertlos.


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