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TV-Kritik/Review: Brooklyn Nine-Nine

TV-Kritik zur neuen FOX-Comedy mit Andy Samberg - von Gian-Philip Andreas
(11.11.2013)

Das Polizei-Ensemble von "Brooklyn Nine-Nine" brilliert durch starke, gegensätzliche Charaktere.
Das Polizei-Ensemble von "Brooklyn Nine-Nine" brilliert durch starke, gegensätzliche Charaktere.


Volltreffer: Das erste Zusammentreffen von Detective Jake Peralta mit Ray Holt, dem neuen Captain seines New Yorker Polizeipräsidiums, gehört zu jenen schauspielerischen Kollisionen, nach denen sofort klar ist, dass nicht mehr viel schiefgehen kann in dem Film oder der Serie, in der sich solcherlei ereignet. Hier, in  "Brooklyn Nine-Nine", prallen also Andy Samberg und Andre Braugher aufeinander - eine eigentlich unmögliche und genau deshalb hochinteressante Kombi. Samberg war sieben Jahre lang Ensemblemitglied bei  "Saturday Night Live", zuletzt etablierte er sich in mehr ("Celeste & Jesse", neben Rashida Jones) oder weniger ("Der Chaos-Dad", neben Adam Sandler) gelungenen Komödien auch im Kino, wobei seine Leistung immer ein wenig davon abhing, ob es den jeweiligen Regisseuren gelingt, den zwangsgrimassierenden Zappelphilipp in ihm zu bändigen. Andre Braugher hingegen: eine Respektsperson. Später wird in dieser neuen Serie davon die Rede sein, dass ihn eigentlich kaum etwas von einer Statue unterscheidet. Braugher, der 100 Folgen lang bei  "Homicide" ermittelte und auch mal Dr. Houses Psychiater war, strahlt eine vertrauensfördernde Ruhe aus und eine solche Seriosität, dass Peraltas Kollegin Amy Santiago den neuen Chef gleich mal zu "ihrem Rabbi" erklärt. Eine gegensätzliche Casting-Entscheidung also, die unmöglich erscheint, sich aber schnell als Volltreffer erweist: Das juvenile Chaos, das Samberg verbreitet, prallt an den glorreich unbewegten Gesichtszügen Braughers ab, für den wiederum der jüngere, weiße Clown als perfekte Spiegelfigur fungiert.

Wie gesagt: Mit diesen beiden im Duett kann man nicht gegen die Wand fahren. Umso schöner also, dass es  "Parks and Recreation"-Macher Michael Schur in seiner neuen Single-Camera-Comedyserie (diesmal für FOX) dabei nicht bewenden lässt: Um das erwähnte Duo herum gruppierte er ein grandios besetztes Polizisten-Ensemble, und in den Gags und Dialogen entfaltet sich von den ersten Szenen an der ebenso scharf-pointierte wie warmherzige, nie denunziatorische Humor, der aus "Parks + Rec" das Meisterwerk macht, das es auch in der sechsten Staffel noch ist. Im Kern ist "Brooklyn Nine-Nine" natürlich eine weitere Variante der bereits etablierten Arbeitsplatz-Sitcoms, und von  "The Office" finden sich darin mindestens genauso viele Spuren wie von "Parks + Rec". Doch Schur (und sein Co-Creator, der "Parks + Rec"-erfahrene Autor Dan Goor) lassen den Mockumentary-Aspekt diesmal beiseite und haben dafür mehr Zeit gewonnen, um in jeder der zwanzigminütigen Episoden zumindest Spurenelemente einer echten Procedural-Handlung unterzubringen. Darin geht es zwar durchaus um Mord und Totschlag, doch gelacht wird hier vor allem über die Ermittler - und damit sind wir mitten drin im Team.

Samberg spielt Peralta, den Jungspund des Polizeibezirks, einen genialischen Kindskopf mit hoher Aufklärungsquote. Unter dem bisherigen, nun in Rente gegangenen Polizeihauptmann konnte er tun, was er wollte, und das war meistens Quatsch: Melonen mit dem Taser beschießen zum Beispiel. Mit der beflissenen und ungemein ehrgeizigen Kollegin Amy Santiago wettet er darum, wer pro Jahr die meisten Fälle löst - die schöne Frau im Blazer wird gespielt von Melissa Fumero, die ein derart punktgenaues und vor allem subtiles komödiantisches Timing drauf hat, dass man sich fragen muss, warum sie ihr Schauspielerinnendasein zuvor so viele Jahre in der altersschwachen Seifenoper  "Liebe, Lüge, Leidenschaft" fristen musste. Eine Entdeckung!

Stephanie Beatriz spielt die taffe, aber chronisch unfreundliche Rosa Diaz.
Stephanie Beatriz spielt die taffe, aber chronisch unfreundliche Rosa Diaz.

Ebenfalls im Team ist der liebenswürdige, aber sehr ungeschickte und sozial wenig schlagfertige Detective Boyle (Joe Lo Truglio aus  "Reno 911!", der seit Jahren auch US-Kinokomödien um schöne Nebenfiguren bereichert, etwa "Paul", "Superbad" und "Vorbilder?!"). Unglücklicherweise hat sich Boyle in den zweiten weiblichen Detective der Abteilung verliebt, in die obertaffe, aber prinzipiell unfreundliche Rosa Diaz, gespielt von Stephanie Beatriz, die hier, mit 1A-Deadpan-Humor und galligen Onelinern ein wenig den April-Ludgate-Part aus "Parks + Rec" übernimmt. Außerdem im Präsidiums-"Office" sitzt Sachbearbeiterin Gina (Stand-Up-Komikerin Chelsea Peretti). Sie ist die überdrehteste Figur im Cast, doch ihre mimischen und motorischen Extravaganzen, gepaart mit sarkastisch kommentierenden Sprüchen, funktionieren bestens. Den Teamleiter gibt Sergeant Terry Jeffords, ein sanfter Hüne, der seit einem Burnout seinen Biss verloren zu haben glaubt. Noch so eine wunderbare Casting-Entscheidung: Schur und Goor haben Sergeant Jeffords mit Terry Crews besetzt, den Ex-Footballer, der sonst in Kino-Hämmern wie "The Expandables" die Muskeln spielen lässt, in der Sitcom  "Alle hassen Chris" und Filmen wie "Brautalarm" sein beachtliches Comedy-Talent aber schon austesten konnte. Hier pendelt er großartig zwischen Bizeps-Toughness und grenz-irrer Verzweiflung, wenn er etwa daran scheitert, eine Plastik-Prinzessinnenburg für seine Zwillingstöchter Cagney und Lacey (!) zusammenzubauen.

Und dann kommt also in der von Phil Lord und Chris Miller ( "21 Jump Street"-Kinofilm) inszenierten Pilotfolge der von Andre Braugher gespielte neue Captain Ray Holt hinzu, als Element, das die Routine aufbricht und die Seriendynamik überhaupt erst ins Rollen bringt: Als schwarzer und, wie sich bald herausstellt, schwuler Captain hat er sich über die Jahrzehnte doppelt stark dafür einsetzen müssen, erstmals einen Polizeibezirk zu befehligen. Daher ist sein Ziel auch kein läppisches: Er will Brooklyn 99, so heißt der Bezirk, zum erfolgreichsten der Stadt machen. Ausgerechnet mit Leuten wie Peralta, Boyle und Diaz!

In den ersten Episoden schnurrt "Brooklyn Nine-Nine" als reine Typenkomödie ab, will sagen: Handlung gibt es wenig. Sicher, es wird nebenher Jagd auf Kokaindealer und mörderische Schinkenverkäufer gemacht, und mit dem im Polizeiapparat dienstlich noch höher als Holt gestellten Vater eines jugendlichen Graffiti-Delinquenten, der Penisse auf Polizeiautos sprayt, tritt ein möglicher Gegenspieler für spätere Folgen auf den Plan, doch im Wesentlichen werden in diesem frühen Stadium der 13-teiligen Staffel das Ensemble und seine Kernkonflikte etabliert sowie der Tonfall justiert, der die Episoden in Zukunft prägen soll - was ausgezeichnet gelingt. Der Cast harmoniert, als würde er schon lange nichts anderes tun, als in dieser Zusammensetzung zu spielen, und die dezent krimiparodistische Ironie, die durch die Szenen weht, bereitet große Freude: So spielt der Soundtrack liebevoll mit den legendär funkigen Krimi-Scores von Isaac Hayes ("Shaft") bis Henry Mancini ( "Die Straßen von San Francisco"), was die Cop-"Actionszenen" (etwa eine Hatz durch einen Supermarkt) zu augenzwinkernden Kabinettstückchen macht.

Im Zentrum steht bisher jedoch der Antagonismus Peralta/Holt. Und der ist zum Glück kein feindseliger. Auch wenn der neue Chef den aufsässigen Detective zu Pünktlichkeit und Krawatte zwingt, ihm als Aufpasser nicht von der Seite rückt oder ihn zu Papierkram im Bürokämmerlein verdonnert, so ist die Beziehung doch von gegenseitigem Respekt geprägt. Zudem machen Schur und Goor nicht den Fehler, Holt über sein Schwulsein zu definieren (auch wenn die Aktenordner im Chefbüro liebevoll in Regenbogenfarben sortiert sind!). Captain Holt ist vielmehr ein mächtiger, souveräner, schwarzer Mann, der nebenbei auch schwul ist - was Peralta eingangs perplex macht, dann aber kein Thema mehr für ihn ist.

Die Gag-Dichte von "Brooklyn Nine-Nine" ist noch nicht so hoch wie in "Parks + Rec", doch die in den ersten Episoden entworfenen Beziehungen der Figuren untereinander haben das Potenzial für mehr als nur eine Staffel in diesem Polizeibezirk. Egal ob Boyle und Diaz, Peralta und Santiago, die diversen skurrilen, bisher nur kurz anskizzierten Nebenfiguren, oder Gina, die in der dritten Episode gegen ihren Willen zu Holts persönlicher Assistentin gekürt wird: Es gibt viel Grund zur Vorfreude auf das, was da noch kommen mag. Gut möglich, dass FOX hier im Comedyserien-Sektor das gelungen ist, was seine zentrale Casting-Entscheidung auf jeden Fall jetzt schon ist: ein Volltreffer.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Folgen von "Brooklyn Nine-Nine".

Meine Wertung: 4/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: FOX


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • Nick799 schrieb am 03.01.2014, 01.37 Uhr:
    Das ist eine Comedyserie, und über andere Berufsgruppen wurden auch schon Comedys gedreht.
    Comedy bedeutet auch das das ein oder andere einfach mal sehr albern oder an den haaren herbeigezogen wird.
    Wenn du den Berufsstand Polizei hier nicht gewürdigt siehst, dann musst du Southland oder Rookie Blu schauen.
    Aber dein Kommentar entbehrt bei einer Comedyserie jeglicher Lokig.
  • Andi111 schrieb am 11.11.2013, 15.10 Uhr:
    Ich kann diese positive Einschätzung nicht teilen. Ich finden die Gags flach und albern, die Figuren schrecklich klischeehaft und es auch unhöflich über einen so wichtigen Job wie den der Polizei flache Witze zu reißen. Einen Charakter wie Captain Holt hätte man sich in einer ernsthaften Serie gewünscht (musste zwangsläufig an John Cooper von Southland denken), bei allen anderen fragt man sich: Wie konnten die überhaupt bei der Polizei genommen werden?