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TV-Kritik/Review: Crossing Lines

TV-Kritik zu den neuen Sat.1-Eurocops - von Gian-Philip Andreas
(19.08.2013)

Playground Europe: Die grenzübergreifende Task-Force mit Marc Lavoine, Tom Wlaschiha, Gabriella Pession, Richard Flood,  William Fichtner und Moon Dailly (v. l. n. r.).
Playground Europe: Die grenzübergreifende Task-Force mit Marc Lavoine, Tom Wlaschiha, Gabriella Pession, Richard Flood, William Fichtner und Moon Dailly (v. l. n. r.).


Appetit auf Europudding? Es steckt unter anderem französisches und deutsches, aber auch amerikanisches Geld in  "Crossing Lines", einem neuen Police Procedural, dessen Grundidee man je nach politischer Ausrichtung als pfiffig-kühn oder abstrus-gemeingefährlich einstufen darf. Denn Serienschöpfer Edward Allen Bernero (vor allem bekannt als Produzent von  "Criminal Minds") stellt eine die Ländergrenzen überwindende Task Force aus europäischen und amerikanischen Spezial-Cops in den Mittelpunkt, die ihr Mandat ausgerechnet vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag verliehen bekommt. Sie ist also eine Art Welt-FBI, finanziert von einer UN-Institution, deren Sinn eigentlich in der Judikative, nicht in der Exekutive besteht. Ist diese Prämisse trotzdem geschluckt, steht der Europudding längst schwabbelnd auf dem Tisch. In Deutschland ist das der Tisch von Sat.1 - in den USA sendet die NBC.

Natürlich muss jedes Land, das mitproduziert, irgendwann Schauplatz der Serie sein, wofür dann auch eigene Darsteller vorbeigeschickt werden. Im Zentrum: der Amerikaner Carl Hickman, eine schamlose Dr.-House-Kopie. Statt Bein- hat er Handschmerz, seine Krücke ist das Unvermögen, eine Pistole abfeuern zu können. Sein Vicodin? Morphium. Sein Weltschmerz ist ebenso vergleichbar, wenn auch graduell weniger zynisch. Hickman war mal beim NYPD, ein Super-Ermittler, dem kein Hinweis je entging. Bis er entlassen wurde. Wie das kam und warum er zum Krüppel wurde - darüber herrscht zunächst nur andeutungsvolles Raunen. Als allzu handelsübliche Sherlock-Holmes-Figur wäre dieser Rip-off kaum erträglich, handelte es sich beim Darsteller nicht um William Fichtner, eine der meistbeschäftigten Ganovenvisagen aus der zweiten Hollywood-Reihe ("The Dark Knight", "Heat") und natürlich aus  "Prison Break". Fichtner schafft es zwar nicht mühelos, aber immerhin dann doch, diesen Hickman irgendwie halbwegs interessant zu machen.

Zu Beginn der Pilotfolge (die aus zwei Episoden besteht) arbeitet Hickman klischeegemäß als Aussteiger und Müllsammler auf einem Wanderjahrmarkt in Amsterdam, als ihn Louis Daniel zurück an die Crime-Front lockt. Daniel, das ist der eigentliche Chef des Teams, ein Major der französischen Nationalpolizei DCPJ. Auch ihn plagt selbstredend ein schlimmes Trauma: Beim Anschlag eines mysteriösen "Russen" starb sein kleiner Sohn, seither lebt Daniel von seiner Frau getrennt. Als davon die Rede ist, wird die Frau kurz eingeblendet, wie sie beim Rotwein auf dem Sofa sitzt und entrückt ins Leere stiert, während aufs Stichwort die Moll-Geigen loslegen. Major Daniel wird von Marc Lavoine gespielt, einem französischen Sänger.

Da Daniel nicht zuletzt am eigenen Unglück (dessen Hintergründe eingangs unklar bleiben) die katastrophalen Konsequenzen ablesen kann, die damit einhergehen, wenn Strafverfolgungsbehörden an den Landesgrenzen mit ihren Zuständigkeiten am Ende sind, holt er sich bei einem väterlichen Freund das ersehnte Mandat: Michel Dorn vom ICC füttert gern Tauben, liest bibliophile Lyrikbände und unterwirft sich ebenfalls dem Diktat der Regie, stets eine möglichst depressive, melancholische, also klaftertiefe Abgründe andeutende Stimmung zu verbreiten. Dafür hat Bernero Altstar Donald Sutherland gewinnen können, der seit gefühlten 30 Jahren weißbärtige Vaterfiguren mal gütiger, mal diabolischer Art spielt. Hier scheint er der Gute zu sein.

Derangiert, aber der beste Cop von allen: Carl Hickman (William Fichtner)
Derangiert, aber der beste Cop von allen: Carl Hickman (William Fichtner)

Wie "Crossing Lines" ungefähr funktioniert, wird dann sehr schnell deutlich, als Daniel Hickman durch die "Team-Zentrale" in einem geräumigen Haager Kellergeschoss führt. Steckbriefartig stellt er ihm die Kollegenschar vor. Eva Vittoria (Gabriella Pession), italienische Mafia-Expertin von Europol. Sebastian Berger (Tom Wlaschiha,  "Game of Thrones"), Technik-Spezi aus Berlin. Anne-Marie San (Moon Dailly), französische Polizistin mit diversen Fachgebieten. Tommy McConnel (Richard Flood), ein Cop aus Nordirland, früher in der Halbwelt und aufs Handfeste abonniert. Sienna Pride (Genevieve O'Reilly), Britin. (Einer aus dieser Riege schafft es nur bis Folge zwei - womöglich ist das schon die größte Überraschung.)

Nach der Kennenlernrunde werden nun in umgekehrter Vorgehensweise die relevanten Facts über Hickman unters Zuschauervolk gestreut: Die Teammitglieder stellen ihn vor und beenden dabei jeweils die Sätze der anderen - in einer hölzernen Manier, die einen wehmütig an die Differenzialdiagnosen aus  "Dr. House" zurückdenken lässt. Dieser Team-Sprechgeist hat was von gleichgeschalteter Sekte, ist aber ungefähr das, was auch von der folgenden Ermittlungsarbeit zu erwarten ist: Infos werden wahllos auf die Dialogzeilen der einzelnen Figuren verteilt, bis am Ende Hickman das Gespräch abbricht und seinen "House"-Moment hat, sprich: die weiterhelfende Idee.

Inszeniert wird das im üblichen  "CSI"-Stil: ein bisschen Wackelkamera hier, viel stylishes Kunstlicht dort. Das Team-Gewölbe glänzt mit rotem Klinker, während im Gegenlicht der Kellerfenster dekorativ der Staub wirbelt. Ein Hauch von Science Fiction weht durchs Bild, wenn Berger seinen "Scan-Gen" auspackt - eine merkwürdige Art von Umwelt-MRI, das 3D-Scans des Tatortes herstellt, die dann bläulich schimmernd über dem Besprechungstisch wabern.

Ansonsten regiert hier aber ein ernüchterndes Ermitteln-nach-Zahlen - Schnitzeljagden mal auf eine Giftmörderin, mal, wie im Pilotfilm, auf einen Serienmörder von der Psychose-Stange (Karikatur: Eddie Jameson aus  "Hung"), der seine Bluttat mit viel Gebrüll ausgerechnet am Sowjetischen Ehrenmal im Berliner Tiergarten vollenden will, also um's Eck vom Brandenburger Tor. Hoffentlich kommen keine Touristen vorbei!

Sonderlich clever konstruiert wirken die Fälle ohnehin nicht: Das plutoniumverseuchte Trinkglas eines Opfers (ein entscheidender Hinweis) steht Tage nach der Mordtat noch unbeachtet am Tatort herum, und wie in so vielen schlechten Krimireihen darf der Täter auch hier, als er seinen Jäger endlich vor der Knarre hat, noch minutenlang sein eigenes küchenpsychologisches Motiv erklären, ehe es dann doch noch zur Last-Minute-Rescue kommt. Hauptgegner der Ermittler sind sowieso eher die nationalen Polizeibehörden, mit denen es nachvollziehbarerweise Kompetenzgerangel gibt.

Das Hauptproblem dieser allzu überraschungsarmen Serie erwächst indes ausgerechnet aus ihrer vermeintlichen Besonderheit: Gerade das länderübergreifende Konzept, das Umherreisen zwischen den verschiedenen europäischen Kapitalen, scheint die Macher nämlich kaum zu interessieren. Warum zum Beispiel ist hier Englisch die alleinige Dialogsprache? (Mal abgesehen davon, dass es Anflüge französischer/italienischer/irischer Akzente gibt.) Was das Team angeht, könnte man das noch als Verständigungsmaßnahme abtun, doch es wird spätestens dann absurd, wenn auch die Franzosen untereinander sowie alle Passanten und Polizisten in den unterschiedlichen Ländern grundsätzlich englisch sprechen. Zuschauern der deutsch eingeebneten Synchronfassung wird das wohl egal sein, schlimmer ist daher die zweite Entscheidung, die natürlich aus Kostengründen getroffen wurde: Gedreht wurde überwiegend in Prag. Die tschechische Hauptstadt doubelt hier unter anderem Berlin, Wien, Italien und die Niederlande. Doch eine Europa-Hatz ohne Europa ergibt keinen Sinn mehr, weil sich weder das Flair der einzelnen Städte noch die Mehrsprachigkeit des Kontinents in ihr abbilden kann: Vom annoncierten "Crossing Lines", also dem Grenzenüberqueren im räumlichen Sinn, bleibt nichts mehr übrig. Damit ist man jedoch fatalerweise genötigt, den Titel inhaltlich zu deuten - und das klappt erst recht nicht: Grenzen werden hier weder stilistisch noch erzählerisch überschritten. "Crossing Lines" bleibt lieber vor der Zollschranke stehen und kehrt müde wieder um.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Folgen von "Crossing Lines".

Meine Wertung: 2/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Tandem Productions GmbH, TF1 Production SAS


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • Stefan_G schrieb am 22.08.2013, 22.59 Uhr:
    Ich habs nicht gesehn. Und: Muß ich das überhaupt?
    Vielleicht mal im Pay-TV irgendwann - aber auf "SAT 1"?
    Muss nicht sein...