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TV-Kritik/Review: Designated Survivor

Gelungener Neustart mit Spannung, Tempo, Dramatik und dem rechten Maß Anspruch - von Marcus Kirzynowski
(08.10.2016)

Das Leben von Tom Kirkman (Kiefer Sutherland) ändert sich innerhalb weniger Minuten nachhaltig.
Das Leben von Tom Kirkman (Kiefer Sutherland) ändert sich innerhalb weniger Minuten nachhaltig.


Thomas "Tom" Kirkman sitzt entspannt in einem Besprechungszimmer, leger gekleidet in einen Hoodie, die Füße auf einen Stuhl gelegt, und verfolgt die jährliche Rede seines Chefs, des US-Präsidenten, zur Lage der Nation auf den an der Wand aufgereihten Fernsehern. Der Grund, warum er als Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung nicht selbst vor Ort ist: Er wurde ausgewählt, um als  "Designated Survivor" zu fungieren - auf Deutsch etwa "vorgesehener Überlebender" -, also als das Regierungsmitglied, das im Falle eines tödlichen Anschlags auf den Präsidenten und seine durch die Verfassung bestimmten Nachfolger das höchste Amt im Staate übernehmen würde. Diese Funktion gibt es in den USA wirklich: Seit den Zeiten des Kalten Krieges, als man noch jederzeit einen Atomschlag der Sowjetunion fürchtete, wird bei jedem offiziellen Anlass, bei dem alle führenden Repräsentanten des Landes an einem Ort versammelt sind, ein nachrangiger Vertreter auserkoren, um im Falle des Falles die Aufrechterhaltung des Systems zu garantieren. 2010 war dies tatsächlich der damalige Wohnungsbauminister.

Ein weiterer Grund für Kirkmans entspannte Stimmung neben dem Umstand, dass er die Rede nur am Fernseher verfolgt, ist, dass er am Morgen quasi entlassen wurde. Der Präsident will nämlich sein Kabinett umbilden und Kirkman dafür auf einen Posten bei einer unbedeutenden UNO-Unterorganisation in Kanada versetzen. Tom ist also ein Mann, der praktisch nichts mehr zu verlieren hat. Doch als plötzlich die Live-Übertragungen auf allen Sendern abbrechen und der Secret Service in den Raum stürmt, ist es mit seiner Ruhe vorbei. Ein Aufreißen der Fensterläden bringt die Gewissheit: Der Ernstfall ist Wirklichkeit geworden, das Kapitol steht in Flammen, die dort versammelten Mitglieder von Regierung und Parlament sind höchstwahrscheinlich tot.

Nach diesem effektiv inszenierten Auftakt schaltet die Pilotfolge des neuen ABC-Politdramas erst einmal mehrere Gänge und etwa zwölf Stunden zurück. Der Morgen des gleichen Tages beginnt für Tom wie für jeden normalen Familienvater, der neben einer attraktiven Ehefrau (Natascha McElhone aus  "Californication") auch eine süße kleine Tochter und einen störrischen Teenagersohn hat. Später bekommt Tom im Weißen Haus vom Stabschef die ebenso überraschende wie unangenehme Mitteilung, dass seine Politkarriere quasi zu Ende ist. Obwohl er damit keineswegs einverstanden ist, nimmt er die Entscheidung hin wie ein treuer Parteisoldat. Als er später erfährt, dass ausgerechnet er als Designated Survivor während der abendlichen State of the Union ausgewählt wurde, wirkt das auf ihn wie ein Hohn. Zu diesem Zeitpunkt kann er noch nicht erahnen, dass sich dadurch noch am gleichen Tag sein Leben komplett ändern wird.

Die Frage ist in Film und Fernsehen nicht neu: Wie verhält sich ein "normaler" Mensch, der von einem Moment auf den anderen eine fast unmenschliche Verantwortung auf seine Schultern geladen bekommt? Wächst er über sich hinaus oder bricht er unter der Last zusammen? Hier scheint die Antwort vorgegeben, immerhin spielt Kiefer Sutherland diesen Mann und der ist für die meisten Serienfans wohl immer noch in erster Linie als unbesiegbarer CTU-Agent Jack Bauer aus  "24" in Erinnerung. Seine neue Rolle ist allerdings eher als Gegenentwurf zu dem Superagenten angelegt: Kirkman ist bescheiden, unauffällig, ein leiser Politiker, der mehr an der Durchsetzung von Inhalten interessiert ist als an seiner eigenen Karriere. Kurz nachdem er als neuer Präsident in einer unglamourösen Notzeremonie eingeschworen wurde, übergibt er sich erst einmal auf der White-House-Toilette. Im Chaos der wild durcheinander redenden Berater und Militärs kann er sich zunächst kein Gehör verschaffen. Ernst genommen wird der bisherige Bauminister ohne jegliche Kommandoerfahrung von den hochrangigen Offizieren sowieso nicht. Schon gegen Ende der Auftaktfolge schafft er es aber, sich mit seiner Strategie, wie man auf eine Bewegung der iranischen Flotte reagieren soll, gegen die Falken unter seinen eigenen Militärs durchzusetzen - und entpuppt sich dabei als cleverer Politiker, der sein Geschäft durchaus versteht.

Good Cop, stoic cop: Maggie Q als Hannah Wells
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Wie Serienschöpfer David Guggenheim, Regisseur Paul McGuigan ( "Sherlock",  "Marvel's Luke Cage") und Showrunner Jon Harmon Feldman ( "Dirty Sexy Money") das erzählen und in Szene setzen, ist unheimlich packend. Ihnen ist hier ein fast makelloser Dramaserienpilot gelungen, wie man ihn im Networkfernsehen schon länger nicht mehr gesehen hat. Newcomer Guggenheim hat sein Serienkonzept als eine Art Mischung aus  "The West Wing", "24" und  "Homeland" angelegt. Der Spannungs- und Unterhaltungsfaktor sind ebenso hoch wie das Tempo, ohne das die Handlung dadurch in allzu unglaubwürdige oder generische Muster abgleiten würde. Natürlich ist der Autor kein Aaron Sorkin, man fühlt sich aber während der Diskussionen über politische Prozesse und Strategien des Öfteren angenehm an dessen wohl bestes Politdrama der Seriengeschichte erinnert. Auch durch das Pathos, das in einer solchen US-Serie wohl unvermeidlich ist, das sich hier aber glaubwürdig in die Handlung einfügt.

Hoch anzurechnen ist den Autoren, dass sie nicht vor kontroversen Themen zurückschrecken: Bereits in der zweiten Folge geraten die in den USA lebenden Muslime ins Visier aufgebrachter Wutbürger und eines populistischen Gouverneurs. Parallelen zum aktuellen Präsidentschaftswahlkampf drängen sich auf. Auch ein US-Präsident Trump würde im Falle eines Terroranschlags wohl am liebsten alle Muslime auf amerikanischem Boden internieren lassen. Wenn Kirkmans neuer Redenschreiber Seth (Kal Penn) auf der Straße wegen seines indisch-arabischen Aussehens von der Polizei angehalten wird, hinterlässt das beim Zusehen einen starken emotionalen Eindruck. Penn ist übrigens nicht nur ein aus Serien wie  "Dr. House" bekannter Schauspieler, sondern arbeitete selbst für die Obama-Regierung. Diese ernsthaften Bezüge zur politischen Realität der USA heben die Serie angenehm von rein eskapistischen Politserien wie  "State of Affairs" ab.

Kiefer Sutherland erweist sich mit meist zurückhaltendem Spiel und hohem Sympathiefaktor als Idealbesetzung des unscheinbaren Politikers, der aus dem Schatten heraustreten und in einer nationalen Krise den Laden zusammenhalten muss. Auch an der übrigen Besetzung gibt es bislang wenig auszusetzen. Lediglich Maggie Q bleibt in den ersten beiden Folgen noch blass als FBI-Agentin (nach  "Stalker" ein krasser Fall von Type Casting), die den verheerenden Terroranschlag untersuchen soll. Das liegt aber auch an diesem Handlungsstrang, der mit Abstand der schwächste ist, weil er sich zu sehr auf ausgetretenen Serienpfaden bewegt. Irgendwo lauert wohl eine groß angelegte Verschwörung im Hintergrund, so viel deutet sich bereits an.

Mit "Designated Survivor" hat ABC einen der gelungensten Neustarts der Saison am Start, der viele Qualitäten besserer Networkserien der 90er und Nullerjahre in sich vereint: Spannung, Tempo, Dramatik und einen gewissen Anspruch. Ob es den Serienmachern gelingen wird, das hohe Niveau der beiden Auftaktfolgen über die gesamte Staffellänge (oder gar mehrere Jahre) zu halten, wird spannend zu verfolgen sein.


Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden von "Designated Survivor".

Meine Wertung: 4/5


Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: ABC


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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