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TV-Kritik/Review: Extant

TV-Kritik zum Sci-Fi-Drama mit Halle Berry - von Gian-Philip Andreas
(04.08.2014)

Gefahr im Weltall: Astronautin Molly Woods (Halle Berry) hat eine Begegnung der unheimlichen Art
Gefahr im Weltall: Astronautin Molly Woods (Halle Berry) hat eine Begegnung der unheimlichen Art

Kaum beginnt die Serie, hängt Halle Berry schon würgend über der Kloschüssel. Berühmter Merksatz aus Hollywood: Wenn schöne Frauen kotzen, sind sie schwanger. Natürlich auch hier. Astronautin Molly Woods erwartet ein Kind, obwohl sie gerade von einer 13-monatigen Solo-Mission in einer Raumstation zurückgekehrt ist. Was soll sie ihrem Mann sagen, einem Roboterforscher, der auch ihr gemeinsames Kind, den Androiden Ethan, erschuf?

CBS hat sich für seine neue Sci-Fi-Serie  "Extant" eine vielversprechende Mystery-Prämisse einfallen lassen und dafür zu renommiertem Personal gegriffen. Auch wenn als Creator der bislang noch relativ unbeleckte Mickey Fisher fungiert: Hinter der Serie steht Steven Spielbergs berühmte Produktionsfirma Amblin, Spielberg selbst ist als Executive Producer beteiligt. Und für die Hauptrolle wurde Halle Berry verpflichtet, die mal einen Oscar erhielt ("Monster's Ball"), zuletzt gleich mehrere Rollen in "Cloud Atlas" spielte, im Kino ansonsten jedoch seit Jahren ziemlich glücklos blieb. Vielleicht spielt sie in "Extant" deshalb so übermotiviert? Die Art, wie sie unentwegt ungläubig starrt, manisch die Augen aufreißt und alle Affekte zwischen Angst, Skepsis, Wut und Freude irritierend überdeutlich ausagiert, reibt sich jedenfalls ein wenig am Fernsehserien-Autopiloten, den hier die meisten anderen Darsteller eingeschaltet haben.

Der Plot, der in einer nicht näher benannten, offenbar jedoch nicht allzu fern liegenden Zukunft angesiedelt ist, macht zu Beginn durchaus Lust auf mehr: Die soeben zur Erde zurückgekehrte und jetzt über der Kloschüssel hängende Molly Woods arbeitet für eine (fiktive) Raumfahrtorganisation namens ISEA. Während ihrer Solo-Mission an Bord der Raumstation mit dem engelsgleichen Namen "Seraphim" war sie (wie Rückblenden enthüllen) mit Experimenten um Sonneneruptionen, Insekten und Pflanzen zugange, wobei ihr nur der sanftstimmig sprechende Systemcomputer BEN Gesellschaft leistete. Eines Tages erschien ihr dort Marcus, ihr verstorbener Ex-Mann und Ex-Kollege: Was ist das? Ein Geist? Eine Simulation? Ein Hirngespinst? Molly fällt in Ohnmacht und erwacht erst Stunden später. Die Überwachungskameras haben allerdings nichts aufgezeichnet, sie zeigen nur die gestisch mit etwas Nichtvorhandenem interagierende Molly. Panisch löscht sie die Aufnahmen und bekommt nach ihrer Rückkehr prompt Probleme: Warum gibt es diese Unterbrechung in der ansonsten lückenlosen Dokumentation?

Zu trauen ist den ISEA-Oberen ohnehin nicht. Schnell deutet sich an, dass Direktor Alan Sparks (immer gern gesehen: Michael O'Neill aus  "The West Wing", der derzeit auch in  "Rectify" den Senator spielt) irgendetwas mit den Vorgängen im All zu tun zu haben scheint. Wurde an Molly da oben herumexperimentiert? Sparks hat auch sehr verdächtige Verbindungen zu Hideki Yasumoto, dem Chef der Yasumoto Corporation, einer Firma, von der man nicht genau weiß, was sie tut, nur, dass es wichtig, geheimnisvoll, zukunftsweisend und womöglich sehr gefährlich ist. Als Yasumoto tritt mal wieder Hiroyuki Sanada auf, ein Schauspieler, auf den die Besetzungschefs in den USA seit Jahren zurückgreifen, wenn ein latent undurchsichtiger Asiat gefragt ist - sowohl in Kinofilmen (jüngst: "47 Ronin") als auch in Serien: Im Syfy-Virenthriller  "Helix" spielt Sanada derzeit praktisch exakt dieselbe Rolle wie in "Extant". Und auch hier geistert er wieder in beängstigender Zen-Ruhe durch modern-asiatisch designte, mit traditioneller Samurai-Deko gewürzte Räume. Und wenn er was isst, gleitet die Kamera vor ihm her, während er mit Stäbchen buntes Future-Sushi von einem großen weißen Leuchttisch fischt - hart an der Parodie. Man dünkt sich in der Bondschurken-Persiflage aus einem "Austin Powers"-Film, doch hier ist es wohl ernst gemeint.

Verdächtig sympathisch: Mollys Ehemann, Androidenentwickler John (Goran Visnjic)
Verdächtig sympathisch: Mollys Ehemann, Androidenentwickler John (Goran Visnjic)

Bei diesem Yasumoto jedenfalls bewirbt sich zeitgleich (und damit rutschen wir in den zweiten, wichtigen Handlungsstrang von "Extant" hinein) Mollys verdächtig sympathischer Ehemann John - gespielt vom ewig smarten  "Emergency Room"-Doktor Goran Visnjic. John arbeitet seit Jahren an seinem "Humanichs"-Projekt, das Androiden entwickelt und dessen Prototyp Ethan (Pierce Gagnon) ist, ein von John und Molly als Sohn "angenommener" Kinderroboter. Warum genau eine von Überbevölkerung bedrohte Welt ausgerechnet auf Androiden setzen sollte, bleibt unklar, weswegen die Arbeit von John und seiner Assistentin Julie (Grace Gummer,  "The Newsroom") auch auf Skepsis stößt. Yasumoto und Sparks engagieren John am Aufsichtsrat vorbei, geben ihm ein schickes rundes Büro im Yasumoto-Firmensitz. Während John nun fälschlicherweise denkt, man setze auf sein "Humanichs"-Projekt, geht es den Hintermännern in Wahrheit nur darum, die Woods-Familie näher an sich zu binden. Denn in Molly wächst offenbar etwas heran, das für sie wichtig ist.

Aus diesem relativ gut verschnürten Plot-Dickicht, das von "2001 - Odysee im Weltraum" über "Solaris", "Alien" und "A. I." bis hin zu den diversen Ausformungen des Paranoia-Thrillergenres ziemlich viel von dem zitiert, was in Hollywood und besonders auch in Produzent Spielbergs Kino-Universum schon für Furore gesorgt hat, strahlen im folgenden diverse Handlungsvektoren aus: Warum benimmt sich Androiden-Söhnchen Ethan so seltsam, dass "Mutter" Molly vor ihm Angst zu haben scheint? Warum sperrt er Vögel im Keller ein? Was führen Yasumoto und seine Assistentin und Geliebte Ms. Dobbs (Annie Wersching,  "24") im Schilde? Wie lange wird Dr. Sam Barton (Camryn Manheim,  "Practice - Die Anwälte") noch zu leben haben, die einzige Freundin, der Molly bei der ISEA scheinbar noch trauen kann? Und was ist hier überhaupt so titelgemäß "extant", also "noch vorhanden"? Eine außerirdische Lebensform?

Überhaupt: Mit Mollys Visionen ist das so eine Sache. Denn auch auf Erden hören sie keineswegs auf. Erneut erscheint ihr der tote Marcus, und bei einer Feier trifft sie dessen (noch lebenden) Bruder Tim. Doch auch der wird nur von ihr, nicht von den anderen Gästen gesehen. Schizophrenie? Experimente? Bald schon taucht ein anderer Astronaut auf, der auf seiner Solo-Mission ebenfalls Visionen hatte und danach angeblich Selbstmord beging. Die Wände seiner kargen Isolationsbehausung sind mit einer fraktalen Kreiszeichnung beschmiert. Und exakt dieses mysteriöse Muster taucht nun überall auf - als Abdruck auf Mollys Bauch, als Bild auf Johns Handy.

Man sieht schon: Mit WTF-Momenten nach  "Lost"-Manier wird hier wahrlich nicht gegeizt, und es bleibt abzuwarten, ob Mickey Fisher die ganzen Alien-, Roboter- und Verschwörungsfässer, die er schon in den ersten Folgen aufmacht, am Ende auch gut zusammengenagelt bekommt. Nach den ersten beiden Episoden, die Mystery-Moment an Mystery-Moment reihen, kulminiert die Handlung in Folge drei erstmals in einem nach allen Regeln der Suspense-Kunst eingeleiteten Spannungshöhepunkt. Das ist nicht schlecht gemacht, kann aber über ein lastendes Problem der ganzen Serie nicht hinwegtäuschen: Alles wirkt hier irgendwie steril. Die Optik ist gut, das Rätsel-Panorama wird bestens aufgefächert, die Charaktere aber bleiben flach. Halle Berry spielt zwar mit größtmöglicher Anspannung, doch der Ertrag bleibt niedrig. Ihre Sorgen und Nöte kommen nicht richtig ran an den Zuschauer, und das könnte sich auf Dauer zu einem gravierenden Makel der Serie auswachsen.

So bewegen sich die Figuren durch eine durchaus glaubwürdig gezeichnete, sehr aufgeräumt wirkende Bald-Zukunft mit elektronischen Müllentsorgungsschächten und gläsernen Tablets, mit holografischen Museumsexponaten und Chips, die wir im Mund tragen, damit sie uns medizinisch überwachen, und sie treffen doch nur auf altbekannte Stereotypen des Horror- und Thrillergenres. Beispiel-Dialog: "Trau ihnen nicht!" "Wem?" "Niemandem!" Wer Bedrohungsszenarien so buchstäblich herbeischreibt, der braucht auch Figuren, die das Mitzittern wert sind. Auch wenn Fisher und Spielberg schon vieles richtig machen: Genau daran hapert es in "Extant" bislang.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Extant".

Meine Wertung: 3/5

Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: CBS


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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