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TV-Kritik/Review: Serienpreview: "Glee"
(19.06.2009)
Wochenlang liefen sie rauf und runter, die Trailer zur neuen FOX-Serie
Will Schuester (Matthew Morrison) ist Lehrer an der McKinley High School. Mit einem Budget von 60 Dollar im Monat und der Auflage nur Kostüme und Requisiten zu verwenden, die bereits zur Verfügung stehen, lässt er sich auf eine Herausforderung ein: "Ich möchte den Glee-Club übernehmen!" Der Rektor der Schule zeigt sich unbeeindruckt: "Möchten Sie auch die Titanic kommandieren?" Auch die Schüler lässt die Initiative zunächst kalt. Lediglich vier tragen sich in den Aushang ein und singen vor. Keiner klingt besonders gut und die Songs aus bekannten Musicals von "Les Misérables" bis "Chicago" geraten mehr oder weniger zu Lachnummern.
Für Rachel Berry (Lea Michele) dagegen ist der Glee-Club mehr als nur eine Chance. Sie weiß bereits jetzt: "Ruhm ist das wichtigste in unserer Kultur" und deshalb verbreitet sie ihr vermeintliches Talent regelmäßig per YouTube - was ebenso regelmäßig Hass-Kommentare ihrer Mitschülerinnen hervorruft. Rachel möchte vor allem nicht mehr ausgelacht werden und ist deshalb besonders streng zu ihren, aus ihrer Sicht weniger talentierten, Glee-Kollegen. Will realisiert mittlerweile, dass er einen guten Hauptdarsteller für den Club braucht. An einem Nachmittag hat er ausgerechnet in der Gruppendusche der Football-Spieler eine Erleuchtung: Dort hört er nämlich den Star des Teams, Finn Hudson (Cory Monteith) singen. Aus nicht unbedingt nachvollziehbaren Gründen greift Will dann zu einem todsicheren Mittel um Finn für den Glee-Club zu gewinnen: Erpressung. Dieser Anflug von gewiefter Kaltblütigkeit hält ihn dennoch nicht davon ab vor den kindischen Forderungen seiner Frau Terri (Jessalyn Gilsig) immer wieder einzuknicken. Sie ist schwanger, weshalb Will gefälligst mehr Geld in einem sinnlosen Allerweltsjob heranschaffen soll, während sie sich drei Stunden pro Woche in einem Einrichtungsgeschäft abschuftet. Ist die Zukunft des Clubs also bedroht, bevor sie überhaupt begonnen hat?
Viele kennen die Situation. Man ist der Außenseiter in der Schule, wird von kaum jemandem wirklich gemocht. Aber man hat eine große Leidenschaft für etwas, das die anderen einfach nicht verstehen. An dieser Leidenschaft hält man sich fest um den Alltag zu überstehen, denn man weiß: Eines Tages ist das alles vorbei und eigentlich ist man sowieso viel besser als die ganzen hirnlosen Pseudo-Lieblinge. Gerade aus dieser Leidenschaft, in diesem Fall für Musik, müsste "Glee" seine Energie ziehen. Ein eingeschworenes Team, das sich gegen alle Widerstände durchsetzt und gemeinsam daran arbeitet besser zu werden. Darum sollte es doch in "Glee" gehen. Oder? Leider nicht. Aber um was geht es dann überhaupt?
Um den Kampf der Figuren im High-School-Alltag? Das wäre schwer nachzuvollziehen, denn letztendlich sind fast alle Hauptfiguren der Serie mindestens genauso gemein und unsympathisch wie die anderen Schüler, die sie in klischeehafter Art und Weise regelmäßig foltern. Geht es um die Leidenschaft eines jungen Lehrers, Will Schuester, der seinen wirklichen Platz im Leben, genau wie seine Schüler, noch nicht gefunden hat? Selbst wenn, wie kann man ihm auch nur eine rationale, wirkungsvolle Entscheidung zutrauen, wenn er es ernsthaft seit Jahren mit dieser Ehefrau aushält? Jessalyn Gilsigs Figur wird vom Drehbuch in die aussichtslose Ecke des Kontrollfreaks gestellt, der jeden Sinn für Realität verloren zu haben scheint. Selbst falls Will einmal in Terri verliebt und sie nicht ganz so überdreht war, die einzige Rechtfertigung für den jetzigen Fortbestand der Beziehung wäre, dass die diebischen Aliens aus der klassischen
Das könnte dann auch erklären, warum Will ausgerechnet zu Erpressung greift um Finn zum Einstieg in den Club zu bewegen. Gutes Zureden? Zu einfach. Die Aussicht auf bessere Noten? Zu offensichtlich. Was auch immer der Grund der Autoren war diesen Schritt zu wählen, er beschädigt die Figur Will Schuester schwer - nicht, weil er zum Erpresser wird, sondern weil er ohne Grund dazu wird. Es sollte einfach cool und witzig sein, deshalb wählte man diesen Weg. Insgesamt lässt sich auch bei den anderen Charakteren in "Glee" keine wirkliche Motivation für ihr Agieren feststellen. Was uns wieder zurück zu der Frage bringt: Worum geht es eigentlich?
Geht es darum, sich trotz all dieser Widerstände für etwas großartiges zusammen zu raufen? Bislang raufen sich alle Figuren, nur das "zusammen" fehlt. Letztendlich will man gar nicht, dass Rachel ihr viel zu oft beschworenes Talent unter Beweis stellen kann. Sie soll einfach nur still sein, so wie ihre Mitstreiter, vom "only gay in the village" mit einem Fimmel für Designer-Klamotten, dem Streber mit viel zu großer Brille im Rollstuhl bis zu der übergewichtigen, überlauten, übernervigen schwarzen Pseudo-Diva. Sollen wir uns tatsächlich für die Zukunft dieser Pappkameraden interessieren? Lediglich Finn scheint einigermaßen auf dem Boden geblieben zu sein und hat die Sympathien meistens auf seiner Seite.
Klar - es ist eine Comedy-Serie. Doch das war den Machern nicht genug, eine komplett überzeichnete Satire musste es sein. Aber selbst die braucht liebenswerte Figuren, oder zumindest Darsteller, die einen Woche für Woche zum Einschalten bewegen. Doch hier sind sie einfach viel zu abgedreht um in der Umgebung einer kleinen High School glaubhaft zu wirken. Für "Nip/Tuck" hat diese Strategie der Überzeichnung durch Ryan Murphy und Co. perfekt funktioniert - schließlich ist die Welt der Schönheitschirurgie in Miami, beziehungsweise Hollywood für die meisten Zuschauer so weit entfernt und bizarr, dass sie ohnehin nur mit solchen Gestalten gefüllt sein kann. Doch jeder von uns hat schon einmal einen schlechten Tag in der Schule gehabt und musste sich mit Typen herumschlagen, die man einfach nicht leiden konnte. Ob High School, Hauptschule oder Gymnasium, wir kennen die Situationen, egal auf welcher Seite der Auseinandersetzung wir stehen. Doch wenn letztendlich die Elite-Schulen aus
Aber vielleicht geht es ja wenigstens um Musik? Darum, so lange gemeinsam zu üben, bis man immer und immer besser wird und dadurch eine verschworene Gemeinschaft entsteht. Das Problem: Am Ende der Pilotfolge ist der Club bereits verdammt gut! Aus dem Nichts entsteht eine mehr als gelungene Performance des Journey-Klassikers "Don't Stop Believin'". Wir sehen keine Proben, keine Probleme, keine falschen Bewegungen - lediglich eine Manöverkritik von Will, die (Sie haben es erraten) nicht wirklich nachvollziehbar ist. Und das nachdem 5 Minuten zuvor der Club auseinander zu fallen drohte. Ein weiterer Aspekt, der Stoff für viele Folgen geboten hätte, das gemeinsame Proben, wird komplett abgehakt. Warum? Man kann den Piloten doch nicht ohne Showstopper enden lassen, oder? Abgehakt!
Dies scheint ohnehin das Motto der Autoren zu sein. Punkt für Punkt hangelt man sich von einer Idee zur nächsten. Lieber Lehrer. Check! Blöde Ehefrau. Check! Toughe Cheerleader-Trainerin. Check! Prüde Lehrerin mit Angst vor Bazillen. Check! Quarterback entdeckt seine zarte Seite. Check! Der Konkurrenz-Club einer anderen Schule lässt unser Glee-Team alt aussehen. Check! Will muss seinen Traum begraben. Check! Die Schüler machen ohne ihn weiter und führen eine atemberaubende Nummer auf. Check! Schön und gut. All dies passiert, aber es wird lediglich durch ein viel zu schnelles Fortschreiten der Handlung und die Nichtbeachtung von massiven logischen Lücken zusammen gehalten. Ein gutes Drehbuch sieht anders aus.
Selbst gemessen an anderen "Guilty Pleasure"-Formaten fehlt es der Serie komplett an eigener Integrität. Um die Ebene des Glaubwürdigen zu verlassen muss man sie erst einmal etablieren, ein eigenes Universum mit eigener Handlungs-Logik schaffen. Diese essentielle Regel muss für alle Serien gelten, egal ob für ein Drama wie
Worum geht es eigentlich? Na schön, ich geb's ja zu. Ich hab keine Ahnung.
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