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TV-Kritik/Review: Jordskott

Nordic-Noir-Krimi mit beeindruckender Inszenierung und Sozialkritik - von Marcus Kirzynowski
(02.05.2016)

Eva Thörnblad (Moa Gammel, M.) zwischen den Kollegen Tom Aronsson (Richard Forsgren, l.) und Göran Wass (Göran Ragnerstam) aus ihrer alten Heimatstadt
Eva Thörnblad (Moa Gammel, M.) zwischen den Kollegen Tom Aronsson (Richard Forsgren, l.) und Göran Wass (Göran Ragnerstam) aus ihrer alten Heimatstadt


Die schwedische Mystery-Krimiserie  "Jordskott - Die Rache des Waldes" beginnt mit einer hochspannenden Szene: Kommissarin Eva Thörnblad (Moa Gammel,  "Irene Huss, Kripo Göteborg") soll als Vermittlerin bei der Geiselnahme einer Familie durch den Vater fungieren. Dabei agiert sie aber nicht gerade diplomatisch. Als es ihr zu bunt wird, fordert sie den verwirrten Familienvater auf, wenn er schon jemanden erschießen wolle, doch sie zu nehmen. Und der tut, womit man in einer Mainstreamserie nie rechnen würde: Er drückt tatsächlich ab...

Dieser fulminante Auftakt hat mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun, dient aber dazu, den Charakter der Hauptfigur von Anfang an zu verdeutlichen. Thörnblad ist einerseits eine toughe Frau, andererseits agiert sie nicht immer geschickt, geht gerne mit dem Kopf durch die Wand. Psychisch angeschlagen ist sie seit sieben Jahren, seit ihre kleine Tochter an einem Waldsee in Evas Geburtsort Silverhöjd spurlos verschwunden ist. Alle gehen davon aus, dass das Mädchen damals ertrunken ist, obwohl nie eine Leiche gefunden wurde - nur die Mutter nicht. Die Haupthandlung beginnt nun damit, dass Eva nach Silverhöjd zurückkehren muss, weil ihr Vater gestorben ist. Schon nach kurzer Zeit wird dort ein weiteres Kind vermisst, der achtjährige Anton. Eva sieht Parallelen zu den Geschehnissen von damals und fängt an zu ermitteln.

Die Mystik undurchdringlicher Wälder, das Böse, das dort zu lauern scheint, ist in jüngster Zeit ein beliebtes Thema europäischer Mysteryserien. Erst im vergangenen Jahr war dieses Spiel mit menschlichen Urängsten vor dem Dunklen und Unzügelbaren eines der tragenden Elemente der deutschen Miniserie  "Weinberg" von TNT Serie. Und auch in Schweden, wo die Natur sicher eine noch größere Rolle spielt als in Deutschland, lag das Thema wohl nah. Serienschöpfer Henrik Björn hat auf alte Volkssagen und Mythen seines Landes zurückgegriffen, um seine Geschichte zu entwerfen. Diese verknüpft er geschickt mit einer modernen Öko-Botschaft. Denn schnell wird klar, dass der Wald sich gegen seine Ausbeuter, die Menschen, wehrt, die in der Nähe ein Sägewerk mit holzverarbeitender Fabrik betreiben - deren Eigentümer Evas Vater war.

Eva schöpft durch ein gefundenes Mädchen neue Hoffnung
Eva schöpft durch ein gefundenes Mädchen neue Hoffnung

"Jordskott" beginnt in der ersten Folge wie einer der typischen "Nordic Noirs" ? la  "Kommissarin Lund" oder  "Die Brücke - Transit in den Tod", Fernsehkrimis aus Skandinavien, wie sie auch international inzwischen zur Genüge bekannt sind. Schon in der zweiten Episode schlägt die Serie aber eine andere Richtung ein. Bei einer nächtlichen Fahrt durch den Wald läuft Eva nämlich ein seltsames kleines Mädchen vors Auto: Sie sieht aus wie ihre verschollene Tochter Josefine, spricht nicht und wirkt apathisch. Im Krankenhaus stellt man fest, dass sie an einer mysteriösen Krankheit leidet, ihr Blut scheint von Wurzeln durchsetzt zu sein. Obwohl ein DNA-Test dagegen spricht, ist Eva nach wie vor überzeugt, dass es sich bei dem Mädchen um ihre Tochter handelt.

Kurz darauf setzt in der Kleinstadt eine Mordserie ein: Ein Taxifahrer und ein Schrottplatzbetreiber werden auf brutale Weise umgebracht, ein Seniorenheimbewohner noch vergeblich gewarnt. Während die örtliche Polizei um Tom Aronsson (Richard Forsgren) im Dunkeln tappt und Kommissar Göran Wass (Göran Ragnerstam) mehr zu wissen scheint, als er vorgibt, recherchiert Eva auf eigene Faust und entdeckt auf alten Videobändern, dass auch ihr Vater an der gleichen unerklärlichen Krankheit zu leiden schien wie das Mädchen. Ist diese die Rache für die Machenschaften seiner Holzfabrik?

Einer der größten Pluspunkte der Serie ist die ausgezeichnete Kameraarbeit von Kjell Lagerroos und Pelle Hallert. Sie schaffen es, die Schönheit, aber auch die Bedrohlichkeit des Waldes und des nebelverhangenen Sees zu vermitteln. Weniger überzeugend ist auf Dauer leider die Entwicklung der Geschichte. Die plätschert ab der dritten Folge dann doch etwas zu vorhersehbar vor sich hin. Auch die Dialoge können nicht immer punkten, wenn etwa bedeutungsvoll geraunt wird, jemand solle auf sich aufpassen, der zwei Szenen später dann tatsächlich tot ist. Die zunehmend eingebauten Schockeffekte mit kopflosen oder aufgeschwemmten Leichen wirken kalkuliert und können deshalb wenig überzeugen. Die immer wieder herausgestellte Unerklärbarkeit der Ereignisse verkommt teilweise sogar zu unfreiwilliger Komik, wenn sich etwa eine Leiche auf dem Obduktionstisch komplett in eine glibberige Flüssigkeit auflöst und die anwesenden Vermittler es nicht fassen können.

Das ist schade, denn das Potential zu einer spannenden Serie wäre durchaus vorhanden: Die Schauspieler sind solide, vor allem Moa Gammel trifft die richtigen Töne zwischen hartnäckiger Polizistin und verzweifelter Mutter. Die Grundidee zwischen Mystik und Sozialkritik ist ebenso ungewöhnlich wie interessant und die Bildgestaltung faszinierend. Nach dem starken Auftakt entwickelt sich die Handlung dann aber doch unbefriedigend, was freilich ein Problem vieler Mysteryserien ist. Wer in dieser Hinsicht nicht so streng ist, kann "Jordskott" aber ruhig eine Chance geben, bekommt man doch zumindest eine ungewöhnliche, nämlich schwedische Perspektive auf das Genre geboten.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten vier Episoden der Serie.

Meine Wertung: 3.5/5


Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: arte


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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