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TV-Kritik/Review: Medici

Bei der unterhaltsamen Reise durch die Renaissance reicht es nicht zum History-Hit - von Gian-Philip Andreas
(14.11.2016)

Die Familie Medici auf dem Weg zum Status als "Herrscher von Florenz"
Die Familie Medici auf dem Weg zum Status als "Herrscher von Florenz"

Die andere einflussreiche Sippe der italienischen Renaissance, das spanischstämmige Adelsgeschlecht der Borgia, hat ihren großen Fernsehauftritt schon ein paar Jahre hinter sich. Jetzt folgt ihr bürgerliches Pendant: die Medici, jene vom frühen 15. Jahrhundert bis weit ins Zeitalter der Aufklärung hinein maßgebliche Händler- und Bankiersdynastie, die ihren Reichtum großzügig in Kunst und Architektur investierte und damit das, was wir heute Renaissance nennen, diese kulturellen Wiedergeburt Europas aus dem Morast des Mittelalters, überhaupt erst möglich machte. Im Fernsehserienkosmos spielten die Medici zuletzt in der schnurrigen Geschichtsfantasy  "Da Vinci's Demons" eine Rolle - als Förderer des legendären Leonardo.

 "Die Medici - Herrscher von Florenz", ein in Italien produzierter Achtteiler, der dort unlängst als veritabler Quotenrekord startete und hierzulande ab 27. Dezember bei Sky zu sehen sein wird, setzt gut sechzig Jahre vor  "Borgia" und "Da Vinci's Demons" ein, in einer Zeit, als die Familie de' Medici gerade erst damit anfing, die Finanzwelt zu erobern.  "The Man in the High Castle"-Macher Frank Spotnitz konzipierte die Serie zusammen mit Nicholas Meyer (dem Regisseur von "Star Trek VI: Das unentdeckte Land") und verspricht, von "Aufstieg und Fall" der Familie zu erzählen. Das müsste bekanntlich ein paar Jahrhunderte abdecken. Wenn die Resonanz stimmt, sollten wir uns also auf so einige Staffeln einstellen. Gedreht wurde die Serie auf Englisch, was einige britische und US-Schauspieler an Bord brachte, darunter  "Game of Thrones"-Star Richard Madden in der Hauptrolle des Cosimo de' Medici, Kino-Ikone Dustin Hoffman als sein Vater Giovanni und der wunderbare Brian Cox in einer schön angeödeten Nebenrolle als Stadtratsvorsitzender. Der ansonsten überwiegend italienische Cast muss freilich ebenfalls Englisch sprechen - was in der Originalfassung mal wieder eine unvermeidliche Akzent-Reibung verursacht. Immerhin: Im Unterschied zu "Da Vinci's Demons" sprechen die englischsprachigen Darsteller diesmal "Medici" richtig aus.

Fans von Dustin Hoffman kriegen dann gleich zu Beginn der ersten Episode einen mittelschweren Schock, denn da fällt der "Rain Man"-Star bereits röchelnd ins Gebüsch und stirbt, nachdem er gerade noch auf seinem Weinberg versonnen aufs spätmittelalterlich in der Morgensonne glänzende Florenz blickte und an einer Traube lutschte. Eine gruselige Kapuzengestalt huscht durch den Rebstock davon: Die Traube war vergiftet! Dass Giovanni de' Medici im Jahr 1429 wirklich ermordet wurde, ist eine auf unbewiesenen Hinweisen basierende Erfindung der Macher, deutet aber als Paukenschlag zum Auftakt gleich die Richtung an, die die Serie einschlagen dürfte: Zu sehen gibt es einerseits einen typisch süffigen, aufwendig ausgestatten, nicht unbedingt originellen Historienschinken ? la  "Rom", gewürzt mit nackter Haut, kernigen Kerlen und politischer Intrige, darüber hinaus aber auch einen Thriller samt Mördersuche. Und als Beigabe ein bisschen Kunstgeschichte. Spotnitz und Meyer ziehen ihr Geschichtspanorama dabei zweigleisig auf: Der Hauptstrang folgt Giovannis Sohn Cosimo (Madden), der den Sitz des Vaters im Stadtrat, der "Signoria", übernimmt und als Familienoberhaupt die Geschicke der Medici weiterführen muss. Zudem fahndet er mit Marco Bello (Guido Caprino), seinem Mann fürs Grobe, nach des Vaters Mörder.

Der Vater überschattet den Sohn in "Die Medici - Herrscher von Florenz"
Der Vater überschattet den Sohn in "Die Medici - Herrscher von Florenz"

In Rückblenden geht es dann immer wieder zwanzig Jahre zurück ins Jahr 1409. Hoffman-Fans können wieder aufatmen, denn in dieser Zeitebene ist sein Giovanni natürlich wieder mit von der Partie. Damals, zur Zeit des Abendländischen Schismas, nahm der Aufschwung der Medici gerade seinen Lauf: Der Vater, der sich aus bescheidensten Verhältnissen zum angesehenen Teppichhändler emporarbeitete, beauftragt seine charakterlich höchst unterschiedlichen Söhne, den vergeistigt-ernsten Möchtegernkünstler Cosimo und den Schürzenjäger Lorenzo (Stuart Martin aus der britischen Polizeiserie  "Babylon") damit, den ihm freundschaftlich verbundenen Laienkardinal Cossa, einen fröhlich durch die Gegend hurenden Piraten (Steven Waddington, "Edward II"), im Konklave als neuen Gegenpapst durchzusetzen - was den beiden durch fröhliche Bestechung und clevere Intrigen schon bald gelingt. Aber wozu? Giovanni hatte mit Cossa verabredet, zum Dank für diese Beförderung fortan als Bankier dieses Papstes wirken zu dürfen. Es wird der Grundstein sein für das immense Vermögen, das die Medici in den folgenden Jahrzehnten zusammentragen.

Die Rückblenden widmen sich ansonsten vor allem der Charakterisierung des empfindsamen Cosimo. Er, der selbst in jeder Minute genialisch seine Kladden vollzeichnet, landet im Römer Atelier des Bildhauergenies Donatello, verliebt sich dort in eine schöne Bäuerin. Es ist die Frau seines Lebens, die er dennoch opfern muss: Der Vater verdonnert den verhinderten Künstler zu einem Leben als Bankier, der sich in einer Art Ersatzhandlung zum Förderer mausern muss: Schon in Folge zwei rauscht der flamboyante Architekt Filippo Brunelleschi (Alessandro Preziosi, "Männer al dente") ins Bild, der für die Medici die Kuppel der Florentiner Kathedrale bauen wird.

Cosimo wird vom Vater nicht nur beruflich verplant, sondern auch strategisch verkuppelt - mit der schönen Contessina (Annabel Scholey, "Walking on Sunshine"), der Tochter eines konkurrierenden Geschäftsmanns. Zwar sieht so aus, als könnten sich die Zwangsverheirateten durchaus miteinander arrangieren, doch schon in der Hochzeitsnacht kommt es zur Erektionsstörung, und die Szenen anno 1429 zeigen die Verbitterung, die den Eheleuten irgendwann in die Parade gefahren sein muss.

In beiden Zeitebenen werden die Figuren von denselben Schauspielern verkörpert, was leider nicht so gut funktioniert: Abgesehen davon, dass Madden und Martin als Jünglinge nur mit etwas mehr Locken und etwas weniger Vollbart auskommen müssen, ist in der Haupterzählebene, in der die Brüder um die vierzig Jahre alt sein müssten, kein Altersunterschied erkennbar. Auch aus dem Spiel der Brüder ist kein Zugewinn an Lebenserfahrung herauszulesen. Dass Cosimo nun selbst einen bereits verheirateten Sohn (Alessandro Sperduti) hat und demnächst Großvater wird, wirkt dadurch schon sehr befremdlich. Ein wenig liegt das aber auch an Richard Madden, der in diesem Tiefe suggerierenden Part eingangs etwas orientierungslos erscheint. Meistens schaut er ohnehin nur bedeutungsschwer in die Ferne, oder er liefert sich ruckartig orchestrierte Blickduelle mit seinen Feinden. Der beste seiner Antagonisten ist David Bradley (Argus Filch aus "Harry Potter"), der Cosimos Schwiegervater mit seinem patentiert verachtungssatten Grimmblick verkörpert und "Game of Thrones"-Fans die schaurigste Pointe der zweiten Episode liefern dürfte: In GoT spielte Bradley den schmierigen Schurken Walder Frey, hier trifft er erstmals seit der legendär schockierenden "Roten Hochzeit" wieder auf Richard Madden alias König Robb Stark, den er damals meucheln ließ. Diesmal gibt's nur ein geheucheltes Küsschen auf die Stirn - aber das Gruseln bleibt.

Und sonst noch? Es gibt pittoreske Reitszenen durch die Toskana, einen Pestausbruch, Krieg mit Mailand, einige sehr ungelenke Erklärdialoge und Digitaleffekte, die "Da Vinci's Demons"-Niveau zweifellos erreichen, aber deutlich unter "Thrones"-Niveau bleiben. Besonders einige komische Blue-Screen-Effekte irritieren. Der Plot selbst ist prall gefüllt mit Ränken und Intrigen: In der Signoria hat es Cosimo mit den Adligen in der Stadt zu tun, die ganz andere Interessen verfolgen als die Medici und andere bürgerliche Händler. Cosimo muss taktieren und überlegen, ob er strategisch von der Linie seines Vaters abweicht. Als Gegenspieler, der auch mit der Ermordung Giovannis zu tun haben könnte, wird alsbald Rinaldo Albizzi etabliert, ein bärtiger Heißsporn, verkörpert von einem gewissen Lex Shrapnel, der die Kunst des bösen Blicks in einer Weise beherrscht, die man von einem Schauspieler seines Namens auch erwarten darf.

Nein, der ganz große History-Hit sind diese "Medici" nicht geworden. Es fehlt an Feuer, an Überraschungen, auch an ungewöhnlichen Figuren, um den Betrachter wirklich mitzureißen. Zu viele Szenen hat man so ähnlich schon oft gesehen, zu viele Konflikte (auch der zwischen Cosimo und dem bislang unterbeschäftigten Lorenzo) bauen sich sehr vorhersehbar auf. Was nicht heißt, dass es nicht für eine unterhaltsame Reise durch die Renaissance reichen würde - manchmal ein wenig kitschig, mitunter etwas ungelenk und immer zu sauber und glattpoliert. Aber das ist in anderen Serien dieser Art ähnlich, und wer sich an diesen Wiedererkennungseffekten nicht stört, wird ordentlich bedient.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Folgen von "Die Medici".

Meine Wertung: 3/5

Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: RAI


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • User 1222869 schrieb am 20.03.2017, 10.14 Uhr:
    "genialisch"? bitte um korrektur.