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TV-Kritik/Review: The Carrie Diaries

TV-Kritik zum "Sex and the City"-Prequel - von Gian-Philip Andreas
(19.03.2013)

Schrill, bunt, lässig: Der Cast von "The Carrie Diaries" im 80er-Jahre-Look.
Schrill, bunt, lässig: Der Cast von "The Carrie Diaries" im 80er-Jahre-Look.

Hauptsache Tagebuch! Hier kommt zusammen, was zusammen gehört: das Schöne-Menschen-Network The CW, zu dessen Hits die brünftige Beißer-Soap  "Vampire Diaries" zählt, und  "Sex and the City"-Erfinderin Candace Bushnell, die vor drei Jahren damit begann, das Vorleben ihrer halbfiktiven HBO-Serienfigur Carrie Bradshaw in einer neuen Buchserie auszubreiten: "The Carrie Diaries". Hüben wie drüben werden die Geschehnisse aus der Tagebuchperspektive eines 16-jährigen Teen-Girls verfasst, das vor Beginn eines neuen High-School-Jahres mindestens ein Elternteil verloren hat. Diaries eben: Kennste eins, kennste alle. The CW griff jedenfalls zu - wohl auch in der Hoffnung, vom Nachruhm einer der stilprägendsten Serien der Jahrtausendwende zehren zu können.

Wie war das noch? Carrie Bradshaw ist das Alter Ego der real-existierenden Journalistin Bushnell, die in den Neunzigern scharfzüngige Lifestyle-Anekdoten aus dem hippen New York der Prä-9/11-Ära veröffentlichte, erst kolumnenweise in der altrosa Tageszeitung New York Observer, dann als Buch. HBO schuf daraus "Sex and the City" (SATC), die Serie mit Sarah Jessica Parker als Carrie. Auch zwei verzichtbare Kinofilme gab es. Schließlich kam Bushnell auf den Teen-Diary-Trichter: Wie schlug sich die urbane Louboutin-Liebhaberin Carrie Bradshaw wohl durch ihre Jugendjahre in der Provinz? Wie wurde sie zur Star-Journalistin im Big Apple?

Den CW-Produzenten um die  "Gossip Girl"-Macher Josh Schwartz und Stephanie Savage erlaubt dieses Prequel nicht nur, die SATC-Zielgruppe zu verjüngen. Sie können dabei auch drei Konzepte gleichzeitig verfolgen: Erstens ein High-School-Teendrama herkömmlicher Art, mit Hunks, Nerds und Mean Girls. Zweitens eine 'Fish out of Water'-Story: Carrie darf einmal pro Woche nachmittags zum Praktikum ins wilde Manhattan fahren und fühlt sich dort erst einmal als trampelige Provinznudel (eine Strumpfhose reißt!). Drittens schließlich spielt das alles in den new-wavigen Achtzigern - was die Serie zum 'period piece' macht, kredenzt im Kostüm der Epoche. Die Ausstatter haben die üblichen Designklassiker aus dem Kunstgewerbemuseum hervorgeholt (Lippentelefon! Mit Kabel!) und ein 1984 nachgestellt, das so pink-türkis-golden in Wirklichkeit selbstverständlich niemals war. Haarschnitte und Ohrringe der Darsteller sehen eher so aus wie eine Simulation der Eighties Fashion als Wille und Vorstellung der Styler von heute. Wahrscheinlich war genau das der Plan.

Mittendrin in dieser übergeschnappten Vergangenheitsverkleidung formiert sich zügig das Personal: Carries 13-jährige Schwester Dorrit (Stefania Owen) etwa, die seit dem Verlust der Mutter 'rebelliert', also schwarze Augenschminke trägt, Alkohol trinkt und ihrer Schwester die gute Beziehung zur jetzt toten Mutter neidet. Schon in der zweiten Folge haben sie sich aber wieder lieb. Dorrit raubkopiert nun lieber "Purple Rain" und trägt ihr Joy-Division-T-Shirt als Mode-Statement, so wie die Emo-Mädchen das heute in der Indie-Disco tun. Vater Tom (Matt Letscher) ist ein herzensguter, überfürsorglicher Witwer und schwer beschäftigter Anwalt, der in der Lunchpause die Tampons für die pubertierenden Töchter kauft. Ob er es auch ist, der für den stets so dekorativ gefüllten Obstkorb auf dem Esstisch sorgt?

Carrie (AnnaSophia Robb) steht schon als Teenie der Sinn nach dem perfekten Styling.
Carrie (AnnaSophia Robb) steht schon als Teenie der Sinn nach dem perfekten Styling.

Oder Carries Freunde: Jill, genannt 'Mouse', wird zwar von der bildhübschen Ellen Wong gespielt, soll aber als Mathe-Mauerblümchen durchgehen. Die freche Maggie, hochsympathisch gespielt von Katie Findlay ( "The Killing"), hat außerschulischen Sex mit einem kernigen Jungpolizisten. Davon weiß ihr Boyfriend Walt (Brendan Dooling) nichts. Doch der erklärt schon in seiner ersten Szene, modisch Rob Lowe nacheifern zu wollen, wodurch er den Regeln der US-Entertainmentindustrie gemäß zweifellos schwul sein muss. Was nur er selbst und die flotte Maggie nicht merken, obwohl er den von ihr angebotenen Oralverkehr empört verschmäht. In Folge zwei ist die Beziehung erwartungsgemäß dahin, und Maggie zerfetzt einen Plüschbären.

Dann ist da noch Sebastian Kydd - der 'new guy' in der Schule, ein James-Dean-Typ und begehrter Outsider, Sohn reicher Eltern, mit melancholisch rumorendem Innenleben. So blondgefönt, wie Austin Butler ( "Zoey 101") ihn spielt, könnte er direkt einer Bret-Easton-Ellis-Verfilmung entstiegen sein. Natürlich dürfen er und Carrie nicht so schnell zueinanderkommen. Obwohl es doch schon in Minute zwölf zum ersten Schwimmbad-Kuss kommt! Und obwohl sie doch in Folge drei so herzig miteinander "das neue Cars-Album" hören! Mit zwei Kopfhörern am Walkmen: Heartbeat City.

Schuld daran sind das intrigante 'mean girl' Donna (Chloe Bridges) - und Carries Ausflüge nach New York, die jeweils in der Mitte der Folgen platziert sind. In Manhattan lernt Carrie schon am ersten Tag Larissa (Freema Agyeman) kennen, die Fashion-Redakteurin des trendigen Interview-Magazins, die sie sofort unter ihre Fittiche nimmt. Welten kollidieren, Verabredungen überschneiden sich: Drama! Begleitend zu den Teenfilm-Stereotypen, die hier im Minutentakt abgehakt werden, spielt die Regie beharrlich 80er-Hits ein, und zwar immer so, dass Stücktitel und Stimmung identisch bleiben. Erster Schultag? "Blue Monday"! Einsam? "Dancing with Myself"! Fotoshooting? "Girls on Film"! Samstagabend mit den Mädels zu Hause? "Our House"! Auf in die Stadt? "Material Girl"! Nur die beliebte Masturbantenhymne "Blister in the Sun" passt nicht recht zu profanen Bildern öden Aktenschleppens.

Die Serie hat ein paar gravierende Probleme. Erstens stimmt die Erzählhaltung nicht: Carries Tagebucheinträge scheinen mit großer zeitlicher Distanz und im Wissen um erst Jahre später erfolgende Dinge verfasst zu sein; trotzdem werden sie von der jungen Carrie (als Off-Erzählerin) vorgetragen. Das ergibt keinen Sinn. Zweitens stimmt der Sprachsound nicht: Carrie und Co. verwenden immer wieder Aphorismen, die man Thirtysomethings glauben würde, aber keinen Teens. Zudem sprechen sie im Tonfall und Slang unserer Zehnerjahre - was sich komplett mit dem ansonsten so detailversessen behaupteten 80er-Setting beißt. Diesbezüglich läuft sowieso so Einiges durcheinander: 13-jährige Backfische in der US-Provinz, die schon anno 1984 ihren Hamster 'Morrissey' nennen und Depeche-Mode-Poster an der Wand hängen haben? No way! Im angesagtesten Hipster-Club Manhattans tanzt die Szene-Crowd zu Shannons "Let the Music Play"? Come on! Eine 16-Jährige fährt nach der Schule stundenlang von Connecticut nach Manhattan zum Praktikum? Je nun. Auch verzichteten die Macher darauf, in die Skyline-Aufnahmen von Manhattan das World Trade Center hineinzutricksen - wie man hört, um "verletzte Gefühle" zu vermeiden. Absurd.

Wahrscheinlich aber sind das Authentizitätsbefindlichkeiten aus altem, männlichem und damit wenig berufenem Munde. Der 13- bis 17-jährigen Zielgruppe dürfte all das nämlich denkbar schnuppe sein. Und man muss zugeben: Das, was die "Carrie Diaries" wollen, kriegen sie hin. Langweile kommt nicht auf. AnnaSophia Robb zum Beispiel stemmt die Carrie-Rolle überraschend 'fresh': Das auf ihrer Figur lastende Prequel-Konzept merkt man ihr kaum an, trotz Sarah-Jessica-Parker-Gedächtnisfrisur. Die Serie funktioniert auf ihre schlichte, unzynische Weise ganz gut, gerade wenn man an die Mutterserie SATC keinen Gedanken mehr verschwendet. Obwohl doch deren wichtigste Inhalte hier kernidentisch nachgespielt werden: über Sex kichern und Fashion voll toll finden.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Folgen von "The Carrie Diaries".

Meine Wertung: 3/5

Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: The CW


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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