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Beobachtungen zur Nominierungsveranstaltung zum Deutschen Fernsehpreis 2009 von Gian-Philip Andreas

Beobachtungen zur Nominierungsveranstaltung zum Deutschen Fernsehpreis 2009von Gian-Philip Andreas

Das deutsche Fernsehpreisverleihungswesen hat sich so weit professionalisiert, dass inzwischen selbst Nominierungsverkündungen mit Pomp und Prosecco über die Bühne gebracht werden: Als Jurypräsidentin Bettina Böttinger und ihre acht Kollegen gestern am frühen Abend in Berlin die Anwärter auf den Deutschen Fernsehpreis 2009 verkündeten, da musste es schon der prunkvolle Marmorsaal im Palais am Festungsgraben sein.
deutscherfernsehpreis.de

Der hatte sich spätsommerlich aufgeheizt, doch den geladenen Nominierten, die von ihrem Glück schon wussten, konnte die Schwüle die Lockerheit nicht austreiben. Matthias Schweighöfer (nominiert als bester Hauptdarsteller für "Marcel Reich-Ranicki - Mein Leben") zog kaugummikauend sein schwarzes Sakko aus, Anja Kling (nominiert als beste Hauptdarstellerin für den Sat.1-Mehrteiler  "Wir sind das Volk - Liebe kennt keine Grenzen") war sowieso deutlich luftiger gekleidet. Nicht viele der prominenteren Nominierten waren erschienen, doch die es waren, ließen sich umso huldvoller herzen.

Man war natürlich gespannt, ob die Jury in irgendeiner Weise auf den Ranicki-Skandal der letztjährigen Preisverleihung Bezug nehmen würde. Der Literaturkritiker hatte damals bekanntlich den Ehrenpreis verweigert und eine kurze, aber heftige Scheindebatte um die Qualität des deutschen Fernsehens angestoßen, in deren Nachwehen auch die ungestüm wetternde Elke Heidenreich ihrer Lesetipp-Sendung verlustig ging. Doch: Kein Wort davon gestern von Seiten der Jury, nur Reich-Ranickis entrüstetes "Ich nehme diesen Preis nicht an!" war noch mal in einem anfangs vorgeführten Trailer-Rückblick auf die bisherigen zehn Verleihungen zu erleben, als ironische Geste. Verdruckstes Kichern im Saal.

Qualitätsdiskussionen sind ganz offensichtlich nicht angebracht in einem Preisverleihungs-Kontext, in dem sich die vier führenden deutschen Sender hauptsächlich selber auf die Schulter klopfen. Den "Deutschen Fernsehpreis" haben vor zehn Jahren die damaligen Intendanten bzw. Geschäftsführer von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 persönlich gestiftet, dem Beirat sitzt in diesem Jahr turnusgemäß Sat.1-Unterhaltungschef Wolfgang Link vor - daher übrigens wird die Preisverleihung am 26. September auch in dessen Haussender übertragen (moderiert von Anke Engelke und Bastian Pastewka).

Lieber also lobte man sich selbst. Böttinger konstatierte: "Das deutsche Fernsehen hat bewiesen, was für gute Fernsehfilme es produziert." Später befand sie, dass das Fernsehen immer wieder zeige, "was für fantastische Schauspieler wir in Deutschland haben." Und die Fernsehkritikerin Klaudia Wick, langjähriges Jury-Mitglied, beharrte mit etwas zu viel Nachdruck darauf, dass es derzeit "keine Krise der Serie" gebe - was die Nominierungen, die sie direkt im Anschluss verlas, aber nicht unbedingt bestätigen: Neben dem Martial-Arts-Trash  "Lasko" und der BR-Heimatserie  "Franzi" ist noch die RTL-Produktion  "Der Lehrer", die zuvor zwei Jahre lang im Giftschrank Staub ansetzte, im Rennen. Wie eine Entschuldigung klang es da fast, als Wick noch versicherte, man habe nicht nur Neustarts, sondern auch "Longrunner" erneut geprüft. Denn auch  "Um Himmels Willen" und  "Alarm für Cobra 11" gebe es ja immer noch. Ausgerechnet.

Auffällig ausführlich entschuldigte sie sich dann dafür, dass der Vorjahressieger, Bora Dagtekins Krankenhausserie  "Doctor's Diary", diesmal nicht wieder mit dabei sei. Deren Produzentin, Dr. Beatrice Kramm, sitzt in diesem Jahr in der Fernsehpreisjury - weswegen ihre eigene Serie den Statuten gemäß nicht berücksichtigt werden darf. Der Subtext dieser Erläuterung ist klar: Als Nominierung der Herzen darf man sich natürlich die zweite Staffel des "Doctor's Diary" denken.

Verdächtig zügig verlas auch Kommunikationswissenschaftlerin und Talk-Moderatorin Prof. Dr. Miriam Meckel die Nominierungen in den Bereichen Unterhaltung/Moderation und Comedy. Im ersteren Fall hätte sich die Jury dezidiert auf große Namen und "drei verschiedene Role Models" konzentriert (das heißt also, ermüdenderweise: Raab, Gottschalk, Barth), bei der Comedy zwei neue Formate ("unterhaltsam und sehr bereichernd", fand Meckel) mit einem alten Bekannten kombiniert. Oliver Welkes  "heute-show" und die "TV-Helden" von RTL gehen nun ins Rennen gegen Hape Kerkeling, der für seine Rolle des Horst Schlämmer und besonders für dessen inszenierte Berliner Pressekonferenz vom 4. August nominiert wurde.

Diese Entscheidung heimste bei der offenbar nicht inszenierten gestrigen Pressekonferenz am meisten Applaus ein, dabei ist sie doppelt fragwürdig: Erstens ist Kerkeling für einen ähnlich gelagerten Schlämmer-Auftritt bereits zuvor nominiert und auch ausgezeichnet worden (2006 für das Intermezzo bei  "Wer wird Millionär?", wenn auch zusammen mit Günther Jauch), zweitens handelte es sich bei der gelobten Pressekonferenz am 4. August um eine reine Werbemaßnahme für den jüngst gestarteten Schlämmer-Kinofilm. Arte-Übertragung hin oder her: Hier liegt der Verdacht doch nahe, dass die Jury wirklich keine anderen, (be-)lohnenswerten Comedy-Formate oder Comedians gefunden hat und einen PR-Gag zur Verlegenheitslösung hochwürdigt.

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Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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