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HBO-Serie über Rassismus fasziniert, entfernt sich aber weit von der Vorlage
"Watchmen"
HBO
TV-Kritik/Review: Wo sind die "Watchmen" in Damon Lindelofs Comicadaption?/HBO

Eine Fernsehserie zu "Watchmen", einem der beliebtsten und von Kritikern gefeiertsten Superheldencomics aller Zeiten, ist sicher eine der schwersten Herausforderungen, der sich ein Serienschöpfer stellen kann. 1986/87 erstmals als Heft-Miniserie bei DC Comics erschienen, war die Geschichte von Alan Moore, zeichnerisch umgesetzt von Dave Gibbons, neben Frank Millers Batman-Erzählung "Der dunkle Ritter kehrt zurück" der Comic, der das Superheldengenre komplett dekonstruierte. Die Hauptfiguren waren teilweise skrupellose oder psychopathische Antihelden, die auch mal bereit waren, für das angeblich "höhere Gut" Millionen von Menschen zu töten. Und über allem stand die Frage nach der Legitimation selbsternannter Vigilanten, knackig zusammengefasst in der Frage: "Who watches the Watchmen?" (Wer beaufsichtigt die Wächter?)

Zack Snyder verfilmte den Comic 2009 relativ originalgetreu fürs Kino. Die kommerzielle Ausschlachtung der Marke begann spätestens in den vergangenen Jahren, als DC gegen den Willen des "Watchmen"-Schöpfers Moore andere Autoren neue Miniserien schreiben ließ: nach "Before Watchmen" jüngst auch noch "Doomsday Clock", wo die Figuren auf die klassischen DC-Helden wie Superman und Batman treffen. Und nun also die TV-Version, wobei HBO als Sender und Damon Lindelof als Showrunner zumindest für einen hohen Qualitätsanspruch stehen. Lindelof betonte früh, es gehe nicht um eine erneute Adaption der Originalgeschichte, seine Serie sei lediglich in der gleichen Welt angesiedelt.

So spielt  "Watchmen" - die Serie - auch nicht in den 1980er Jahren, sondern in einer alternativen Gegenwart, in der Robert Redford Präsident der USA ist (er soll auch noch in persona auftreten), sich ansonsten aber sehr viel zum Schlechteren gewendet hat. In Oklahoma, wo die Handlung hauptsächlich angesiedelt ist, hat sich etwa eine militante Gruppe weißer Rassisten gebildet, die sich "Siebte Kavallerie" nennt und Attentate auf Polizisten in deren Privathäusern durchführt. Die Terroristen tragen dabei - in der Tradition des Ku-Klux-Klans - selbstgemachte Rorschach-Masken in Anlehnung an ihr Vorbild, den psychopathischen Vigilanten Rorschach. Als Reaktion ergeht eine Vorschrift, nachdem sich alle Polizisten im Dienst vermummen und ihre Identitäten geheim gehalten werden müssen. Lediglich der Polizeichef von Tulsa, Judd Crawford ( "Miami Vice"-Altstar Don Johnson) tritt unmaskiert auf - was ihm am Ende der Pilotfolge zum Verhängnis wird. Im Mittelpunkt der ersten beiden Folgen steht eine enge Freundin und Kollegin Crawfords, die afro-amerikanische Polizistin Angela Abar (Regina King,  "The Leftovers"), eine toughe Kämpferin, die kostümiert als Sister Night gegen die Rassisten ermittelt. In Folge 3 kommt ihr die FBI-Beamtin Laurie Blake (Jean Smart,  "Legion") zu Hilfe, die in ihrem früheren Leben eine der bekanntesten Heldinnen war: Silk Spectre.

Der Polizeichef von Tulsa Judd Crawford (Don Johnson) führt seine Truppe nicht zum ersten Mal durch eine schwierige Zeit.
Der Polizeichef von Tulsa Judd Crawford (Don Johnson) führt seine Truppe nicht zum ersten Mal durch eine schwierige Zeit.

Die Haupthandlung um die rassistischen Morde wird immer wieder durch diverse Nebenstränge unterbrochen. Am Irritierendsten sind dabei die Auftritte von Jeremy Irons ( "Verhängnis"), über dessen Figur man in der dritten Folge auch mal gesagt bekommt, dass es sich um den früheren "Helden" Ozymandias handelt. Seine Sequenzen zeigen ihn abwechselnd auf einem Schimmel über seine Landgüter reiten oder in seinem Schloss unethische Experimente mit von ihm geschaffenen Klonen durchführen. Gerade diese Szenen sind auf abstoßende Weise richtig zynisch, da er keinerlei Skrupel hat, seine Wesen auf brutale Art sterben zu lassen. Zur eigentlichen Geschichte tragen diese verstörenden Abstecher zudem bisher nichts bei.

Treffen sich zwei Polisten aus Tusla ... Die Maskierung der Detectives wechselt zwischen Ninja und Trainingsanzug - aber Hauptsache Maske.
Treffen sich zwei Polisten aus Tusla ... Die Maskierung der Detectives wechselt zwischen Ninja und Trainingsanzug - aber Hauptsache Maske.

Neben den gealterten Silk Spectre und Ozymandias, die sich längst ins Privatleben zurückgezogen haben, taucht von den Hauptfiguren des Comics lediglich noch Dr. Manhattan auf. Das gottgleiche Wesen ist aber bislang nur als kleiner blauer Punkt bei einer Fernsehübertragung vom Mars zu sehen, auf den er sich vor 30 Jahren zurückgezogen hat. Fans des Comics, die von der Serie eine Fortsetzung erwarten, dürften stark enttäuscht sein. Statt der faszinierenden Figuren gibt es viele Vigilanten in schlechten "Kostümen" zu sehen, die meistens nur daraus bestehen, dass sie sich eine Strumpfhose oder Wollmütze übers Gesicht ziehen. Vielmehr als eine "Watchmen"-Serie ist dies eine typische Damon-Lindelof-Serie. Der  "Lost"-Schöpfer interessiert sich offensichtlich nicht im Geringsten für die Comicfiguren, sondern nutzt die von Moore kreierte alternative Welt lediglich als Hintergrund, eine Parabel auf den tiefsitzenden Rassismus in der US-amerikanischen Gesellschaft zu erzählen - ein leider immer noch hoch aktuelles Thema. Dabei sind es die Details der alternativen Entwicklung, die den Rassismus in unserer Realität erschreckend verdeutlichen: So hat das wohlhabende afro-amerikanische Ehepaar Abar mehrere weiße Adoptivkinder, was nur auffällt, weil es sonst in Serien immer umgekehrt ist. Wie schon in seiner vorherigen Serie "The Leftovers" macht es Lindelof den Zuschauern alles andere als leicht, der Handlung folgen zu können. Er erzählt einerseits extrem langsam, andererseits aus vielen Perspektiven und mit einer Fülle von Anspielungen, die sich erst später erschließen. Hinzu kommen noch die zahlreichen Hintergründe aus dem "Watchmen"-Universum - wer den Comic nicht mindestens zwei Mal gelesen oder zumindest den Film gesehen hat, hat kaum eine Chance, etwas zu verstehen. So ergibt sich die absurde Situation, dass Nicht-Kenner der Vorlage irritiert sein werden, deren Fans aber ihre Erwartungen nicht erfüllt sehen werden.

Wirkt in der Handlung extrem isoliert: Ozymandias (Jeremy Irons).
Wirkt in der Handlung extrem isoliert: Ozymandias (Jeremy Irons).

Warum diese Serie überhaupt den Titel "Watchmen" tragen musste, lässt sich nur mit der Bekanntheit der Marke erklären. In dieser Form ist er einfach Etikettenschwindel. Wer es schafft, sich gedanklich von der Vorlage zu lösen, kann durchaus eine interessante Serie entdecken. Neben dem wichtigen Thema Rassismus hat sie ein Ensemble hervorragender Schauspieler - darunter auch noch Louis Gossett Jr. ( "Enemy Mine - Geliebter Feind") und Frances Fisher ( "Resurrection - Die unheimliche Wiederkehr"), Filmmusik von den langjährigen David Fincher-Kollaborateuren Trent Reznor und Atticus Ross (aktuell auch die Komponisten für  "Mindhunter") und das von HBO gewohnte hohe Produktionsniveau. Allerdings muss man zu letzterem anmerken, dass ein eigener visueller Stil nicht zu erkennen ist - ganz anders als beim Kinofilm vom stark umstrittenen Zack Snyder, dem man einen ebenso originellen wie wiedererkennbaren Stil jedenfalls nicht absprechen kann.

Die Bundesbehörden schalten sich in Gestalt von FBI Agentin Laurie Blake (Jean Smart) ein.
Die Bundesbehörden schalten sich in Gestalt von FBI Agentin Laurie Blake (Jean Smart) ein.

Ob Lindelof hier eine wirklich gute Serie gelungen ist, lässt sich noch nicht beurteilen. Dazu gibt es in den ersten Episoden neben gelungenen Charaktermomenten und spannend inszenierten Actionszenen einfach auch zu viel Leerlauf und Gewaltdarstellungen, die sich zu sehr in ihrem Zynismus gefallen. Wie bei vielen anderen HBO-Dramaserien ist aber das Potential da, sich in späteren Folgen in die richtige Richtung zu entwickeln. Nur eine "Watchmen"-Serie wird sie wohl nicht mehr werden.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten fünf Episoden der Serie "Watchmen".

Meine Wertung: 3.5/5

Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: HBO

Die Weltpremiere der Serie "Watchmen" wird in den USA seit dem 20. Oktober ausgestrahlt, nach Deutschland kommt das Format über Sky Atlantic HD ab dem 4. November - immer montags um 20.15 Uhr werden die Folgen gezeigt. Die erste Staffel umfasst neun Episoden - es steht im Raum, dass es Schöpfer Lindelof, der die erste Staffel eher als Miniserie angelegt hat, dabei belassen will.


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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Leserkommentare

  • ondit schrieb am 05.06.2020, 21.47 Uhr:
    Ich kann mich weitestgehend den Ausführungen des Kritikers anschließen. Einige Längen, teilweise extrem verworren. Man muss die Folgen alle am Stück schauen oder zumindest keine langen Pausen dazwischen haben. Sie ist schon eine Herausforderung. Ich habe nicht alles verstanden. Ich werde sie mir noch ein zweites Mal ansehen (müssen). Bilder/Kamera/Musik/Soundtrack/Dialoge und die Schauspieler sind aber eine Klasse für sich. Allein das war der Grund dran zu bleiben und nicht nach der 3. oder 4. Folge aufzugeben. Auch das Thema, jetzt ja wieder brandaktuell, so zu verarbeiten, finde ich schon bemerkenswert und einzigartig. Aber wie gesagt, es ist schwerer Stoff, der dem Zuschauer einiges abverlangt, in vielerlei Hinsicht.
  • markus01 schrieb am 28.01.2020, 20.23 Uhr:
    Ich finde die Serie richtig super!
    Man muss das Orginal nicht kennen, um die Serie zu verstehen. Alle in der Serie genannten Bezüge zu Watchmen bleiben nicht ungelößt. Alle Verschachtelungen und Zeitsprünge ergeben am Ende ein Gesamtbild. Die Komplexität ergibt sich aus der Fülle an Informationen über die Personen oder an einer/m Sache / Thema; es gibt nichts evolutionäres.
    Tolle Schauspielerinnen und Schauspieler.
    Musik ist top, aus den verschieden vergangenen Dekaden und Stile.
    Zitat von Kirzynowski: "Wirkt in der Handlung extrem isoliert: Ozymandias (Jeremy Irons)." Vielleicht mal in Zukunft mit einer Bemerkung abwarten, wenn man nur die Hälfte kennt.
    Meine Lieblingsfolge: Kommt ein Gott in die Bar.
    (und Mangels Geld bekommt es nichts zu trinken.)
    Das Thema Rssismus zu wählen ist gut. Es ist nicht orginell, aber zu diesen Zeiten richtig.
    @oear " Ich warte auf die kopftuchtragende lesbische Muslima, die im Rollstul sitzt." Würde die Arbeiterklasse sich wieder auf ihre Klasse besinnen, dann braucht es keine Identitätspolitik. Aber der Sarkasmus zu deiner Aussage ist angekommen.
    .
  • Bolle99 schrieb am 20.11.2019, 00.32 Uhr:
    Watchmen den Film mochte ich wirklich, nach der jetzt gesehenen dritten Folge bei SKY bin ich allerdings raus. Die Serie ist nicht meins.
  • OEAR schrieb am 11.11.2019, 19.02 Uhr:
    Minorities sind in, die muss man auf jeden Fall reinbringen. Ich warte auf die kopftuchtragende lesbische Muslima, die im Rollstul sitzt.
  • xena123 schrieb am 11.11.2019, 07.35 Uhr:
    Mittlerweile hat man das Gefühl, als ob jede Serie den Auftrag hat erwachsenenpädagogisch zu erziehen. Ja, Sklaverei und Rassisnmuss, Sexismuss und Homophobie sind schlimm.
    Aber so DERMAßEN Stereotyp, wie die Weißen in Watchmen dargestellt werden, grenzt das ebenfalls an Rassismus. Mich hat die Serie erst stark an "Roots" erinnert, dann an einen Emanzenkampffilm, zum Schluss war die erste Folge extrem flach und langweilig, fast schon dümmlich.
    Nee... 'Ne zweite Folge gibts nicht.
    Mit The Boyz, Umbrella Academy und Powers gibt es weitaus Besseres im "Böse Superhelden- Universum". Selbst Doompatrol und Heros waren noch angenehmer.
    Für Schuldkultfans ist es aber genau das Richtige...
  • OEAR schrieb am 11.11.2019, 19.03 Uhr:
    Wir liegen 26 Jahre auseinander, aber so denke ich auch.
  • ThomasWeber1975 schrieb am 05.11.2019, 12.35 Uhr:
    Die Serie wird sich SO bei den Fans auch nicht durchsetzen.man will DIE Watchmen sehen.
  • Sentinel2003 schrieb am 04.11.2019, 12.06 Uhr:
    Dieser blöde Trend zu Serien mit gerade mal 6-8 oder 9 Folgen wird gefühlt immer stärker!! Ich kann es einfach nicht verstehen!! WAs waren das noch für Zeiten, wo fast jeden Serie noch um die 24 Folgen hatte!!