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Gottschalk-Produzent Holm Dressler: "Jeder andere Moderator wäre in Grund und Boden versunken"

von Glenn Riedmeier in News national
(03.04.2021, 11.00 Uhr)
Über Begrüßungsgeld von RTL in Millionenhöhe und lähmende Angst heutiger Fernsehmacher
Holm Dressler
IMAGO / HRSchulz
Gottschalk-Produzent Holm Dressler: "Jeder andere Moderator wäre in Grund und Boden versunken"/IMAGO / HRSchulz

Der Name Holm Dressler mag so manchem Zuschauer nichts sagen, doch in der Fernsehbranche ist der Produzent, Redakteur und Regisseur eine Legende. Er war maßgeblich an der Karriere von Thomas Gottschalk beteiligt und auf dessem Weg zum Samstagabend-Showmaster die starke Kraft im Hintergrund. Holm Dressler gab nun ein ausführliches Interview für den Podcast "Die Fernsehschatztruhe" von Frank Battermann und Alex Schindler, in dem er äußerst unterhaltsam fast 90 Minuten lang aus dem Nähkästchen plauderte.

Gemeinsam hoben Dressler und Gottschalk 1977  "Telespiele" aus der Taufe, die erste interaktive Gameshow des deutschen Fernsehens. Dressler, der zu dieser Zeit verantwortlicher Redakteur des ARD-Senders SWF war, sagt, dass die Sendung vor allem dank Gottschalks schon damals vorhandenem Talent zur Spontaneität funktioniert hat. Ich glaube, da wäre jeder andere eingebrochen. Der Thomas musste sich da aber nicht verstellen, das war seinem Naturell entsprechend. Das gilt heute noch, dass er sagt: 'Stellt mich in Situationen, die ich vorher nicht geprobt habe. Ich mache da schon was draus.' Als Gottschalk in späteren Phasen seiner Karriere mal Autoren an die Seite gestellt bekam, habe das überhaupt nicht funktioniert. Es gab fleißige Redakteure, die ganze Drehbücher für ihn geschrieben haben. Aber das ging nicht - und das geht auch heute nicht.

Dressler erinnert sich an ein Arbeiten ohne jeden Quotendruck. Die Quote war überhaupt kein Thema. Wir wussten nicht, welche Quote wir hatten. Da war die Quotenmessung nicht am nächsten Morgen da, sondern erst mit 14 Tagen Verzug. Die Korrektive waren stattdessen Unterhaltungschefs, Programmdirektoren, Intendanten sowie die Presse. Heute ist das anders. Wenn du heute bei einer Show einen Unterhaltungschef fragst, sagt er dir: 'Warte bis ich morgen die Quoten habe, dann sage ich dir, wie ich es fand'. Da gibt es keine spontane Meinung mehr. Das ist ganz schlimm für Kreative.

Ein großes Problem heutzutage sei, dass einer Sendung keine Zeit mehr zum Entwickeln gegeben werde, während man etwa an  "Wetten, dass..?" jahrelang in der Öffentlichkeit basteln konnte. Heute müsse alles sofort funktionieren und auf Anhieb erfolgreich sein. Das führt leider dazu, dass eine große Angst die Entscheidungsträger vor neuen Formaten lähmt, die noch nicht irgendwo im Ausland gelaufen sind. Aus einem ähnlichem Grund greife man bei Moderatoren immer mehr zu Leuten, die nicht anecken. Zu Menschen, die eben leider nicht wie Thomas Gottschalk, Hella von Sinnen und Harald Schmidt eine bestimmte Persönlichkeit mit allen Ecken und Kanten haben. Man möchte sie ihnen abschleifen, wie den Menschen in der Werbung.

1981 wechselten Gottschalk und Dressler gemeinsam zum ZDF. Dort produzierten sie zunächst die Sendung  "Na sowas!". Die bunte Varietyshow am Samstagvorabend war voll und ganz auf Gottschalk zugeschnitten. Das war eben nicht ein Format aus Amerika oder sonst woher, sondern maßgeschneidert angefertigt und erfunden. Thomas war selbst natürlich auch an dem Prozess beteiligt. Die Mischung bestand aus Auftritten aktueller Popkünstler, einem Talk mit einem prominenten Gast und Normalbürgern, die etwas Kurioses vorführen wollten. Beispielsweise bewarb sich eine Frau, die behauptete, ihr Hund könne "Mama" sagen. Niemand glaubte daran, aber man wollte sie in der Show haben. Auch hierbei wurde ganz gezielt auf Gottschalks Improvisationstalent gesetzt. Als der Hund keinen Laut von sich gab, sagte Gottschalk zu der Frau: Machen Sie sich keine Sorgen. Der Hund kann auch gerne etwas anderes sagen! Laut Dressler seien es genau solche Momente, die Gottschalk zu Höchstleistungen antreiben. Jeder andere Moderator wäre in Grund und Boden versunken.

1990 gingen Gottschalk und Dressler zu RTL, wo sie zunächst die wöchentliche Show  "Gottschalk" und später den Nachfolger  "Gottschalk Late Night", die erste tägliche Late-Night-Show im deutschen Fernsehen, produzierten. Gerade das Tägliche habe Dressler zunächst abgeschreckt. Auf die Nachfrage, weshalb sie das Angebot von RTL schließlich doch annahmen und damit 1992 komplett und exklusiv zum Privatsender wechselten, sagt er unverblümt: Helmut Thoma hat uns mit Geld überzeugt. Wir haben ein Begrüßungsgeld bekommen: Thomas bekam drei Millionen und ich eine halbe Million - ohne irgendwas zu machen, außer Ja zu sagen!

Zunächst lief mit der täglichen "Gottschalk Late Night" auch alles nach Plan. Es gab von Senderseite lediglich die Vorgabe, mit jeder Ausgabe eine Million Zuschauer zu erreichen. Dieses Ziel wurde sogar deutlich übertroffen. Wir hatten 1,6 bis 1,7 Millionen Zuschauer, so Dressler. Doch im zweiten Jahr wurde die Zielvorgabe plötzlich auf zwei Millionen erhöht - und dann begannen die Diskussionen. Laut Dressler sagten RTL-Senderchef Helmut Thoma und Programmdirektor Marc Conrad zu ihnen: Wir wissen, wie ihr das erreicht. Vergesst euren Unterhaltungskram. Wir haben am Nachmittag eine sehr erfolgreiche Sendung mit Hans Meiser, der kritische und hart recherchierte Themen behandelt. Das wollen wir jetzt auch mit Gottschalk in der Late Night.

Es sollte dann plötzlich um Themen wie den Kosovokrieg und Vergewaltigung in der Ehe gehen, worauf Holm Dressler allerdings überhaupt keine Lust hatte. Er sprach Thomas Gottschalk nicht die Fähigkeit ab, solche Themen zu behandeln, aber empfand es als die falsche Richtung. Gottschalk war hin- und hergerissen, er fühlte sich aber letztendlich auch geschmeichelt, dass RTL ihm so etwas zutraute. Plötzlich fingen auch Thomas und ich zu diskutieren an - wo zuvor zwischen uns kein Blatt Papier passte. Schließlich zerbrach die Zusammenarbeit vorläufig an dieser Meinungsverschiedenheit. Dressler stieg aus und das Redaktionsteam von  "Hans Meiser" wurde für "Gottschalk Late Night" engagiert - woraufhin die Reichweite auf 700.000 Zuschauer abstürzte. Nach einer Zeit, in der Dressler und Gottschalk getrennte Wege gingen, haben sie sich wieder vertragen und später gemeinsam die Eventshows  "50 Jahre Rock!" im ZDF bestritten.

Im ausführlichen Audio-Interview mit Frank Battermann spricht Holm Dressler unter anderem auch noch über die Anfänge von "Wetten, dass..?" mit Frank Elstner, Klaus Kinskis legendären Auftritt bei "Na sowas!", die Show  "Wenn die Putzfrau 2x klingelt" mit Hella von Sinnen und Dieter Hallervordens Forderungen, die er für seine Übernahme von  "Verstehen Sie Spaß?" gestellt hat. Das komplette Gespräch aus dem Podcast "Die Fernehschatztruhe", der jüngst für den Deutschen Podcast Preis nominiert wurde, ist bei Spotify und allen anderen gängigen Plattformen kostenlos zu hören.


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Leserkommentare

  • Martin Schmidt schrieb am 11.04.2021, 23.34 Uhr:
    Was will uns der Mann also sagen? Früher war alles besser? Vielleicht ist er einfach aus der zeit gefallen. Aber tatsächlich mangelt es immer mehr an Qualität im deutschen TV. Das betrifft aber nicht nur die Show Branche. Was sich dort so alles als "Journalist" verkauft spottet jeder Beschreibung.
  • Zoppo_Trump schrieb via tvforen.de am 10.04.2021, 02.41 Uhr:
    Ich habe mir aufgrund der Erwähnung in diesem Podcast die 8. Folge von "Wetten, dass...", in der Gottschalk zu Gast war (Januar 1982) auf Youtube angesehen. Und ich war entsetzt, was das für eine langweilige Veranstaltung war! Die erste Folge hatte ich vor längerem mal wieder gesehen, und die war ja schon furchtbar. Aber ich hätte gedacht, dass man die Sendung im Lauf von acht Ausgaben in den Griff bekommen hätte. Aus meiner Sicht aber: Kann man sich heute kaum mehr anschauen.
    Andererseits war auch das Publikum seinerzeit ein völlig anderes - da hat es gereicht, als Saalwette nur vorzuschlagen, 50 Nonnen auf Fahrrädern ranzukarren, und schon tobte alles. Ganz zu schweigen davon, als die Wette dann gewonnen wurde und 50+ Nonnen auf Rädern reingeradelt kamen ...
    Na ja, bei manchen Sachen isses echt gut, dass sie Geschichte sind.
  • Amy schrieb am 09.04.2021, 20.45 Uhr:
    Seine Zeit ist schon lange vorbei. Nichts ist schlimmer als wenn jemand nicht weiß, wann man aufhören sollte.
    Irgendwann ist`s nur noch peinlich.
  • Zwerg_aus_dem_Berg schrieb am 07.04.2021, 08.44 Uhr:
    Die Zeit von Gottschalk ist vorbei und das sollte er endlich mal begreifen, statt sich weiter als albernen, ewig jugendlichen Kasper zu präsentieren.
  • tomgilles schrieb via tvforen.de am 05.04.2021, 04.56 Uhr:
    Diesbezüglich fällt mir Gottschalks mustergültiges Interview mit Helmut Kohl am 28. Januar 1990 auf dem Zenit seiner Macht ein. Wie ein kleiner Junge mit dem Ausdruck höchster Ehrerbietung und kaum gespielter Bewunderung umschmeichelte Gottschalk den - ohne Zweifel - souverän auftretenden Kanzler. Seine gänzlich apolitischen, kindisch-naiven Fragen waren offenbar Balsam für dessen Seele, sodass der Machtmensch Kohl plötzlich ganz gelöst, nahbar und sogar humorvoll erschien. Das ist große Unterhaltungskunst - unbekümmert frei von der Leber weg, egal wer vor dir sitzt. So einer kann natürlich keinen Journalismus, wo auch mal hart nachgefragt oder der Finger in die Wunde gelegt werden muss.
    Sein Langzeit-Copilot Jauch, seinerseits bestimmt kein Wadenbeißer, verfolgte das nette Tête-à-Tête mit einigem Unbehagen.
  • Helmprobst schrieb via tvforen.de am 04.04.2021, 15.23 Uhr:
    TV Wunschliste schrieb:
    Aus einem ähnlichem
    Grund greife man bei Moderatoren immer mehr zu
    Leuten, die nicht anecken. Zu Menschen, die eben
    leider nicht wie Thomas Gottschalk, Hella von
    Sinnen und Harald Schmidt eine bestimmte
    Persönlichkeit mit allen Ecken und Kanten haben.
    Man möchte sie ihnen abschleifen, wie den
    Menschen in der Werbung.

    Absolute Zustimmung! Zwar sind Pflaume und Pilawa sicher gute Moderatoren, aber sie sind weder witzig noch spontan oder haben ein bestimmtes Alleinstellungsmerkmal. Pilawa würde man das sogar zutrauen. Als das "Quizduell" noch live über den Sender ging hat er bewiesen, dass er Pannen durchaus mit Selbstironie überbrücken kann. Aber kurz später hat er sich dann doch leider wieder nur auf das Vorlesen von Fragen in voraufgezeichneten Sendungen beschränkt.
    Aktuell sehe ich an jüngeren Leuten im TV nur eine Person, die die von Dressler bemängelten Qualitäten mitbringt und richtiges Live-Unterhaltungsfernsehen beherrscht: Oliver Pocher.
  • derinsider schrieb via tvforen.de am 04.04.2021, 16.19 Uhr:
    Ich hab mir das Interview angehört und fand es echt spannend. Einfach ein Mann der was zu sagen hat. Schade, dass er nicht mehr gross in der Szene mitmischt.

    derinsider
  • Paula Tracy schrieb via tvforen.de am 04.04.2021, 16.28 Uhr:
    Ich glaube, da liegt der Unterschied schon in der Bezeichnung "Moderator". Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Gottschalk oder Schmidt oder früher Rudi Carrell als Moderator zu bezeichnen. Die haben die Show gemacht, nicht nur zusammengehalten und Gäste anmoderiert. Pilawa, Kerner, Pflaume sind Moderatoren im klassischen Sinne. Auch Jauch ist nur Moderator, die können Fragen stellen und auch das eine oder andere Gespräch führen, aber sie sind nicht fähig, selbst aktiv zu werden in der Show. Okay, das war bei Gottschalk auch immer grenzwertig, singen kann er ja nun auch nicht, aber seine Persönlichkeit hätte auch ein schlecht vorgetragenes Lied verkraftet :-) Schmidt war ja immer nur Talkmaster, aber eben ganz anders als ein Kerner oder Lanz (der sich im tiefsten Inneren wie ein Investigativ-Journalist sieht und weniger als Moderator).
    Bin jetzt nicht so der Pocher-Fan, gebe ich dir aber Recht, was seine Fähigkeiten angeht. Sein Humor ist nicht jedermanns Sache, aber er könnte durchaus eine Live-Unterhaltungsshow tragen und eben nicht nur moderieren. Habe am Freitag Abend mal bei RTL reingeschaut und seinen wirklich legendären Auftritt als Britney Spears gesehen (bei Let's dance). Es hat genervt, dass er sich immer in den Vordergrund gespielt hat, aber es war immer, immer lustig. Und das kann nicht jeder. Und anecken kann er auch großartig!
    Übrigens - ich bin auch kein Fan von ihm - gucke ich mir auch jeden Freitag den Böhmermann an. Anfangs mochte ich ihn gar nicht, aber mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass er fast besser ist als Harald Schmidt. Bei Raab gings mir im übrigen auch so, erst gar nicht gemocht, später habe ich es sehr bedauert, dass er dem Fernsehen - zumindest vor der Kamera - adieu gesagt hat.
  • Wilkie schrieb via tvforen.de am 04.04.2021, 17.30 Uhr:
    Helmprobst schrieb:
    TV Wunschliste schrieb:
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    >
    > Aus einem ähnlichem
    > Grund greife man bei Moderatoren immer mehr zu
    > Leuten, die nicht anecken. Zu Menschen, die
    eben
    > leider nicht wie Thomas Gottschalk, Hella von
    > Sinnen und Harald Schmidt eine bestimmte
    > Persönlichkeit mit allen Ecken und Kanten
    haben.
    > Man möchte sie ihnen abschleifen, wie den
    > Menschen in der Werbung.
    >
    Absolute Zustimmung!

    Wirklich? Thomas Gottschalk war doch nun genau der Typ, der es möglichst jedem Recht
    machen wollte, für mich gab es kaum einen weichgespülteren Moderator als ihn, immer
    nach der herrschenden Mehrheitsmeinung ausgerichtet, möglichst in jeder Wetten-Dass-Sendung einmal die BILD-Zeitung erwähnend im Irrglauben, dass die BILD die richtige
    Richtung vorgiebt.
  • Besserwisserin schrieb via tvforen.de am 06.04.2021, 06.30 Uhr:
    Paula Tracy schrieb:
    Schmidt war ja immer nur
    Talkmaster.

    Du redest von DEM Harald Schmidt?