"DSDS"-Chaostage: Jetzt darf auch Heino ran

Chaostage bei RTL: Der schwer angeschlagene Unterhaltungsdampfer  "Deutschland sucht den Superstar" steuert mit letzter Kraft und einigermaßen führungslos dem Zielhafen entgegen. Kapitän Dieter Bohlen muss sich von Jurymitglied Mateo öffentlich vorführen lassen, während ausgerechnet die Schlager- und Volksmusikbranche die Quoten retten soll: Nach Andrea Berg wird nun auch noch Heino den Heilsbringer spielen.

Mit einer gründlichen Überarbeitung wollte RTL die altersschwache Castingshow zu Beginn des Jahres wieder auf Kurs bringen. Mangels Ideen wurden aber wieder mal lediglich die Jurykollegen von Dieter Bohlen ausgetauscht. Anstatt den Versuch zu übernehmen, ein breiteres Familienpublikum zurückzugewinnen, richtete RTL die Sendung mit der Verpflichtung der Zwillinge von Tokio Hotel noch stärker auf ein junges Publikum aus, das eine Samstagabendshow kaum allein durch die Quotentäler tragen kann. Da "DSDS" in den vergangenen Jahren ohnehin jede Form von Seriosität abhanden kam, wurden mit den überwiegend sehr jungen Kandidaten wieder die üblichen Teenager-Dramen rund um Liebe, Sex und Schicksalsschläge durchexerziert.

Neue Zuschauerschichten hat diese "Weiter so!"-Taktik erwartungsgemäß nicht gewinnen können. Dennoch setzte RTL mitten in der Staffel zu einer Kehrtwende an, die einer Verzweiflungstat gleicht: der Schlager soll die Sendung nun vor dem Untergang bewahren. Mit Hilfe von Kandidatin Beatrice, die ihre Schlageridole perfekt imitieren kann, will Bohlen das Genre stärker in den "DSDS"-Vordergrund rücken. Am Samstag präsentierte der Erfolgsproduzent, der sich in diesen Tagen mit Blick auf die ungewisse "DSDS"-Zukunft sehr handzahm gibt, in einem Akt der Vetternwirtschaft sogar seinen Schützling Andrea Berg als Gast-Jurymitglied. Den Quoten hat das nur bedingt geholfen: 4,44 Millionen sahen am Samstagabend zu - rund 350.000 mehr als zuletzt, die allerdings überwiegend aus fortgeschritteneren Altersschichten stammten. RTL ist es sogar eine Erwähnung wert, die "Melodien der Berge" im Ersten (3,67 Mio.) hinter sich gelassen zu haben.

Die Annäherung an die Schlager- und Volksmusikbranche will der Sender nun offenbar fortsetzen: Am kommenden Samstag wird Heino zu Gast sein. Der neuerdings wieder in Mode gekommene 74-Jährige Sonnenbrillenfan wird allerdings nicht - wie heute von der Bild-Zeitung spekuliert - am Jurytisch sitzen, sondern mit seinem Ärzte-Cover "Junge" auf der Bühne stehen.

Die plötzliche Kehrtwende zu neuen potentiellen Zuschauerschichten inmitten einer laufenden Staffel ist nicht nur auf lange Sicht wenig durchdacht, sie zeigt auch die pure Verzweiflung hinter den Kulissen. Zusätzlich feuerte Jurymitglied Mateo Jaschik eine volle Breitseite gegen Bohlen und RTL. "Ich kann mich nur noch wundern: Wenn das die angesprochenen Neuerungen sein sollen, dann Prost Mahlzeit!", kommentierte der 'Culcha Candela'-Sänger die Verpflichtung von Andrea Berg zu Beginn der vergangenen Woche in der Bild-Zeitung und ärgerte sich zugleich über den Alleingang Bohlens: "Ich nehme meinen Job als Juror ernst und habe einen Vertrag unterschrieben, also ziehe ich das mit durch. Aber wie das an uns als Jury und an die Kandidaten herangetragen worden ist, das empfinde ich offen gestanden als zum Kotzen."

In der Livesendung vom Samstagabend gab sich Mateo zwar versöhnlich, was Andrea Berg jedoch nicht davon abhielt, ihn weitgehend zu ignorieren. Tags darauf legte Mateo via Bild am Sonntag noch einmal nach. Ihm gehe "diese Klüngelei zwischen Dieter Bohlen und den Verantwortlichen im Sender auf die Nerven", so der Sänger, der auch nochmal seine Kritik am Schachzug mit der Schlagersängerin erneuerte: "Wenn man sagt: 'Ich hole da jemand, der hat Ahnung' und dann holt man einen halben Bohlen mit langen Haaren, also Bohlen in Weiblich - also bitte! Er produziert sie und schreibt ihre Songs. Das hat doch mit fairem Wettbewerb nichts mehr zu tun." Auch die Bohlen-Sprüche könne er nicht mehr hören: "Wenn ich selbst versucht bin einzuschlafen am Jury-Pult, weiß ich immer, wann ich lachen muss. Weil die Pointen seit zehn Jahren die gleichen sind."

Vor Konsequenzen fürchtet sich Mateo nicht. Die Staffel ist ohnehin bald vorbei. "Ich lasse mir den Mund nicht verbieten", so der Sänger, der auf seine erfolgreiche Musikkarriere und die damit verbundene Unabhängigkeit verweist: "Ich muss mir keine Sorgen machen, dass ich morgen im 'Dschungelcamp' antanzen muss, wenn ich meine Meinung sage."

Die Kandidatensongs im Halbfinale (4.5.):

Ricardo Bielecki:
Chasing The Sun - The Wanted
I Wanna Know What Love Is - Mariah Carey
Stark - Ich + Ich

Beatrice Egli:
Die Hölle morgen früh - Helene Fischer
Die Gefühle haben Schweigepflicht - Andrea Berg
Ich lebe - Christina Stürmer

Lisa Wohlgemuth:
Get Shaky - The Ian Carey Project
Fallschirm - Mia
Heaven - DJ Sammy & Yanou feat. Do