Wohnungen der Götter

Ganz oben, auf dem Gipfel, glaubt man dem Himmel näher zu sein, die Wolken greifen zu können. Diese scheinbare Nähe zum Himmel, in der Menschen unterschiedlichster Religionen ihren Gott bzw. ihre Götter verorten, hat Bergen als geglaubten Berührungspunkten zwischen Himmel und Erde Heiligkeit verliehen, sie in den Augen der Menschen zu Wohnungen der Götter werden lassen. Diesen heiligen Bergen verschiedener Weltreligionen hat Michael Albus in dem aufwändigen Filmprojekt Wohnungen der Götter sowie dem vorliegenden Bildband nachgespürt -- und stellt jeweils einen bestimmten Typus von Religion oder geistiger Lebenshaltung vor.

  Grandiose Landschaften, ergreifende Naturschauspiele und –gewalten, Einsamkeit und Stille: All diese Ehrfurcht gebietenden Erfahrungen sind den heiligen Bergen (überwiegend Vulkane) gemeinsam. Sie werden als Entstehungszentrum und damit Mittelpunkt der Welt gesehen: der Kailash im Westen Tibets (Ausprägung des Buddhismus); der Ol Doinyo Lengai im ostafrikanischen Tansania (Berg des Schwarzen Gottes der Massai); der Licancabur in der chilenischen Atacama-Wüste (eine Inka-Religion, die die Sonne als Gottheit verehrt); die San-Francisco-Peaks in Arizona: heilige Berge der Navajo- und Hopi-Indianer (Verehrung des Göttlichen, die alles in der Welt als heilig begreift); der Fujiyama in der Shinto-Region Japans: Heiligtum des Shintoismus; der Gunung Agung auf Bali: Hindu-Dharma-Glaube (zentraler Gegenstand ist der Glaube an die Wiedergeburt).

  Beeindruckende Landschaftsaufnahmen, Fotografien von Kultgegenständen und –gebäuden sowie interessante Menschen machen Wohnungen der Götter zu einem Augenschmaus. Die begleitenden Texte mischen Erklärungen zu Geschichte der Religionen, Bedeutung und Symbolisierung der heiligen Berge, Beschreibungen von Ritualen und Zeremonien mit persönlichen Eindrücken während der Expeditionen und Schilderungen der Pilgerwege. Zitate oraler wie schriftlicher Tradition, von Religionswissenschaftlern und Literaten geben Empfinden und Selbstverständnis des Gläubigen wieder. Es sind unbekannte und extreme Orte, sie fordern auf zur Meditation und wecken die Neugier aller an Religion und Mythen jenseits des westlichen Tellerrandes Interessierten, herauszufinden, wo Gott wohnt. --Osseline Kind