Originalpremiere: 07.09.2011
Deutsche TV-Premiere: 04.10.2013 (arte)
Der Abendbrottisch ist schon gedeckt, als Maries Ehemann Joshua ein Basketballspiel in den Sinn kommt, für das er Karten besorgt hat. Während er mit dem gemeinsamen Sohn Nicky auf dem Weg zum Spiel ist, wartet die Polizistin Marie zu Hause auf ihre Heimkehr. Doch dann geschieht das Unfassbare: Mitten in Toronto werden Joshua und Nicky im eigenen Auto erschossen. Marie fällt in einen Schockzustand, nimmt dann aber auf eigene Faust Ermittlungen auf. Bei der Wahl ihrer Mittel ist sie nicht gerade zimperlich, und aus alten Tagen hat sie noch gute Kontakte zum organisierten Verbrechen. Schnell findet Marie den Drahtzieher der Tat: einen argentinischen Drogenbaron, den sie ins Gefängnis gebracht hat. Sein Neffe Pablito - selbst ein junger Familienvater - war der Todesschütze. Um ihn zu finden, reist Marie allein von Kanada ans andere Ende des Kontinents. Im Grenzland zwischen Bolivien und Argentinien, einer unwirklichen Region voller Armut, hofft sie Rache zu nehmen. "Auge um Auge" handelt vom Versuch einer einsamen Frau, Gewalt mit Gewalt zu vergelten. Regisseur Santiago Amigorena setzt dieses archaische Thema überzeugend um: Actionreiche Szenen werden mit der Handkamera festgehalten, während die Ödnis der Puna-Wüste in der Totalen gebannt ist. Die eindrücklichen Gewaltszenen fügen sich in diese Komposition ein: Amigorena inszeniert die Gewalt nicht voyeuristisch, sondern zeigt diese existenzielle Erfahrung in einem gnadenlosen Realismus. Letztlich wirft sein Werk eine entscheidende Frage auf: Kann neues Leid das alte vergessen machen? Am Ende des Films, als sie die Waffe niederlegt, hat Marie ihre Antwort gefunden. "Auge um Auge" wurde 2011 im Rahmen der 68. Filmfestspiele von Venedig gezeigt. Santiago Amigorena zeichnete man im selben Jahr auf dem Internationalen Filmfestival Warschau als besten Regisseur aus.
(arte)