Weiterer Titel: Die Deutschstunde
Deutsche TV-Premiere: 09.09.2007 (3sat)
Die Robert-Koch-Oberschule in Kreuzberg ist ein ganz normales staatliches Gymnasium. Allerdings hat sich der Anteil von Schülern mit "Migrationshintergrund" seit den siebziger Jahren kontinuierlich erhöht; inzwischen sind es 91 Prozent. Inge Sewig hat noch andere Zeiten erlebt. Sie unterrichtet hier Deutsch, seit über 30 Jahren. Und sie ist eine Idealistin geblieben: Unermüdlich versucht sie, ihre Schüler, gleich welcher Abstammung, für die Sprachkraft und den Reichtum deutschsprachiger Literatur zu begeistern - in der Oberstufe für die Klassiker, für Goethes Faust, für Eichendorffs und Heines Gedichte. Die engagierte "Alt 68erin" erinnert sich noch, welch prägenden Einfluss ihr eigener Deutschunterricht einst auf sie hatte. Rolf-Peter Müller, ihr Kollege, hat in der siebten Klasse, in der die Schüler zunächst ein halbes Jahr nur auf Probe sind, ein Diktat schreiben lassen, das er schon einmal benutzte, 1986. Die Schüler heute, so berichtet er bekümmert, machen ungleich mehr orthographische Fehler als die damaligen. Im Probehalbjahr wird gesiebt; über 30 Prozent der ausländischen Schüler werden das "RKO" wieder verlassen müssen. Die Defizite der Integrationspolitik machen sich selbst am Gymnasium katastrophal bemerkbar. Am Ende der Pflichtschulzeit haben etliche nur begrenzte Lese- und Schreibkompetenzen erworben. Die Lehrer, zerrieben zwischen den Anforderungen des Lehrplans, den eigenen Ansprüchen und der Realität mangelnder Sprachkenntnisse, fühlen sich hilflos und allein gelassen.
(rbb)