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Erschreckende Berichte über das Dasein von Kindern und Jugendlichen häufen sich: sie werden allein gelassen, sind verwahrlost, werden misshandelt. Wer hat versagt? Behörden und Ämter? Sind sie zu passiv? Haben sie zu wenig Rechte? Sparen Staat und Kommunen genau dort, wo es um die eigentliche Zukunft Deutschlands geht? In der Reportage "Wenn Eltern versagen" schildern die Mitarbeiter des kleinen, überschaubaren Jugendamtes (44 Mitarbeiter) in der Kleinstadt Greifswald mit 53.000 Einwohnern die komplexe Problematik, benennen Fehler des "Systems" ebenso wie Ideen zur Lösung des Desasters und gewähren nahe Kamerablicke in ihre Arbeit. So auch im Fall der Familie S. aus Greifswald. Nach dem Einsatz am 28. Februar 2006 steht Polizeihauptmeister Glowczewski sichtlich unter Schock. So etwas hat der Beamte in seiner 15-jährigen Dienstzeit noch nicht gesehen. Um 23.45 Uhr waren er und die Kollegin vom Greifswalder Jugendamt wegen einer drohenden Kindeswohlgefährdung ins Neubauviertel gerufen worden. Sie hatten die Wohnungstür der Familie S. im vierten Stock des Plattenbaus aufgebrochen und hinter verriegelten Türen fünf Kinder im Alter zwischen ein und dreizehn Jahren gefunden. Das Baby war in einer überheizten Kammer eingeschlossen, ... "da hab? ich fast keine Luft gekriegt... ", der dreijährige R. wie sein vierjähriger Bruder P. waren mit Lampenkabeln ans Bett gefesselt, ... "die mussten wir mit einem Seitenschneider durchschneiden ...", die Wohnung befand sich in einem vollkommen verwahrlostem Zustand, " ... eine Müllhalde ist nichts dagegen ...", von der Mutter keine Spur. Es war die 14. Inobhutnahme minderjähriger Kinder in Greifswald in diesem Jahr. Große Aufregung herrschte in der kleinen Behörde am nächsten Morgen. Hat man richtig gehandelt? Hätte man die Kinder vielleicht früher herausholen müssen? Hilfspläne werden diskutiert, Auswege gesucht, wie doch noch zu verhindern ist, dass die fünf Kinder endgültig in ein Heim müssen. Die Reportage "Wenn Eltern versagen" zeigt aufgrund dieses Falles und anderer Vorkommnisse die Gratwanderung im ewigen Spannungsfeld zwischen Wächteramt und dem gesetzlich fest geschriebenen Recht der Familie auf Privatheit und Anonymität.
(NDR)