Mission Mittelmeer

Er wollte einfach helfen. Raphael Reschke aus Bad Kreuznach hat die Bilder und Nachrichten nicht mehr ausgehalten: Mehr als 1.300 Menschen sind bisher in diesem Jahr im Mittelmeer ertrunken. Und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die Dunkelziffer ist weit höher. Wie kann es sein, dass die EU ihre Rettungsmission einfach einstellt und dabei zusieht, wie Menschen auf der Flucht ertrinken? Diese Frage geht Raphael und seinen beiden Brüdern nun schon seit Jahren nicht mehr aus dem Kopf und sie haben sich geschworen, dass sie versuchen wollen, zu retten, wenn es die große EU mit all ihren Schiffen schon nicht macht. Es war im Herbst 2019, als sich die drei entschlossen, ein ausgemustertes Boot der Marine wieder hochseetauglich zu machen, aufzubrechen und Menschenleben zu retten. "Einfach machen!" wird ihr Motto. Doch das Bundesverkehrsministerium erließ neue Sicherheits-Auflagen, die für die zivile Seenotrettung kaum zu erfüllen waren. Eine bürokratische Schikane? Das Projekt stand vor dem Aus. Da kam ein Gerichtsentscheid, der die Auflagen aufhob: die Brüder durften endlich los. Aber jetzt wollte "Mission Lifeline", die Organisation, mit der sie das Schiff gekauft und zusammen ausgebaut hatten, sie nicht mehr mitfahren lassen, wegen mangelnder Einsatzerfahrung. Die drei Brüder versuchten nun bei einer anderen Hilfsorganisation anzuheuern. Einer wurde tatsächlich genommen: Raphael wurde von der Organisation Resqship angeheuert. Im August 2021 geht Raphael in Malta an Bord des Segelschiffs "Nadir". Es soll eine "Beobachtungsmission" werden. Zu siebt wollen sie Tag und Nacht mit Ferngläsern den Horizont absuchen und Hilfe rufen, wenn sie Schiffbrüchige finden. Schon nach zwei Tagen stößt die "Nadir" auf leere Boote. Kurz darauf wird aus der Beobachtungsmission eine Rettungsaktion: Insgesamt trifft die Crew auf fünf Flüchtlingsboote in Seenot. Sie müssen helfen. Doch als einziges Schiff vor Ort sind sie schnell überlastet - Werden die verantwortlichen Behörden helfen? Ein Holzboot mit Frauen und Kleinkindern treibt im Mittelmeer. Hilfe kommt nicht. Die Crew entscheidet, die Menschen an Bord der "Nadir" zu nehmen. Unter den Kindern ist ein zwei Monate altes Baby, fast dehydriert. Die Geretteten müssen dringend an Land und versorgt werden. Später wird die "Nadir" auch noch weitere Flüchtlinge aufnehmen. Doch die italienische Küstenwache will hart bleiben und nur medizinische Notfälle aufnehmen. Es kommt zu einem Nervenkrieg. Bei einer Übergabe beschädigt die Küstenwache das Beiboot, mit dem die "Nadir" die Flüchtlinge an Bord nimmt. Die Hafenbehörde von Lampedusa verweigert der "Nadir" die Einfahrt. Ein gefährliches Spiel auf Zeit beginnt, ein politisches Taktieren, das Leben riskiert… Diese Doku begleitet einen Menschen, der seinem Gewissen folgt, strikt und gegen viele Widerstände und Einwände. Und sie zeigt eine EU, die ihre Werte an ihren Außengrenzen verrät.