Hitlers Krieg im Osten

Eine wehende Hakenkreuzfahne im Schneesturm, angekohlte Fotos von Soldaten und ein einzelner deutscher Stahlhelm im Schnee -- so beginnt die vierteilige Fernsehdokumentation der ARD über Hitlers Krieg im Osten. Das Pfeifen des eiskalten Windes und die Musik im Hintergrund lassen nichts Gutes ahnen: hier geht es um ein Kapitel europäischer Geschichte, das wie kein anderes das Bild des Zweiten Weltkrieges geprägt hat; um die grausamen Kämpfe zwischen den Soldaten der Deutschen Wehrmacht und der Roten Armee in der Sowjetunion zwischen 1941 und 1945.
Es ist die Geschichte von Hitlers wahnwitzigem Überfall auf seinen Nachbarn im Osten, der Millionen Soldaten auf beiden Seiten das Leben kostete, der aber auch die Bühne für die unvorstellbaren Massaker an der Zivilbevölkerung bildete. Und um dieses Thema eindringlich zu vermitteln, geht diese Doku, die im Wesentlichen von der britischen BBC produziert wurde, einen anderen Weg als die bekannten Geschichtsdokus des ZDF. Hier gibt es keine nachgestellten Szenen von historischen Handlungen, sondern ausschließlich Originalmaterial von damals, unterfüttert mit Aufnahmen von den ehemaligen Schlachtfeldern im heutigen Zustand sowie Zeitzeugeninterviews. Gerade diese Interviews besitzen einen einmaligen Stellenwert, der in dieser Form noch nie dokumentiert wurde: hier kommen ehemalige Wehrmachtsoldaten und Rotarmisten zu Wort, die überraschend offen über ihre damaligen Ansichten berichten.
Kaum ein Versuch, die eigene Rolle zu rechtfertigen, kaum ein Versuch, die barbarische Verrohung an der Front zu verharmlosen. Hier hört man von unglaublichen Erlebnissen im brutalen Krieg im Osten, von der Verblendung einer jungen Generation auf beiden Seiten. Allein dies macht die Dokumentation zu einem äußerst sehenswerten Ereignis. Es ist aber nicht nur die individuelle Sichtweise, die hier zum Ausdruck kommt. Der "Fall Barbarossa" wird auch nach seiner Bedeutung für die beiden Diktatoren Hitler und Stalin sowie für deren militärische Führungselite untersucht. Berücksichtigung findet dabei vor allem die Ideologie von "Blut und Boden", welche die Nazis von Anfang an als Maßstab an diesen Feldzug anlegten und somit dafür sorgten, dass dieser Kriegsschauplatz zu einem furchtbaren Ort ohne Regeln und Gesetze wurde.
Die Doku ist zu diesem Thema sicherlich das Beste, was in den letzten Jahren produziert wurde. In ihrer ausgewogenen Darstellung merkt man ihr den britischen Ursprung an; moralische Verurteilungen sucht man hier vergebens. Ein Stück seriöse Geschichtsschreibung, das die deutsche Aggression gegen die Sowjetunion penibel nachzeichnet, jedoch die Gräueltaten auf beiden Seiten nicht vergisst. --Constanze Quanz
Aus heutiger Sicht erscheint es kaum vorstellbar, dass Hitler glaubte, die Sowjetunion, das größte Land der Erde, in kurzer Zeit militärisch besiegen zu können. Auch Stalin hielt eine Invasion der Wehrmacht selbst noch 1941 nicht für denkbar. Teil 1: Der Überfall Die Dokumentation schildert die Erfolge der ersten Monate des Krieges gegen die Sowjetunion, in denen sich die "Blitzkrieg"-Taktik zu bewähren schien. Die gewonnenen Schlachten bestärkten Hitler in seinen Plänen. Und hinter der Front begannen bereits die Verbrechen der SS und der Wehrmacht. Teil 2: Der Terror Folge 2 beschäftigt sich mit dem Leid der Zivilbevölkerung. Hitlers Krieg war ein Vernichtungskrieg. Er wollte die eroberten Gebiete rücksichtslos ausplündern. Nur ein Teil der Bevölkerung sollte aus der Sicht der Nazis als Sklavenarbeiter überleben. Bewegende Einzelschicksale machen die Ereignisse anschaulich. Teil 3: Der Wendepunkt Noch im Frühjahr 1942 schien die Rote Armee keine Chance zu haben, die Wehrmacht jemals zurückzuschlagen. Doch schon im Herbst erlebten die Deutschen eine der schwersten Niederlagen ihrer Geschichte. In Stalingrad, im Häuserkampf Mann gegen Mann, fiel die Entscheidung. Teil 4: Die Vergeltung In der Schlussphase des Krieges zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion eskalierten die Grausamkeiten gegen Zivilisten. Militärisch war der Krieg längst entschieden, doch für die Menschen brachte er noch einmal millionenfaches Leid. Überlebende Opfer und Täter erzählen was sie erlebten.