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TV-Kritik/Review: Die Bibel

TV-Kritik zum österlichen VOX-Event - von Gian-Philip Andreas
(17.04.2014)

Die "Stars" der Bibel: Judas (Joe Wredden), Jesus (Diogo Morgado) und Maria (Roma Downey).
Die "Stars" der Bibel: Judas (Joe Wredden), Jesus (Diogo Morgado) und Maria (Roma Downey).


Mark Burnett ist ein rechtschaffener Reality-TV-Produzent, er steckt hinter  "Survivor" und  "The Voice". Seine Frau Roma Downey ist eine katholische Schauspielerin und war im CBS-Dauerbrenner  "Ein Hauch von Himmel" jahrelang als Engel unterwegs. Gemeinsam haben sie eine Mission: Alle Menschen sollen die Bibel kennen! Natürlich, sagen sie, hätten sie dabei keine Indoktrination, sondern Bildungsförderung im Sinn: Ohne Kenntnis der Bibel, schrieben sie im März 2013 im Wall Street Journal, könne sich schließlich niemand gebildet nennen. Und überhaupt: Unser Wissen über die Antike sei wesentlich in der Bibel zu finden. Lasst das mal nicht die alten Griechen hören!

Wie wichtig sowohl das Alte als auch das Neue Testament für alle Teilbereiche der (westlichen!) Kultur waren und noch immer sind, darüber besteht kein Zweifel. Umso großartiger wäre es, wenn tatsächlich mal jemand eine kluge, interessante, spannende Verfilmung dieser grundlegenden Textsammlungen zustande brächte. Denn was wir bisher hatten, waren Monumentalfilme aus den 1950ern und 1960ern, ein New-Age-befeuertes Musical ("Jesus Christ Superstar") sowie eine 21-teilige Reihe von Bibel-Fernsehfilmen mit internationalem Cast, die in den 1990ern von der Kirch-Gruppe produziert wurde. Anspruchsvollere Projekte (etwa Pasolinis "Matthäus-Evangelium" von 1964) liefen am Mainstream stets vorbei.

Was aber Downey und Burnett für den amerikanischen History Channel zusammengestoppelt haben, zerstört schon in den ersten Minuten jede Hoffnung auf eine ernsthafte Beschäftigung mit der Heiligen Schrift: Die "komplette" Bibel in zehn dreiviertelstündigen Folgen wollen sie bieten. Fünf Episoden Altes Testament, fünf Episoden Neues Testament. Alles was man wissen muss, von der Schöpfung bis zur Offenbarung! Doch was man im History Channel womöglich für ein Bildungsprogramm halten sollte, entpuppt sich schnell als bloßes Propagandaunternehmen, als televisionärer Missionierungsversuch, an dem sich erwartbarerweise kein Star die Hände schmutzig machen wollte: Besetzt wurde  "Die Bibel" mit meist britischen Darstellern aus der zweiten Reihe, nur Downey selbst ließ es sich nicht nehmen, als Jungfrau Maria (wer auch sonst?) aufzutreten. Sie und Burnett erklären den wenig prominenten Cast freilich damit, man habe bewusst auf Stars verzichtet, um nicht vom heiligen Kern der Geschichte abzulenken. Soso.

Was die Macher von ihrem Publikum halten, ist schon an den extensiven Vor- und Rückschauen in jeder Episode abzulesen. Endlose "Previously on"-Rückschauen und noch ausführlichere "Next time on"-Vorschauen vor und nach jeder neuen Episode nehmen einen beträchtlichen Teil der Spieldauer ein. Penetrante Binnen-Rückblenden und enervierende Wiederholungen der zentralen Dialogzeilen buhlen um das Dranbleiben noch der Gedankenlahmsten. Eine Serie als Exerzitium, ganz nah am Kommunionsunterricht.

Moses (Will Houston) führt das Volk Israel aus Ägypten.
Moses (Will Houston) führt das Volk Israel aus Ägypten.

Schon dieser Anfang: Da wird prospektiv im Eiltempo durch alles, was da noch kommen wird, durchgeskippt, von Gottes Schöpfung bis zu Jesu Tod am Kreuz. Schnell wird klar, welches Programm hier zu erwarten ist: Die Bibel ist in dieser fundamental-christlichen Sicht eine zielgerichtete narrative Einheit, verstanden als heilige Worte einer Richtinstanz. Kaltschnäuzig ignoriert wird somit die seit Jahrhunderten unstrittige Tatsache, dass beide Testamente das kompilatorische Werk einer Vielzahl von Autoren sind, die Bibel mithin eine Anthologie ist, an der vor ihrer Kanonisierung zahlreiche Menschen mit unterschiedlichen Agenden mitgeschrieben haben.

Auch die Darstellung Gottes erfolgt aus dezidiert christlicher Perspektive: Meistens hören wir nur die Stimme des Herrn aus dem Off (mit viel Hall!), doch mit Stammvater Abraham aber trifft er sich auch zum Pläuschchen. Sein Gesicht ist zwar nicht zu sehen, doch im Anschnitt sieht man sein jugendlich langes Haar wallen: Wenn das mal nicht Jesus Christus ist, der da spricht! Was wohl jüdische Zuschauer dazu sagen, deren Glaube sich bekanntlich ebenfalls auf das Alte Testament bezieht? Natürlich muss man von einer Bibel-Serie nicht zwangsläufig einen neutralen Blick erwarten, obwohl gerade das interessant wäre: eine Beschäftigung mit den biblischen Geschichten, die nicht ausschließlich durch die christliche Brille gefiltert ist. In "Die Bibel" aber verkünden schon die anfänglichen Titel, dass die Schrift hier beim Wort genommen wird: "Diese Serie versucht dem Geist der Schrift treu zu bleiben."

In diesem Verkündigungstonfall geht es dann weiter: Aus dem Off werden Politiker mit Bibelzitaten eingespielt, Keith David führt als Erzähler mit donnerndem Weihe-Pathos durch die Jahrtausende. Plötzlich steht Noah sturmgepeitscht auf seiner Arche und übernimmt armerudernd den Erzählerpart: Wem er da, im outrierenden Duktus eines Provinzbühnenmimen, die Schöpfungsgeschichte erzählt, den Giraffen oder den Affen, das bleibt ungeklärt und ist nicht weiter wichtig, da wir uns dann schon (schwuppdiwupp!) in der Abrahamsgeschichte befinden.

Ein weiteres Problem wird deutlich: Vom Anspruch, die "komplette Bibel" seriell aufzubereiten, kann keine Rede sein. Vielmehr haben wir es hier mit einer Art "Reader's Digest: Heilige Schrift" zu tun, die im Tempo des Gehetzten von Highlight zu Highlight springt und dabei kein dramaturgisches Konzept erkennen lässt: Die Schöpfungsgeschichte gibt's als Zeitraffer-Montage, nach Abraham und Isaak, Sodom und Gomorrha kommt direkt Mose, dann Josua, Samson und Delila, schließlich die Könige Saul und David. Warum zum Beispiel eine derart zentrale Erzählung wie die Josephsgeschichte außen vor bleibt und andere Erzählstränge (z. B. Ishmael) bedeutungsschwanger angerissen und dann fallengelassen werden, bleibt ein Rätsel. Auch die Geschichten der Episodenhauptfiguren (erste Folge: Abraham, zweite Folge: Mose, dritte Folge: Josua und Samson), werden allenfalls skizziert.

"Die Bibel" scheitert dabei auf zahlreichen Ebenen. Allein das Vorhaben, allegorische Bibelgeschichten als psychologisch-realistische Figurendramen erzählen zu wollen, kann einfach nicht gelingen - besonders grotesk zu besichtigen ist das in der Konstellation von Pharao Ramses und Mose, die hier als Familiendrama angelegt ist und sowohl von den grimassierenden Knattermimen als auch von papiernen Predigerdialogen ruiniert wird. In solchen Momenten wird deutlich, um wie viel ehrlicher da ein Trickfilm wie "Der Prinz von Ägypten" oder eben die alten Kino-Bibelschinken sind: Die nehmen die biblischen Geschichten als Steinbruch für (moralische) Genre-Erzählungen, Thriller, Dramen, Actionfilme, Komödien. Womöglich ist das das Vernünftigste, was man damit machen kann.

Vernunft jedenfalls ist in "Die Bibel" nicht gern gesehen, denn hier regiert die manipulative Lenkung, begleitet vom pompös-klebrigen Soundtrack mit Säusel-Gesang und Ethno-Getrommel. Wenn die Israeliten dem Roten Meer entronnen sind, wird am anderen Ufer "Freedom!" geschrien, und goldige Kinder, denen die Zahnpflege des 21. Jahrhunderts ins Gebiss geschrieben sieht, liegen sich lachend in den Armen, während am anderen Ufer Schuft Ramses brüllend am Strand steht. Dabei spricht man Bühnen-Britisch - selbst Fundamentalkatholik Mel Gibson war da schon weiter, als er die Protagonisten seines Torture Porn "Die Passion Christi" historisch akkurat Aramäisch sprechen ließ. Nicht so im "History Channel"! Hier metzeln Engel mit roter Kapuze (ethnisch markiert als Asiaten und Afroamerikaner) die fiesen Sodomiten und die Verteidiger Jerichos mit blutigem Schwert nieder, als solle ein wenig Splatter-Action aus Filmen wie "300" in die Serie importiert werden; und die protestantische Versagungsethik sorgt für eine pflichtschuldige Dosis Klemm-Erotik, wenn etwa Abraham schuldigen Blickes aus dem Lotterbett der Sklavin Hagar steigt (die sich darin befriedigt wälzt). "True to the book" ist hier praktisch nichts. Hauptsache, der Erlöser wartet am Horizont. Und das tut er.

Ende Februar ist in den USA ein Zusammenschnitt von "Die Bibel" ins Kino gekommen ("Son of God"), dabei wurde auch die Satans-Figur entfernt, die gelegentlich blaugesichtig durch die Szene stakst: Es hatte Vorwürfe gegeben, dass des Teufels Physiognomie an Barack Obama erinnere. Dass den Machern eine solche Perfidie überhaupt zugetraut wird, muss freilich nicht verwundern angesichts einer Serie, an der als "Berater" zahlreiche evangelikale Priester mitgewirkt haben. Von der amerikanischen Kritik jenseits der christlichen Special-Interest-Fraktion wurde "Die Bibel" weitgehend ignoriert, beim Bible-Belt-Publikum war die Serie dagegen ein Riesenhit. VOX legt sie nun seinen frommen Zuschauern ins Nest - ein besonders fauliges Oster-Ei.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Die Bibel".

Meine Wertung: 1/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: History Channel


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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