Deutsche TV-Premiere: 19.05.2015 (arte)
Nachdem der französische Journalist und Satiriker Karl Zéro bereits erfolgreich Chirac, George W. Bush, Castro und Putin zum Sprechen gebracht hat, gibt er in der neuen Folge der "Hautnah"-Reihe Kim Jong Un das Wort, der sich 2011 quasi ohne jedes Zutun am Steuerrad Nordkoreas wiederfand. Offenherzig erzählt Kim Jong Un von seinem Studium in der Schweiz und wie er - mangels Alternative in der Familie - plötzlich heimgeholt wurde, als sein Vater Kim Jong Il sein Ende nahen sah. Bei seiner öffentlichen Selbstkritik in typisch stalinistischer Manier lassen die Filmemacher den jungen Staatschef seine "Scham" und "Verzweiflung" darüber zum Ausdruck bringen, dass er eigentlich vom Kapitalismus träume. Ginge es nach ihm, sollten seine Landsleute nach über 60 Jahren Diktatur endlich von der Kim-Dynastie befreit werden. Und so kann er sich auch nur darüber wundern, dass noch niemand diesem Schurkenstaat ein Ende bereitet habe. Amerika zum Beispiel. Obama verurteilt die Diktatur aufs Strengste, doch dann - Funkstille! Der amerikanische Präsident, mutmaßt der frischgebackene "Oberste Führer", habe wohl wichtigere Probleme in seiner Nähe zu regeln. Und China? Die gaukelten ihm vor, er sei ein wichtiger Bündnispartner, doch mal ehrlich: Peking interessiere doch nur, dass es die Bodenschätze Nordkoreas weiter unbehelligt plündern könne. Zumal sie genau wüssten: Wenn Jong Un fällt, kommen die Nordkoreaner in Massen. Daher wolle ja auch Südkorea im Grunde keine Wiedervereinigung, da dann 23 Millionen Bettler vor der Tür stünden. Was - so das Fazit von Kim Jong Un - bliebe ihm also anderes übrig, als die Welt mit Gewalt aufzurütteln: Jede Atomrakete, jedes versenkte südkoreanische Kriegsschiff sei letztlich nur ein Hilferuf: "Holt uns hier raus! Erklärt uns den Krieg und macht endlich Schluss mit dem Spuk!" Satire, Analyse, Enthüllung? Spitzfindig schlüpfen die Autoren in die Haut von Kim Jong Un und verwirren die Perspektiven. Es ist am Zuschauer, die vielen unveröffentlichten und aufschlussreichen Archivaufnahmen zu interpretieren und Wahrheit und Inszenierung voneinander zu unterscheiden.
(arte)
Cast & Crew
- Regie: Karl Zero, Daisy D'Errata