Originalpremiere: 16.05.2005
10.11.2005
FSK 12
Amerika, 1933. Die junge Gangstertochter Grace (Bryce Dallas Howard) befindet sich mit ihrem Vater (Willem Dafoe) und dessen Bande auf einer Reise durch die Südstaaten, als ihre Autokolonne von einer aufgeregten schwarzen Frau aufgehalten wird. Gegen den Rat ihres pragmatischen Vaters steigt Grace aus und kann gerade noch die Auspeitschung eines Schwarzen verhindern. Empört darüber, dass die seit 70 Jahren offiziell abgeschaffte Sklaverei hier noch immer nicht ausgerottet ist, stellt sie die auf dem Totenbett liegende Plantagenbesitzerin (Lauren Bacall) zur Rede. Doch die greise Dame verspottet Grace und schließt für immer die Augen. Von einigen bewaffneten Männern ihres Vaters beschützt, übernimmt Grace das Kommando und beschließt, die misstrauischen Sklaven in die Freiheit zu führen. Mit großem Enthusiasmus, den die an Unterdrückung gewöhnten Arbeiter nicht teilen, lässt sie das verwahrloste Gut wieder herrichten und die Felder bestellen. Doch eine unerwartete Missernte führt zu einer großen Hungersnot. Die alte Wilma (Mona Hammond) kann die Entbehrung nicht mehr ertragen und verschuldet so den Tod eines Kindes, dessen Nahrung sie stiehlt. Grace muss das über die Missetäterin verhängte Todesurteil vollstrecken. Eine Affäre mit dem stolzen Timothy (Isaach De Bankolé) führt dazu, dass ihr die Kontrolle über Manderlay immer weiter entgleitet. Der weise alte Wilhelm (Danny Glover) erklärt Grace schließlich, dass die Sklaven nicht an der Freiheit interessiert sind. Sie haben Grace als Nachfolgerin ihrer verstorbenen "Mam" gewählt. Die faszinierende Fortsetzung des amerikakritischen Theaterfilms "Dogville", für dessen Regieleistung Lars von Trier mit dem europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde, spielt erneut in einem imaginären Raum. Die auf den bräunlichen Boden aufgemalte Stadt Manderlay ist ein Modell, umgeben von gespenstischer Leere. Auch die Plantage besteht aus einem aufgezeichneten Plan, nur durch spärliche Requisiten ergänzt. Inspiriert von einem Text Jean Paulhans über "Das Glück der Sklaverei", präsentiert von Trier eine rabenschwarze Lehrfabel mit der bitteren Pointe, dass die Sklaven die sichere Hut geregelter Unterdrückung nicht zugunsten einer ungewissen Freiheit aufgeben wollen. Gelungen ist dieses Kino-Experiment, weil Film und Theater sich in einer verblüffenden Synthese gegenseitig ergänzen. Dank seines hervorragenden Ensembles, zu dem auch Lauren Bacall gehört, ist "Manderlay" eine außergewöhnliche Filmerfahrung.
(ARD)