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TV-Kritik/Review: "Oderbruch": "True Detective" im deutschen Niemandsland?

von Christopher Diekhaus
(18.01.2024)
In die Knochen kriechende Mystery-Crime-Serie über mysteriösen Leichenberg
Blutige Geheimnisse erwarten Maggie Kring (Karoline Schuch) bei der Rückkehr in ihr Heimatdorf.
ARD Degeto/ CBS Studios/ Syrreal Entertainment
TV-Kritik/Review: "Oderbruch": "True Detective" im deutschen Niemandsland?/ARD Degeto/ CBS Studios/ Syrreal Entertainment

Erst vergangene Woche startete mit  "True Detective: Night Country" die vierte Staffel der von Nic Pizzolatto erdachten, stark auf Atmosphäre setzenden Anthologie-Krimi-Saga. Jodie Fosters Ermittlungen im eiskalten und düsteren Alaska hat man beim Anblick der ARD-Serie  "Oderbruch" immer mal wieder vor Augen, tun sich zwischen den Produktionen doch einige Gemeinsamkeiten auf: Hier wie dort verschlägt es uns in einen einsamen Landstrich. In beiden Fällen steht die Polizei vor einem gruseligen Leichenberg, in dem sich urplötzlich noch etwas Leben regt. Ominöse Symbole tauchen auf. Und übernatürliche Elemente infizieren die in Gang kommenden Nachforschungen. Arend Remmers, Adolfo J. Kolmerer und Christian Alvart, die Schöpfer des achtteiligen deutschen Mystery-Crime-Thrillers, gehen, was den letzten Punkt betrifft, allerdings einen Schritt weiter. "Oderbruch" flirtet nicht nur mit dem Fantastischen, sondern baut es ganz konkret in die Handlung ein.

Dass Polizeiarbeit und Grusel zusammenfinden, kommt hierzulande im TV nur äußerst selten vor. 2017 lief im Ersten der Frankfurt- "Tatort" mit dem Untertitel "Fürchte dich", der tatsächlich die Unverfrorenheit besaß, die sonst so realitätsverbundene Reihe in ein Horrorstück zu verwandeln. Abseits dieses etablierten und beliebten Formats aber war die Kombination Krimi und Paranormales im deutschen Fernsehen Jahre lang nahezu unmöglich, da sie das Gros der Zuschauer verprellen würde - so die von den Senderredaktionen vertretene Meinung.

Inzwischen hat sich, wohl durch den Erfolg vieler Schauer- und Thriller-Stoffe im Streaming-Bereich, zum Glück etwas getan. "Oderbruch", übrigens mit Hilfe der US-amerikanischen CBS Studios entstanden, ist dafür das beste Beispiel. Als unermüdlicher Kämpfer für abgründiges heimisches Genreschaffen trat seit den Anfängen seiner Karriere der Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Produzent Christian Alvart in Erscheinung. Ob der Serienkillerstreifen  "Antikörper", der international besetzte, in Babelsberg gedrehte Science-Fiction-Reißer  "Pandorum", der Inselkoller  "Abgeschnitten", der Wendethriller  "Freies Land" oder die bald in ihre dritte Staffel gehende Pandemieserie  "Sløborn" - immer wieder beackert der Filmemacher Felder, die in Deutschland weitestgehend brachliegen. Über die Qualität seiner Werke lässt sich sicher streiten. Hochachtung verdient Alvarts Beharrlichkeit jedoch allemal.

Roland Voit (Felix Kramer) begutachtet den monströsen Leichenhaufen.
Roland Voit (Felix Kramer) begutachtet den monströsen Leichenhaufen. ARD Degeto/ CBS Studios/ Syrreal Entertainment

Zusammengetan hat er sich für "Oderbruch" mit Arend Remmers und Adolfo J. Kolmerer, die als Drehbuchautor bzw. Regisseur der originellen schwarzen Komödie  "Schneeflöckchen" 2017 erstmals auf sich aufmerksam machen konnten. Das Ergebnis ist, so viel lässt sich nach Sichtung der ersten drei Folgen sagen, ein reizvoller Spagat zwischen Ermittlungsarbeit, Vergangenheitsbewältigung, deutscher Hinterlandtristesse und übernatürlichem Schrecken. Anders ausgedrückt: Durchaus eine Bereicherung für das noch immer dem klassischen Krimiformat sehr verhaftete deutsche Fernsehen.

Ein Polizist kehrt in sein Heimatdorf zurück, um einen mysteriösen Fall zu untersuchen - das Grundgerüst ist vertraut. Schon das Verbrechen, um das es geht, überschreitet aber gewohnte Muster. Das LKA bittet - um nicht zu sagen zwingt - Kommissar Roland Voit (Felix Kramer), Krewlow, den im Oderbruch, nahe der polnischen Grenze gelegenen Ort seiner Kindheit, aufsuchen, weil dort auf einem nicht mehr bestellten Feld ein gigantischer Leichenberg gefunden wurde. Sind in "True Detective: Night Country" bloß ein paar Wissenschaftler zu einem grotesken Eishaufen verschmolzen, stapeln sich hier die Toten, darunter auch Tierskelette, regelrecht. Wie alsbald herauskommt, stammen die Überreste mindestens aus den letzten 50 Jahren.

Neben Voit, der als Ortskundiger Unterstützung leisten soll, will sich auch der polnische Polizist Stanislaw Zajak (Lucas Gregorowicz) ein Bild vom Grauen in Krewlow machen. Der Anzugträger und sein eher leger gekleideter deutscher Kollege heben sich zwar optisch voneinander ab. Das Genrestereotyp der sich ständig in die Wolle kriegenden Ermittler, die nur langsam aufeinander zugehen, erfüllen sie allerdings nicht. Was dennoch auffällt: Zajak scheint eine eigene Agenda zu verfolgen, weiht Voit längst nicht in jeden seiner Schritte ein.

Maggie (Karoline Schuch) besucht das Grab ihres Bruders.
Maggie (Karoline Schuch) besucht das Grab ihres Bruders. ARD Degeto/ CBS Studios/ Syrreal Entertainment

Auch Rolands Jugendliebe Magdalena "Maggie" Kring (Karoline Schuch), eine ehemalige Polizistin, tritt eher widerwillig den Weg nach Hause an. Nach dem Tod ihres Bruders Kai (Julius Gause) im Jahr 1997 verlor sie den Halt unter den Füßen und kehrte Krewlow den Rücken. Nun soll sie ihren Vater Arthur (Volkmar Kleinert) dazu bewegen, sein Haus zu verlassen und mit der in einer kleinen Zeltstadt am Leichenfundort eingerichteten Soko zu sprechen. Schließlich liegt der Totenberg auf seinem Grund und Boden.

Wie so oft sind es die Geister der Vergangenheit, die auch in dieser Serie ihr Unwesen treiben. Neben Kais Tod, dessen Umstände mysteriös sind, haben sich in Krewlow und Umgebung diverse andere merkwürdige und unschöne Ereignisse zugetragen. Darin verwickelt sind offenbar einige von Krings und Voits Verwandten. Ausgangspunkt vieler fließend eingebundener Rückblenden ist Maggie. Durch ihre Augen nehmen wir teil an früheren Geschehnissen und bekommen ein Gefühl für das Verhältnis zu ihrem Bruder und die Dynamik in ihrer Clique, der auch der junge Voit (Maximilian Ehrenreich) angehört.

Ein weiterer Handlungsstrang führt über die Grenze in ein polnisches Internat, das eher den Charme einer Strafanstalt hat. Karg und unbehaglich ist die Einrichtung, in der sich die junge Ilona (Nicola Magdalena Lüders) einzuleben versucht. Wie genau dieser Schauplatz mit dem Rest der Geschichte zusammenhängt, bleibt zunächst unklar. Gewisse Andeutungen - Stichwort: Blut - stellen jedoch erste Verbindungen her.

Schicksalsschläge, schockierende Erkenntnisse, Manipulationen und frühere Verbrechen sind der Nährboden, auf dem die Rätsel in "Oderbruch" gedeihen. Lautes Geraune über große Schuld gibt es natürlich auch in dieser Serie. Hier und da fällt ein kryptischer, allzu bedeutungsschwangerer Satz. Den Bogen überspannen Headautor Arend Remmers und seine Mitstreiter aber nicht und verhindern so, dass ihre Erzählung ins Lächerliche abdriftet. Wenn etwas stört, sind es nur kleine Dinge: Warum zum Beispiel muss die mittlerweile als Bäuerin arbeitende Maggie mit ihren von einer Schlachtung noch blutverschmierten Stiefeln nach Krewlow reisen? Ist das nicht etwas drüber? Gäbe es bei einem Leichenfund wie diesem nicht ein viel größeres Medieninteresse? In den ersten Episoden hält sich die Presse jedenfalls erstaunlich zurück. Ein bisschen amüsant ist auch, wie schnell Ergebnisse von Obduktionen und DNA-Tests vorliegen. Andererseits gehört Verdichtung natürlich zum dramaturgischen Handwerk. Immerhin soll es spannend bleiben.

Kann Stanislaw Zajak (Lucas Gregorowicz, hinten rechts) seinen Kollegen Roland Voit (Mitte) aus der Schusslinie bringen?
Kann Stanislaw Zajak (Lucas Gregorowicz, hinten rechts) seinen Kollegen Roland Voit (Mitte) aus der Schusslinie bringen? ARD Degeto/ CBS Studios/ Syrreal Entertainment

Gut tut der Serie vor allem eins: In "Oderbruch" tummeln sich nicht die üblichen deutschen Fernsehgesichter. Viele Rollen sind stattdessen mit weniger prominenten Schauspielern besetzt, die ihren Figuren kompetent Leben einhauchen. Zu den bekannteren Darstellern im Ensemble gehören Andre Hennicke, der den unvermeidlichen Dorfirren Paul Möbius gibt, und Charakterkopf Winfried Glatzeder als Voits Vater Justus.

Was den Machern außerdem gelingt: Das Gefühl des Stillstands, der Trostlosigkeit einzufangen, das Krewlow umgibt. Den Oderbruch, einen im Osten Brandenburgs gelegenen, wasserreichen Naturraum, inszenieren die Regisseure Adolfo J. Kolmerer und Christian Alvart als Ort, an dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Handys und andere technische Errungenschaften gibt es sehr wohl. Die meisten Menschen wohnen aber in schlecht ausgeleuchteten Häusern, deren altmodische Einrichtung geradezu erdrückend wirkt. Passenderweise ist den Bildern oft jede Farbe entzogen. Etwas freundlicher, heller und klarer sind interessanterweise die Flashbacks, die in anderen Filmen und Serien häufig entsättigter daherkommen.

Ob "Oderbruch" rundum überzeugen kann, lässt sich nach drei Episoden noch nicht beurteilen. Entscheidend wird sein, wie die kreativen Köpfe den Kriminalfall und den Horroraspekt verzahnen. Ein willkommener Farbtupfer in der deutschen TV-Landschaft ist die Serie trotzdem. Darauf kann man sich schon zur Halbzeit festlegen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei von insgesamt acht Folgen der Serie "Oderbruch".

Meine Wertung: 3.5/5

Die Serie "Oderbruch" ist ab dem 19. Januar in der ARD Mediathek verfügbar. Am 19. und 26. Januar erfolgt die Ausstrahlung im linearen TV, ab 22.20 Uhr jeweils mit vier Folgen am Stück.


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Leserkommentare

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  • Old School schrieb am 20.01.2024, 22.16 Uhr:
    Da in der 4. Folge das "Geheimnis" der Story gelüftet wird, ist es verständlich das hier nur über die ersten 3 Folgen geschrieben wird. Die sind übrigens sehr gut! 
    Nur ab der Hälfte der 4. wirds dann etwas abgedreht. Hab die 5. noch so nebenher laufen lassen, ob ich den Rest noch angug? Vielleicht wegen den guten Schauspielern. Jedenfalls besser als diese Koma-Bäumchen-wechsel-dich Story vom Donnerstag bei Nord Nord Nordost oder wie das heißt mit dem Tierpolizist wo noch Landarzt dazu ist. 😜
  • Viewer758 schrieb am 19.01.2024, 20.45 Uhr:
    Eine Serie nach 3 von 8 Folgen zu bewerten geht gar nicht. Das kann man vielleicht am Stammtisch machen, aber nicht wenn man als Kritiker ernst genommen werden möchte. Thema verfehlt. Sechs, Setzen!
  • SAMMALONE schrieb am 19.01.2024, 07.12 Uhr:
    Jetzt mal abgesehen von der fehlenden spoilerwarnung…
    Für mich ist eine Kritik etwas objektives. Zumindest sollte sie objektiv sein.
    Der Artikel hier ist aber sehr viel Meinung..
    Die Kritik an oderbruch zu einer Kritik an deutschen Krimis/ der deutschen fernsehlandschaft werden zu lassen ist einfach nur grotesk. Es ist ja schön für den Autor, dass seinem Geschmack anscheinend mittlerweile mehr genüge getan wird. Aber der Großteil der Menschen schaltet einen Krimi ein um einen Krimi zu sehen. Wer Horror sehen will, schaltet Horror ein. Abwechslung, die der Tatort durchaus bietet, schön und gut und wichtig.
    Aber wenn ich eine Kritik zu oderbruch schreibe, sollte ich eine Kritik zu oderbruch schreiben, und nicht meine Meinung/meinen Wunsch zu mehr suspense im deutschen Fernsehen äußern.
    Ansonsten könnte man auch schreiben, es müsste wieder mehr wie „der Kommissar“ im Fernsehen geben wenn man eine Kritik zu csi schreibt, denn viele würden gerne mal wieder einen Kommissar wie Keller sehen…
    Wenn eine Kritik (Zuviel) subjektives enthält verfälscht sie.
    Ist die nächste Kritik vom Autor dann negativ wenn die nächste deutsche Krimi Serie nicht seinen Weg beschreitet, mehr suspense zu zeigen? Wie wäre seine Kritik gewesen wenn er ein Freund von Derrick wäre und sich eine Rückkehr zu solchen Formaten wünschen würde?
    Ich finde es auch immer lustig, das „alle“ Kritiker immer sagen „Police Academy“ 1 war super, 2-4 waren gut und danach war grottenschlecht weil es immer der gleiche Humor war. Warum wohl schaut jemand Police Academy? Weil er Dialoge wie Shakespeare möchte? Oder weil er Michael Winslow als soundmachine und George Gaynes als trotteligen Kommandanten sehen möchte?
    Eine Meinung ist leider keine Kritik.
  • Maître Henri schrieb am 06.02.2024, 11.02 Uhr:
    Eine Rezension beinhaltet meist zwei Dinge: eine Inhaltsangabe und eine persönliche Bewertung des Gelesenen/Gesehenen. Während die Inhaltsangabe dabei sachlich bzw objektiv ausfällt, ist die Bewertung (Kritik) einzig und allein dem Gutdünken des Rezensienten überlassen. Kritik und persönliche Meinung sind also durchaus kompatibel.
  • User 65112 schrieb am 22.01.2024, 21.07 Uhr:
    Falsch gedacht, jede Film/Fernseh/Theater/Buch-Kritik ist komplett Meinung. Was nicht heißt, dass ein guter Kritiker nicht objektive Kriterien anlegt, um einen journalistischen Bewertungsrahmen herzustellen.
  • Martina schrieb am 18.01.2024, 21.24 Uhr:
    Wie wär's mit ner Spoilerwarnung für alle, die Night Country noch nicht gesehen haben und es noch wollen!
    Ansonsten hat es schon seinen Grund, warum Übernatürliches nur selten Einzug in deutsche Serien hält. Wollen ist halt nicht Können und wer zu sehr Ami-Formate kopiert, fällt damit hierzulande zwangsläufig auf die Nase.
  • Martina schrieb am 19.01.2024, 14.25 Uhr:
    Das ist möglich. Die Geschmäcker sind ja immer unterschiedlich.
  • Sentinel2003 schrieb am 19.01.2024, 13.08 Uhr:
    Nicht unbedingt, es gibt schon einige, gute deutsche Formate über die Mediatheken von ARD undd ZDF!