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Auf gute Nachbarschaft? Wenn es doch überall so einfach wäre. Gerade mit Beginn der warmen Jahreszeit hat Nachbarschaftsstreit Hochkonjunktur! Ein qualmender Grill, quakende Frösche im Gartenteich oder dröhnender Lärm durch den Rasenmäher - mit den steigenden Temperaturen erhitzt sich oft auch die Stimmung unter den lieben Nachbarn. Wo einst Tür an Tür ein fast freundschaftliches Verhältnis herrschte, ist plötzlich der Krieg am Gartenzaun ausgebrochen. Es wird gegenseitig provoziert, schikaniert, beleidigt. Gestern noch idyllische Doppelhaushälfte - heute der Vorplatz der Hölle. Oft zieht sich der Clinch über Jahre hin, Anwälte werden bemüht und verdienen sich glücklich an der Ausdauer und Beharrlichkeit der Streithähne. Michael Steinbrecher spricht mit genervten, gequälten und glücklichen Nachbarn in "Der liebe Nachbar - Freund oder Feind?", am 12. Mai 2017 um 22 Uhr im SWR Fernsehen. Kaum war Ulrike Brehmer in ihr neues Zuhause eingezogen, ging es los mit dem Ärger im Hause nebenan. Es begann damit, dass der Hahn angeblich zu laut krähte und setzte sich fünf Jahre mit vielen Banalitäten fort. "Sie gab nie Ruhe, hatte immer neue Vorwürfe und Beschimpfungen parat", so die Steuerfachgehilfin. Schließlich endeten die Streitigkeiten für zwei Handwerker, die zufällig ins Kreuzfeuer dieser Nachbarschaftsfehde kamen, fast tödlich. Stress mit Nachbarn ist Wilfried Gliem von den Wildecker Herzbuben völlig fremd. Seit Jahr und Tag lebt der Volksmusiker in der hessischen Gemeinde Wildeck: "Von Anfang an hatten wir ein herzliches Verhältnis, haben gemeinsam gefeiert, zusammengehalten und auch ganz bewusst auf Zäune zwischen den Grundstücken verzichtet." Seine Nachbarn gönnen ihm seinen Erfolg und sind stolz, dass er dem kleinen Ort zu großer Bekanntheit verholfen hat. Mit ihren Nachbarn ins Gespräch kommen ist für Peggy Schön oftmals schwierig. Denn in ihrem Münchner Viertel, das in der Nähe mehrerer Kliniken liegt, werden immer mehr Wohnungen für horrende Mieten an arabische Medizin-Touristen vermietet. Seitdem sieht sie sich mit nächtlichem Lärm, Müllentsorgung über Balkone oder beißendem Weihrauchgeruch konfrontiert. Peggy Schön kämpft mit anderen Anwohnern gegen die Zweckentfremdung, bislang mit wenig Erfolg: "Wir fühlen uns komplett hilflos." Karla Carvajal wohnt in der Millionenmetropole Hamburg - von ihren Nachbarn kannte die Medizin-Studentin lange nur den Namen auf dem Klingelschild. Bis ein Flyer in ihrem Briefkasten der Anonymität ein Ende setzte. Denn sie wurde auf ein Internetportal aufmerksam, das Nachbarn miteinander vernetzt. Seitdem treffen sich die Viertel-Bewohner regelmäßig: "Zu unserem Stammtisch kommt Jung und Alt, wir sind miteinander vertraut, unterstützen uns gegenseitig." Mola Adebisi hatte viele unerfreuliche Begegnungen mit seinem Nachbarn, die letzte fand vor Gericht statt. Der TV-Moderator klagte gegen seinen damaligen Nachbarn, einen Rechtsanwalt. Dabei ging es um rassistische Beleidigungen, Lärm und weggeworfene Essensreste. Die Beweislage war schwierig, den Prozess hat Mola Adebisi verloren: "Mittlerweile bin ich weggezogen." Als Konfliktforscher weiß Prof. Dr. Ulrich Wagner, wie heftig sich nachbarschaftliche Streithähne an den Kragen gehen können. Ob überhängende Äste, quakende Frösche oder die Kehrwoche - unterschiedliche Lebensstile führen oft zu Zündstoff. Der Übergang zwischen Aufmerksamkeit, Kontrolle und Denunziation ist fließend. "Die Leute sparen lange auf ihr Eigenheim - deshalb haben die Hecke und das Bäumchen einen hohen symbolischen Wert", so der Sozialpsychologe.
(SWR)
Länge: ca. 90 min.