100 Deutsche Jahre

Am Anfang des 20.Jahrhunderts treiben die Deutschen keinen Sport, sie turnen - massenhaft und gemeinschaftlich. Der Dachverband des Deutschen Turnvereins ist einer der größten Europas. Seinen Körper ganzheitlich gesund zu halten, ist patriotische Pflicht. Erst neue Medien wie das Radio oder die Wochenschauen in den Kinos machen den Sport in Deutschland populär. Mit den Radio-Lifeübertragungen werden die ersten Sport-Stars wie der Boxer Max Schmeling geboren. Für das Kino erweist sich der Automobilrennsport als besonders attraktiv: Rennfahrer wie Rudolf Caracciola oder Bernd Rosenmeyer feiern ihre Siege noch einmal mit dem Kinopublikum. Für die Nationalsozialisten wird Sport zur nationalen Pflicht, der Sportler zur Vorstufe des Soldaten. Die alliierten Besatzungsmächte lösen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konsequenterweise sämtliche Sportverbände und -vereine auf. Die DDR knüpft an die Traditionen der Arbeitersportler an und schafft mit den Betriebssportgruppen eine breite Basis. 'Jedermann, an jedem Ort, jede Woche einmal Sport!', lautet das Motto. Im Systemkampf mit dem Westen wird der Leistungssport zu einem der wichtigsten Instrumente. Konsequente Nachwuchsförderung, ein immenser Einsatz an Mitteln zur Erforschung von 'Technischem Gerät' und leistungssteigernden Präparaten sowie effiziente Trainingsmethoden schaffen das 'Sportwunder DDR'. Im Westen ist es die Fußballnationalmannschaft, welche die Isolation der Nachkriegszeit auf der internationalen Sportbühne bricht. Als die 'Helden von Bern' 1954 überraschend die Fußballweltmeisterschaft gewinnen, ist ganz Westdeutschland im Freudentaumel. Die zunehmende Vermischung von sportlicher Leistung, Starkult, Medienereignis und Marktbedeutung des Sports erreicht mit den Olympischen Spielen 1972 in München einen ersten Höhepunkt. Seit den Achtzigerjahren geht der Trend vermehrt zu den Individualsportarten. Die Siege von Steffi Graf und Boris Becker lösen einen Tennisboom aus, der 'Weiße Sport' wird populär. Fitness-Center entstehen und Jogger stören die Ruhe der Rehe im Wald. Die Devise lautet: jung, schlank, braun, sportlich. Sport ist heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Fernsehanstalten streiten sich um die Übertragungsrechte, und Sportausrüster verzeichnen Rekordumsätze. Aus der 'schönsten Nebensache der Welt' ist heute ein großes Geschäft geworden.