Folgeninhalt
Der 9. November 1989 und der 3. Oktober 1990 markieren außerordentliche Daten deutscher Geschichte. Zum erstenmal finden sich die Deutschen in einem Staat, der die nationale Einheit und die politische Freiheit zugleich verwirklicht - ein Ziel, das seit dem 19. Jahrhundert vergeblich angestrebt worden ist. Das Scheitern des Anschlusses an die westliche Zivilgesellschaft hatte nicht nur im Ersten Weltkrieg zu verhängnisvollen Vorstellungen eines deutschen Sonderweges zwischen Ost und West geführt. In der neuen Konstellation des kalten Krieges nach 1945 stellt sich dieser Konflikt verschärft durch die deutsche Teilung. Die Bundesrepublik und die DDR befinden sich in einer Werte-Konkurrenz: hier Westdeutschland, ein liberaler Rechtsstaat mit den christlichen Werten und Prinzipien der politischen Aufklärung, eingebunden in die westlichen Demokratie-Vorstellungen; dort Ostdeutschland, rein ideologisch legitimiert, ohne Respektierung der Persönlichkeits-, Grund- und Bürgerrechte: die Durchsetzung einer Diktatur. Dieser Werte-Antagonismus ist in den allgemeinen Ost-West-Konflikt eingebettet. Dargestellt werden jedoch nicht primär die Stationen der Diplomatie- und Politikgeschichte, sondern der politische Emanzipationsprozess innerhalb der deutsch-deutschen Beziehungen - vor allem auf östlicher Seite. Während sich im Rahmen der Entspannungspolitik die westdeutsche Seite tendenziell mit dem herrschenden Staatssozialismus abzufinden beginnt, wird er in der DDR durch die Bürgerrechtsbewegung in Frage gestellt und korrigiert. Diese Selbstbesinnung der Menschen auf ihre Bürger- und Freiheitsrechte ist ein wesentlicher Faktor des schließlichen Zusammenbruchs der DDR.
(BR)