Bauern in Europa

Sie ist immer in Eile - Isabelle Sipp, Winzerin, Mutter von zwei Jungs im Alter von acht und zehn Jahren. Besonders während der Weinlese geht es rund und es bleibt so gut wie keine Zeit für ihr Projekt: Sie möchte ihre große Passion, das Kochen, zum Beruf machen und in Colmar eine Kochschule eröffnen. Für Menschen jeglichen Alters, ob erfahren in der Kunst der Küche oder einfache Laien. Ein modernes Apartment am Rande der Altstadt hat sie schon entdeckt und ihren Mann überzeugt, es zu kaufen. "Cardamome" will sie ihr Kochatelier nennen. Der exotische Name ist Programm, denn Isabelle geht es nicht nur um elsässische oder französische Küche, sondern auch um kulinarische Exkursionen in alle Regionen der Welt. Doch bis zur geplanten Eröffnung am 1. Dezember gibt es noch etliche Hürden zu überwinden. Vor allem Ehemann Vincent ist noch nicht ganz von ihrem Projekt überzeugt. Mit Isabelle, Bruder und Schwägerin betreibt er ein Weingut in Hunawihr, einem elsässischen Winzerdorf am Fuß der Vogesen. Ein typischer Familienbetrieb mit 20 Hektar Reben - da kommt es auf jeden an. Vor allem in diesem Jahr. Viel Regen und hohe Temperaturen brachten geradezu tropische Klimaverhältnisse, nun beginnen die Trauben an den Rebstöcken zu verfaulen. Für die Winzer geht es um alles. Während im Weinberg und in der Kelleranlage mit voller Kraft gearbeitet wird, hat Isabelle in der Küche alle Hände voll zu tun. Über 40 Erntehelfer wollen bekocht werden. Und auch im Weinkeller und in den Reben wird Isabelle dringend gebraucht. Ihr feines Näschen ist bei der Verkostung des neuen Mosts gefragt, zusammen mit Vincent gilt es zu entscheiden, in welchem Rebstück als nächstes gelesen werden soll. Beide kommen sie aus alten Winzerfamilien. Vincent hat Weinbau studiert, Isabelle Weinwirtschaft. Sie ergänzen sich eigentlich bestens - doch Isabelles eigene Pläne stellen nun vieles infrage. Vor allem ihre Rolle im Familienbetrieb. Doch mit dem Lebensentwurf einer Winzerfrau wollte sich Isabelle nie zufriedengeben. Sie hat Sprachen gelernt und sich im Kochen weitergebildet. Geweckt wurde ihre Leidenschaft für die Küche von ihrer italienischen Großmutter. In ihrem Heimatdorf Niedermorschwihr machte sie bei ihrer Freundin Christine Ferber, deren Ruhm als "Königin der Marmeladen und Schokoladen" bis nach Japan reicht, eine Konditorlehre. Und sie konnte in exzellenten Restaurants wertvolle Erfahrungen sammeln, so auch beim Dreisternekoch Alain Passard in Paris. Manchmal wird Isabelle bange vor ihrem Projekt, aber gerade dann macht sie sich mit äußerster Professionalität daran, ihren Traum zu verwirklichen. Denn am 1. Dezember, an ihrem Geburtstag, will sie ihre Kochschule mit einem Festessen im Kreis ihrer Freunde eröffnen.