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Das Völkerschlachtdenkmal - 1913 eingeweiht, um an die Befreiungskriege gegen Napoleon 100 Jahre zuvor zu erinnern - sollte in allererster Linie den Gedanken der nationalen Einheit transportieren. Es sollte das größte Nationaldenkmal der Welt und ein "Ruhmestempel deutscher Art" werden. Tatsächlich behielt es seine Funktion als Kultstätte des nationalen Bürgertums nicht allzu lange, schon im Ersten Weltkrieg wurde es volkserzieherisch genutzt, um die Schicksals- und Opfergemeinschaft des Krieges zu beschwören. Wie nicht anders zu erwarten, nutzten vaterländische Verbände während der Weimarer Republik das Denkmal als Ort für Fahnenweihen und zum Gedenken an die Frontsoldaten. Daneben wird es aber auch zu einem schlicht touristischen Ort, zum Ausflugsziel. Die Nationalsozialisten interpretierten das Denkmal völkisch: Man akzentuierte die Rolle der Volksmassen im Kampf um die nationale Einheit. Das Denkmal wurde zum nationalsozialistischen Sakralbau, nun stand es für Soldatentum, Pflichterfüllung, Zucht und Opfer. Die DDR schließlich hob die fortschrittlichen Traditionen der Geschichte aufs Schild: Die DDR wurde zur legitimen Nachfolgerin der patriotischen deutschen Volksbewegung, das Denkmal zum Symbol der deutsch-sowjetischen Freundschaft. Und heute ringt man erneut um eine Neudefinition: Das Denkmal soll jetzt - passend zur europäischen Einigung - als europäisches Friedensmahnmal interpretiert werden.
(SWR)