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23. Juni 1973, Düsseldorfer Rheinstadion. DFB-Pokalendspiel Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln. Es soll das Abschiedsspiel Günter Netzers werden, der nach Real Madrid wechselt. Doch Trainer Hennes Weisweiler wagt das Unmögliche: Er lässt den genialen Spielmacher auf der Bank. Als er ihn nach Protesten der Zuschauer in der Halbzeitpause einwechseln will, weigert sich Günter Netzer. Erst in der Verlängerung greift er ins Spielgeschehen ein, nachdem er sich mit den Worten "Ich spiel dann jetzt" selbst eingewechselt hat. Zwei Ballberührungen reichen ihm zum Siegtreffer. Der Popstar, der Superstar - die lebende Legende - ist noch ein Stück unsterblicher geworden. Geboren wird Günter Netzer am 14. September 1944 in Mönchengladbach am Niederrhein. Dass der Ball sein Freund ist, erweist sich bereits beim 1. FC Mönchengladbach, wo er bis zu seinem 19. Lebensjahr spielt. Danach wechselt er zur Borussia. Dort nimmt ihn Hennes Weisweiler unter seine Fittiche. Doch der junge Mann entwickelt sich anders, als es dem konservativ denkenden Trainer lieb ist. Günter Netzers Haare werden immer länger. Fährt die Mannschaft im Bus vor, biegt er im Ferrari auf den Parkplatz. Gemeinsam mit seiner Freundin lebt er in einer Wohnung, die in erster Linie schwarz ist - Gipfel der Exzentrik in den orange-grün-braunen 70er Jahren. Dass der Fußballer nebenher auch noch eine Disco betreibt, passt glänzend zu seinem Image. 1973 wechselt der Mittelfeldstratege als erster deutscher Spieler überhaupt zu Real Madrid - und verschießt gleich im ersten Spiel einen Elfmeter. Der Star aus Deutschland muss um seine Position bei den Königlichen kämpfen. Er nimmt die Herausforderung an und meistert sie nach einigen Wochen der Eingewöhnung. Die WM 74 im eigenen Land läuft für ihn hingegen nicht so erfreulich: Er spielt insgesamt etwas mehr als 20 Minuten, und das ausgerechnet bei der historischen Niederlage gegen die DDR. Seine aktive Laufbahn lässt er 1976 bei den Grashoppers Zürich ausklingen, bevor er Manager beim Hamburger SV wird. Er holt Branco Zebec und Ernst Happel in die Hansestadt und feiert einen Triumph nach dem anderen, darunter drei deutsche Meisterschaften und den Gewinn des Europapokals der Landesmeister. Günter Netzer, der Mann, der "aus der Tiefe des Raums" kam, lebt heute mit seiner Ehefrau Elvira in Zürich, verdient sein Geld als Executive Director der Schweizer Sportrechte-Agentur Infront und steht auch 33 Jahre nach dem historischen DFB-Pokalsieg von Borussia Mönchengladbach immer noch häufig vor der Kamera: Gemeinsam mit Gerhard Delling bildet er bei Spielen der deutschen Nationalmannschaft das Grimme-Preis-ausgezeichnete Kommentatoren-Duo der ARD.
(WDR)
Länge: ca. 45 min.