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Auf den ersten Blick deutet nur weniges in den martialisch wirkenden Texten Heiner Müllers auf die eigene Lebensgeschichte, die unauffällig in einer deutschen Provinz am 09.01.1929 beginnt. Doch bei genauerem Hinsehen offenbart die gesamte Produktion des Dichters einen biografischen Ursprung. Das traumatische Erleben einer Kindheit unter dem Nationalsozialismus bringt Müller ein Vierteljahrhundert später zum Schreiben, weil man das Erfahrene, das Unaussprechliche verarbeiten muss. Das Jahrhundert, das Müller beschäftigt, ist gezeichnet durch Kriege, Revolutionen, Diktaturen - und die Verwirklichung einer gesellschaftlichen Utopie, die das Ende aller Schrecken versprochen und noch größere Schrecken verbreitet hat. Viele haben nicht verstanden, weshalb Müller trotz politischer Pressionen in der DDR ausgeharrt hat, warum er geblieben und nicht in den Westen gegangen ist - vielleicht sogar nach Amerika, das für ihn immer eine gewisse Faszination besessen hat. Er hat die DDR, den Staat, mit dem sich für ihn so große Hoffnungen und Enttäuschungen verbanden - diese "Fußnote der Weltgeschichte" - nur um ein paar Jahre überlebt.
(rbb)
Länge: ca. 60 min.