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Mittelgroß, mittelalt und manchen nur als "Tatort"-Schauplatz bekannt, beginnt Münsters Erfolgsgeschichte vor rund 1.200 Jahren von der Klostergründung zum Bischofssitz bis zur Hansestadt. Trotz verheerender Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg erscheint die Altstadt wie ein historisches Modell. Rund um das Rathaus des Westfälischen Friedens präsentiert sich eine Welt, die einer mittelalterlichen Puppenstube gleicht. Junge Treppengiebel mit alten Erinnerungen kaschieren die Narben der Vergangenheit. Der konservative Wiederaufbau in den 1950er-Jahren hat der Stadt reichlich Spott eingetragen. Heute liegt die Patina eines halben Jahrhunderts auf Münsters Prinzipalmarkt, und der Lärm der Kritiker ist verstummt. Traditionell katholisch und bodenständig, springt Westfalens heimliche Metropole nicht auf jeden Modezug und steckt voller skurriler Erinnerungen. Am Turm der Lambertikirche hängen drei Käfige, die einst die Leichen der Täufer bargen, hingerichtet als Abtrünnige und Feinde der Kirche. Auf den Anblick dieser grausamen Souvenirs kann seit fast 500 Jahren keine Generation verzichten. An Ritualen, die anderswo längst verschwunden sind, hält Münster dauerhaft fest. Die Stadt leistet sich einen Türmer, der nachts Wache schiebt und alle halbe Stunde das Horn bläst. Ohne diese mittelalterliche Droge können die Münsteraner nicht schlafen. Das mag behäbig und träge sein, vielleicht auch ein bisschen stur. Aber in Münster gehen die Uhren nun mal anders, rinnt der Sand langsamer durch das Stundenglas, und gerade das eher biedere Image verleiht der Stadt eine unglaubliche Attraktion.
(NDR)
Film von Martina Müller
Länge: ca. 45 min.