Im ersten Jahr seiner Amtszeit hat Papst Franziskus mehr verändert als sein Vorgänger in einer wesentlich längeren Zeit. Er setzt Zeichen: gegen Gleichgültigkeit, gegen Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Gewalt - aber auch gegen eine erstarrte Kirche. Der erstmals gewählte Papstname "Franziskus" ist dabei Programm und erinnert an Franz von Assisi, der sich vor 800 Jahren für eine "Kirche der Armen" einsetzte. Es begann in Rom vor gut einem Jahr. Weißer Rauch über der Sixtinischen Kapelle. Nach dem unerwarteten Rücktritt von Benedikt XVI. hat die Katholische Kirche einen neuen Papst. Es ist der erste aus Lateinamerika, der Jesuit und Erzbischof von Buenos Aires Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Kein unbeschriebenes Blatt in Rom. Schon acht Jahre zuvor galt der Argentinier mit italienischen Wurzeln als "papabile". Gleich mit seinem ersten Auftritt auf der Loggia des Petersdomes macht er klar: Es wird sich vieles ändern. Er verzichtet auf die roten Schuhe und den Hermelin-Umhang, als wichtiges Zeichen für die Ökumene nennt er sich zuallererst "Bischof von Rom", und vor allem er bittet um das Gebet der Gläubigen. So spricht kein Machthaber, sondern einer, der der Kirche dienen und auf das Kirchenvolk hören will. Was er als Kardinal in Buenos Aires gemacht hat, setzt er in anderem Maßstab im alten Europa fort. Er wendet sich den Armen und Ausgegrenzten zu, geht hart gegen Missbrauchsfälle vor. Seine Personalpolitik ist darauf angelegt, die Kirche langfristig zu verändern. Frauen und Laien sollen einen größeren Einfluss bekommen. Wie bereits Benedikt ordnet er zudem die vatikanischen Finanzen. Franziskus ist ein Reformer, aber an den Prinzipien der katholischen Lehre wird er nicht rütteln. Er will eine barmherzige und missionarische Kirche. Gerechtigkeit ist ihm wichtiger als ein moralischer Zeigefinger. Er sucht die Nähe zu den Menschen, sein Stil ist einfach und bescheiden. Damit ändert er die Konturen des Papstamtes und ist - auch darin seinem Vorbild Franz von Assisi gleich - ein Mann des Friedens und des Dialogs. Schon jetzt ist absehbar, dass sein Pontifikat langfristige Folgen haben wird. Vor diesem Hintergrund erzählen Bernd Seidl und Wolfgang Rommel in einer aufwendig gestalteten Dokumentation die Geschichte von Jorge Mario Bergoglio und dessen Vorbild Franz von Assisi. Spielszenen aus dem Leben des Heiligen zeigen, wie sehr der Papst aus dieser Tradition schöpft. Der Film folgt darüber hinaus den Spuren Bergoglios in Buenos Aires, Rom und Assisi. Engste Freunde des Papstes und Wegbegleiter kommen zu Wort, darunter Rabbiner Abraham Skorka aus Buenos Aires. Er wird den Papst im Mai zu seiner mit Spannung erwarteten Reise nach Israel begleiten. Kardinal Reinhard Marx, einer der acht engsten Berater des Papstes, und der Vatikanexperte der italienischen Zeitung "La Stampa", Andrea Tornielli, geben Einblicke in den Wandel im Vatikan und in der katholischen Kirche. Priester aus den Armenvierteln in Buenos Aires berichten über die Arbeit Bergoglios in den Barackensiedlungen der Stadt und darüber, was es heißt, wenn der Papst von einer "Kirche der Armen" spricht. Papst Franziskus hat seine Freunde in Buenos Aires nicht vergessen - noch heute hält er Kontakt und unterstützt sie. Jorge Mario Bergoglio, so heißt es dort, hat sich nicht verändert. Aber als Papst Franziskus ist er dennoch jeden Tag für eine Überraschung gut.
(ARD)
Länge: ca. 50 min.
Deutsche TV-Premiere: 24.03.2014 (Das Erste)
gezeigt bei: SRF DOK (CH, 1990)
Cast & Crew
- Drehbuch: Bernd Seidl, Wolfgang Rommel