Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 30.000 Tonnen Gifte auf die Felder gesprüht: Insektizide, Fungizide, Herbizide - seit Jahrzehnten spritzt die Agrarindustrie immer neue Pflanzenschutzmittel auf Gemüse, Getreide und Obst, amtlich zugelassen und scheinbar gut kontrolliert. Doch die zulässigen Höchstmengen werden permanent überschritten. Das belegen die amtlichen Statistiken seit langem. Für den SWR hat nun das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit exklusiv eine Tabelle erstellt, aus der erstmals hervorgeht, welche Lebensmittel in Deutschland aktuell unzulässig hoch mit gefährlichen Wirkstoffen belastet sind, darunter Kartoffeln, Äpfel und Zwiebeln. Aber auch in tierischen Produkten wie Rindfleisch werden die Schadstoffe amtlich nachgewiesen. Selbst in Säuglingsnahrung fanden die Beamten Rückstände von Giften, die seit 2008 nicht mehr als Insektizide verwendet werden dürfen. Das Herkunftsland der belasteten Nahrungsmittel ist Deutschland. Bei einer Probe von Frühlingszwiebeln aus Deutschland zum Beispiel, stellten die Behörden eine Höchstmengenüberschreitung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat fest, ein Stoff der seit längerem als extrem gefährlich gilt. In Tafeltrauben aus Deutschland fanden die Wissenschaftler der Lebensmittelüberwachung eine Höchstgehaltüberschreitung des gesundheitsgefährdenden Wirkstoffes Captan. Captan ist krebserregend. Statistiken zu den Messergebnissen der Behörden werden immer nur zeitverzögert veröffentlicht. Bis dahin sind die belasteten Produkte längst gegessen. Doch wie haben die Behörden auf die Überschreitungen reagiert? Wie geht die Regierung mit der Dauerbelastung der Nahrungsmittel um? Der Film folgt der Spur des Giftes vom Acker in die Gewässer bis hin zum Verbraucher. "betrifft" geht u. a. den folgenden Fragen nach: Wie kann es sein, dass permanenten Höchstmengenüberschreitungen in Lebensmitteln und Umwelt keinerlei Alarm auslösen? Und: Welche Interessen stehen hinter dem System "Pestizid-Einsatz in Deutschland"? Manfred Ladwig deckt ein perfides Zusammenspiel von Behörden, Industrie, Wissenschaftlern und Laboren auf, das nur eines zum Ziel hat: Höchstmengen und Grenzwerte werden so festgelegt, dass die Pestizide in der industriellen Landwirtschaft weiter wie bisher eingesetzt werden können. Gesundheitsgefahren für die Verbraucher und Schädigungen der Ökosysteme werden systematisch heruntergespielt, verschleiert, als Kollateralschaden einer industriellen Landwirtschaft bewusst in Kauf genommen.
(SWR)
Länge: ca. 45 min.
Deutsche TV-Premiere: 18.11.2015 (SWR Fernsehen)
gezeigt bei: betrifft (D, 2002)
gezeigt bei: WDR Story (D, 2000)
Cast & Crew
- Drehbuch: Manfred Ladwig