Es kommen die Helden des Aufstands zu Wort: eine junge Frau aus der Mittelschicht, ein Aktivist der Muslim Bruderschaft, ein Fotojournalist, ein Plakatkünstler und eine Ärztin mit Kopftuch, die alle von dem Kriegszustand berichten, der auf dem Tahrir Platz herrschte, von ihren Ängsten und Hoffnungen. Deutlich wird, wie schnell die Proteste anwuchsen und dass daran viele Schichten und Gruppierungen beteiligt waren - quer durch die ganze Gesellschaft. Mehr als eine Million Ägypter waren auf dem Platz zusammen gekommen und riefen dort den "Tahrir Staat" aus - als einzige freie Zone des Landes. Jetzt mussten die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser, die Müllbeseitigung und die sanitären Anlagen organisiert werden; Musiker liefern die Protestsongs dazu und ein improvisiertes Notarzt-Zentrum in einer Einkaufpassage leistet nicht nur medizinische Soforthilfe, sondern auch psychologischen Beistand, wenn die Lage zu kippen droht. "Jeder trägt das bei, was er am besten kann", berichtet einer der Protagonisten, damit die Gemeinschaft auf die Schnelle funktionieren kann. Ein kleines gelebtes Utopia. Sogar eine Hochzeit wird spontan gefeiert als Symbol für die Hoffnung auf eine Zeitenwende. Das alles ist begleitet von der ständigen Angst vor den nächsten drakonischen Schritten der Sicherheitskräfte und der Armee. Spürbar wird jedoch die Entschlossenheit der Menschen, sich diese historische Gelegenheit, trotz staatlicher Gewalt, nicht mehr nehmen zu lassen. Mit Mubaraks Rücktritt schien dann ein neues Ägypten zum Greifen nahe. Auch wenn die politische Zukunft des Landes derzeit jedoch mehr als offen ist " der Blick zurück auf den Mut und die Euphorie dieser Tage lohnt sich, denn es sind Tage eines politischen Erdbebens, wie es bisher in Ägypten noch nie erlebt wurde. Der ägyptische Filmemacher Tamer Ezzat, selbst ein Vertreter der sogenannten Facebook-Generation, besucht mit seinen sorgfältig ausgewählten Protagonisten noch einmal die zentralen Orte des Protests und verknüpft ihre Augenzeugen-Berichte und persönlichen Erinnerungen mit bislang im Fernsehen nicht gesehenen, spektakulären Aufnahmen aus den Tagen des Widerstands. Die WDR-Koproduktion "Tahrir 2011" ist bei der diesjährigen Mostra di Venezia mit dem "Enrico Fulchignoni" Award der Unesco ausgezeichnet worden.
(Phoenix)
Länge: ca. 90 min.
Deutsche TV-Premiere: 19.01.2012 (WDR)
Cast & Crew
- Regie: Ahmad Abdalla, Tamer Ezzat, Amr Salama, Ayten Amin
- Produktion: Frédéric Sichler, Mohamed Hefzy