Anfang 2018 saßen in Ost-Ghouta bei Damaskus rund 400 000 Menschen fest, bedroht von Kämpfen zwischen dem syrischen Regime, seinen russischen Verbündeten und den Rebellen. Die letzte Bastion der Hoffnung für die eingekesselten Bewohner ist eine Klinik im Untergrund, unter der Erde, genannt "The Cave". Der Dokumentarfilm begleitet ein kleines Team in den weitverzweigten Gängen des Krankenhauses bei ihren unermüdlichen Rettungseinsätzen. Syrien 2018: Sicherheit und Hoffnung liegen in der Hochburg der Aufständischen in Ost-Ghouta unter der Erde. Eine Gruppe mutiger Ärzte sowie Krankenschwestern hat der humanitären Katastrophe des Kriegs etwas entgegengesetzt: eine weitverzweigte, unterirdische Klinik, genannt "The Cave". Es ist die letzte Bastion für die seit Jahren belagerten Zivilistinnen und Zivilisten, in der sie noch Schutz finden vor Giftgasangriffen und vor schweren Bombardierungen der Assad-Truppen und ihrer russischen Verbündeten. "The Cave" wird von Dr. Amani Ballour, einer jungen Frau, geleitet. Das gesamte Team, auch die Männer, haben für sie als Direktorin gestimmt. Was unter normalen Bedingungen in Syrien undenkbar wäre, ist in Zeiten des Bürgerkriegs möglich. In der Untergrundklinik gibt Dr. Amani Ballour nicht klein bei, wenn Angehörige von Patientinnen und Patienten ihre Rolle infrage stellen. Sie kann auf die Solidarität ihres Teams zählen. Als die ersten unterirdischen Krankenhäuser entstanden, war Feras Fayyad sofort davon beeindruckt. "In 'The Cave' habe ich miterlebt, wie Ärztinnen und Krankenschwestern ihr Recht zurückerobern. Sie stehen für sich ein. Ich glaube, dass sie mit diesem Film dazu beitragen können, das Schweigen der restlichen Welt zu brechen." Dr. Amani Ballour stimmte den Dreharbeiten zu. "Ich war den Opfern so nahe, ich war Zeugin des Kriegsverbrechens, ich glaube an die Macht der Medien, und ich wollte, dass die Wahrheit erzählt wird." Sie stellte nur eine einzige Bedingung: während der Dreharbeiten nicht bei ihrer Arbeit behindert zu werden. Entstanden aus mehreren Hundert Stunden Filmmaterial, das von drei Teams in einem Zeitraum von Ende 2016 bis Mitte 2018 unter widrigsten Bedingungen gedreht wurde, begleitet die Kamera Dr. Amani Ballour, die OP-Schwester und Köchin Samaher, Dr. Alaa sowie den Chirurgen Dr. Salim. Ihr Kampf, Menschenleben zu retten, Trost zu spenden, trotz allem an eine gute Zukunft zu glauben, ist hautnah mitzuerleben. Im Stil des Cinéma vérité, ohne Voice-over-Kommentar oder direkte Interviews werden von Splitterbomben verletzte Kinder bei der Erstversorgung gezeigt, die verheerenden Folgen nach einem Giftgasangriff werden den Zuschauerinnen und Zuschauern nicht erspart. Fayyad zeigt das Ärzteteam nicht nur im Einsatz, sondern auch beim Kochen und Essen, einmal überraschen die Kollegen Dr. Amani Ballour mit einer kleinen Geburtstagsfeier. In solchen Momenten scheint auf, wie etwa die burschikos wirkende Samaher gegen ein Trauma ankämpft - eine Folge der schweren Bombardierungen. Dr. Salim lernt man durch die Augen der Frauen kennen, auf seinem Handy spielt er während der Operationen mit Begeisterung Konzertvideos ab, seine Form des Durchhaltens. Fayyad lässt in seinem Film genügend Raum für die scheinbar banalen Dinge, die bei genauem Hinsehen so wichtig sind, weil die Helden von "The Cave" ohne diese Momente nicht überleben könnten. Die Klinik im Untergrund wurde 2018 evakuiert, es gibt sie nicht mehr. Das Ärzteteam um Dr. Amani Ballour musste das Land verlassen, vier ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ums Leben gekommen. Die Stärke dieses beobachtenden Dokumentarfilms ist seine unmittelbare Authentizität, die sich - ergänzt durch einige wenige komponierte Bilder und ein aufwendiges Sounddesign - zu einem Werk verbindet. "The Cave" gilt als ein filmischer Beleg dafür, dass Ost-Ghouta nahe Damaskus der am längsten belagerte Ort des nunmehr neun Jahre dauernden Syrienkriegs und der jüngsten Geschichte war. Der UN-Sicherheitsrat hat diese Belagerung der Zivilbevölkerung 2019 als Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt und angeklagt. "Eine Klinik im Untergrund - The Cave" von Feras Fayyad ist eine internationale Koproduktion von National Geographics, Danish Documentary und ma.ja.de. Filmproduktion in Zusammenarbeit mit dem SWR, TV 2. Der Film feierte 2019 in Toronto Weltpremiere, hat dort das "Toronto International Film Festival" (TIFF) eröffnet und den Publikumspreis gewonnen. Außerdem war er für den Oscar 2020 in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" nominiert.
(3sat)
Länge: ca. 100 min.
Internationaler Kinostart: 05.09.2019
Deutscher Kinostart: 15.05.2020
Original-Kinostart: 18.10.2019 (USA)
Deutsche TV-Premiere: 16.05.2020 (National Geographic)
Cast & Crew
- Regie: Firas Fayyad
- Drehbuch: Firas Fayyad, Alisar Hasan
- Produktion: Kirstine Barfod, Sigrid Dyekjær, Carolyn Bernstein, Pernille Rose Grønkjær, Ryan Harrington, Mikala Krogh, Eva Mulvad, Matt Renner, Chadi Abo, Danielle Turkov, Danish Documentary Production, National Geographic, Doha Film Institute
- Produktionsauftrag: Das Erste
- Produktionsfirma: TV2 Danmark, SWR
- Musik: Matthew Herbert, Al Shami, Ammar Suleiman
- Kamera: Salama Abdo, Mohammad Eyad, Samer Qweder, Muhammed Khamir Al Shami, Ammar Suleiman
- Schnitt: Denniz Göl Bertelsen, Per K. Kirkegaard