Folgeninhalt
Klettern und Bergsteigen werden vom DDR-Regime damals nicht gefördert, auch, weil die oft unangepassten und abenteuerlustigen Sportler sich nicht für das Ideal der "Botschafter im Trainingsanzug" eignen. Im Elbsandsteingebirge bei Dresden trifft sich die Szene, die Felsen hier sind ideal für das Klettern. Wer aber hier die schwierigsten Wände durchstiegen hat, träumt von neuen Zielen. Und manche machen ihre Träume trotz all der Restriktionen in der DDR wahr. Bernd Arnold ist zu DDR-Zeiten eine Berühmtheit in der Kletterszene, er wird sogar über die Grenzen des sozialistischen Staates hinaus bekannt. Auf Arnolds Konto gehen Hunderte Erstbegehungen. In den 1970er- und 1980er-Jahren sprengt er die Schwierigkeitsskala und beeindruckt auch Bergsteiger-Legende Reinhold Messner. "Bernd Arnold war ein Genie. Durch die Anzahl und Schwierigkeiten seiner Erstbegehungen gehört er bis in alle Zeiten zu den prägenden Figuren des Kletterns", sagt Messner heute. Arnold darf sein Können damals im westlichen Ausland nicht unter Beweis stellen, das DDR-Regime zwingt ihn, entsprechende Einladungen abzulehnen. 1988 will Arnold das Veto des Staates nicht mehr akzeptieren: "Ich mache das jetzt, was mir bislang verwehrt wurde. Das lasse ich mir nicht mehr nehmen." Der Hohnsteiner erfindet eine Familienfeier in München und bekommt dafür eine Ausreisegenehmigung erteilt. Von München aus startet er zu einer Expedition ins nördliche Pakistan. Dort stürzt er in eine Gletscherspalte und wird schwer verletzt. Helfried Hering, wie Arnold in der Sächsischen Schweiz aufgewachsen, ist über Jahrzehnte hinweg Mitglied verschiedener DDR-Auswahlmannschaften der Alpinistik. 1967 ist er Ersatzmann bei einer Besteigung der Eiger-Nordwand am Matterhorn in der Schweiz. Vier seiner Kameraden verunglücken. In der Folge reduziert das DDR-Regime die Förderung des Bergsteigens deutlich, Herings Abenteuerlust bleibt dennoch: "Wir wurden dann zu Paradiesvögeln, auch in der Gesellschaft. Die Leute waren ja ebenso erlebnishungrig. Wir Bergsteiger haben Lichtbildvorträge gehalten. Und die Bürger sind so mit uns in ferne Länder gereist, wo sie selbst niemals hinkamen", erinnert er sich. Immer wieder nimmt Hering an Reisen in die Sowjetunion teil. Bis heute für ihn besonders denkwürdig: eine Expedition ins Pamir-Gebirge 1984. Diese wurde von einem Team des DDR Fernsehens begleitet, so entstanden außergewöhnliche Bilder. Uwe Schönfisch zählt damals in der DDR zu den Kletterern der jüngeren Generation. Ihn zieht es schon als Teenager regelmäßig von Berlin ins Elbsandsteingebirge. Dabei geht es ihm nicht nur um den Sport, sondern auch um das Lebensgefühl, ein Stück Freiheit im Einheitsstaat: "Einfach mal was machen, was sonst keiner macht. Raus aus dieser Enge, dieser alltäglichen Enge. Und so bewusst wir uns waren, dass immer jemand mit am Feuer saß von der Stasi, so hat man es dann doch ausblenden können und gedacht: hier sind wir alle Kletterkumpels, hier sind wir frei", sagt er. Schönfisch gerät früh ins Visier der Behörden und fühlt sich immer wieder drangsaliert. Nach und nach reift in ihm der Wunsch, die DDR verlassen zu wollen. Die "Sportclub Story" erzählt die Lebensgeschichten dreier außergewöhnlicher Sportler und Menschen. Durch sehenswertes Archivmaterial lassen sich die Abenteuer von Bernd Arnold, Helfried Hering und Uwe Schönfisch miterleben.
(NDR)