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Zu 1.) Ein Wolkenkratzer am Strand, 36 Stockwerke mit traumhaftem Blick auf die Ostsee – das ist das Maritim in Travemünde. Einst war es das "Leuchtfeuer des Westens" im ehemaligen "Zonenrandgebiet" der Lübecker Bucht – mittlerweile ist es denkmalgeschützt: Gebaute Hotelvision der siebziger Jahre mit Pool, Kongresszentrum und angeschlossenen Apartments mit eigenem Eingang. Vielleicht nicht mehr ganz so strahlend wie damals, aber immer noch in Betrieb und auch beliebt. Von Beginn an als Bau umstritten, ragt es hoch über die Silhouette des altehrwürdigen Seebades heraus – ein Gigant. Zum Abschluss seiner dreiteiligen Reihe "Wieso steht das da? - Giganten am Meer" ergründet das Kulturjournal diesen Hotelturm, spricht mit Gegnern und Denkmalschützern, Bewohnern und dem ersten Hoteldirektor. Zu 2.) Ende einer Odyssee: Einer der letzten legendären Frachtgroßsegler der Hamburger Laeisz-Reederei kommt restauriert und frisch lackiert in seinen Heimathafen. Am 7. September wird die "Peking" in Hamburg einlaufen, eine Viermastbark von 1911, die zum Publikumsmagnet des künftigen Hafenmuseums werden soll. Doch das Schiff ist nicht nur ein imposanter maritimer Eyecatcher, es erzählt auch von den dunklen Seiten der Hamburger Geschichte: Die "Peking" transportierte Salpeter aus Chile nach Deutschland. Sie gehörte zu einem immer effizienteren System der Ausbeutung von Menschen und Bodenschätzen und machte das reiche Hamburg noch reicher. Um welchen Preis – auch davon soll das neue Museum erzählen. Zu 3.) Es ist ein Buch gegen das Schweigen: das Schweigen über Traumata, Verluste und Unverständnis. Ein Buch von der Sehnsucht nach Sicherheit, nicht formulierter Bedürfnisse. Ein Buch über Kriegskinder und deren Kinder, die Enkel der Kriegsgeneration – die eigentlich nichts mehr mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun haben. Und doch. Die Autorin Stefanie Gregg, selbst Kriegsenkelin, hat jetzt darüber einen berührenden Roman geschrieben: "Nebelkinder" (Aufbau Taschenbuch). Ein Familienroman, der sich über drei Generationen spannt – und in dem sie versucht, alles das zur Sprache zu bringen, was vorher wohlweislich nie erzählt wurde. Für das Kulturjournal trifft Julia Westlake am Vorabend des Jahrestages des Kriegsausbruchs am 1. September 1939 Stefanie Gregg, um mit ihr über die Schatten der Vergangenheit zu sprechen – und wie schwer es ist, sie abzuschütteln. Zu 4.) Diese Geschichte beschäftigt die Menschen in Demmin noch heute: In der vorpommerschen Stadt fand im Mai 1945 einer der größten Massensuizide der deutschen Geschichte statt. Hunderte Menschen brachten sich in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs um, aus Angst vor der anrückenden Roten Armee. Die Einwohner erhängten sich, erschossen sich oder ertränkten sich im Fluss. Über dieses Drama wurde zu DDR-Zeiten geschwiegen, die Geschichte passte nicht zur Freundschaft mit der Sowjetunion. Erst nach dem Mauerfall begann zögerlich die Aufarbeitung, heute gibt es Dokumentarfilme und Sachbücher dazu. Die Autorin Verena Keßler hat jetzt einen Roman vor dem Hintergrund des Massensuizids geschrieben: "Die Gespenster von Demmin" (Hanser Berlin). Im Mittelpunkt steht eine alte Frau, die den Massenselbstmord noch selbst erlebt hat und ein junges Mädchen, das den Tod seines Bruders verarbeiten muss. Ein eindrückliches Buch, in dem es auch darum geht, wie die Wunden oder Narben des Krieges bis heute wirken.
(NDR)