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Nur wenige hundert Meter vom berühmten Biathlonstadion in Oberhof entfernt, fast 900 Meter über dem Meer, steht versteckt im Thüringer Wald eine spektakuläre Ruine: Ein Haus, das noch immer den Luxus und Komfort der 1960er-Jahre erahnen lässt. Es war die Nobelherberge des SED-Parteichefs und passionierten Skiläufers Walter Ulbricht. So idyllisch die Lage, so gar nicht romantisch ist die Geschichte des Hauses. Sie erzählt von Walter Ulbrichts Beziehung zu Oberhof, diesem Ort auf dem Kamm des Thüringer Waldes, der zu Kaisers Zeiten der berühmteste Wintersportort Deutschlands war, der in der Nazizeit von Göbbels, Ribbentrop und Ufa-Stars besucht wurde und der nach dem Krieg sogleich ins Visier des Skifans Walter Ulbricht gerät. Er macht sich daran, die schneesichere Lage für die neue Macht zu nutzen. Als die ersten ostzonalen Wintersportmeisterschaften von über 90.000 Menschen besucht werden, entscheiden sich die Berliner Machthaber zu einer radikalen Enteignungsaktion in Oberhof: Die kaum bekannte "Aktion Oberhof", die erste dieser Art in der DDR. Es ist nicht nur eine Enteignung, es ist eine Deportation. Fast 50 Familien erhalten Aufenthaltsverbot in Oberhof, nicht nur Pensionsbesitzer, auch Malermeister und Frisöre. Die Kirchenchronik vermerkt mit dem 13. November 1950 den "dunkelsten Tag in der Geschichte des Ortes". Danach kann Ulbricht in Oberhof schalten und walten wie er will. Er nutzt den Ort für deutsch-deutsche Gespräche und sein Steckenpferd, den Sport. Den Bau seines ersten Großprojektes, die Schanze am Rennsteig, überwacht er persönlich. Mitte der 1960er-Jahre ergeht ein Geheimauftrag nach Suhl: Es geht um ein komfortables Gästehaus für Walter Ulbricht in Oberhof. Die Lage mitten im Wald hat er mit Frau Lotte persönlich ausgesucht. Die harten Erdarbeiten übernehmen mit Hacke und Schaufel sowjetische Soldaten aus Ohrdruf. Weil das Projekt unter dem Code "Landesverteidigung" läuft, bekommen die Architekten alles, was sie brauchen. Es gibt versenkbare und beheizbare Wände, es gibt eine Klimaanlage, 2.500 Glaselemente aus Lauscha illuminieren das lichtdurchflutete Erdgeschoss. In diesem Ambiente fasst Ulbricht den Beschluss zur sozialistischen Umgestaltung des immerhin noch recht gemütlichen Oberhof. Was in den Bezirksstädten der DDR höchstens Teile die Innenstädte verändert, hier wird ein ganzes Dorf umgegraben. Zum 20. Jahrestag der DDR 1969 eröffnet das Panorama-Hotel. Es wird schnell zur Ikone der sozialistischen Umgestaltung. Doch Ulbrichts Sturz beendet die Umsetzung seines Masterplanes. Axel Bulthaupt präsentiert ein kaum bekanntes Kapitel DDR-Geschichte und führt durch die Ruine des Ulbrichtschen Gästehauses. Der Film erzählt exklusiv die Erlebnisse einer in den 1950er-Jahren enteigneten Oberhofer Familie, des Architekten des Gästehauses, des ehemaligen Chefkochs unter Ulbricht und des früheren Bürgermeister des Ortes.
(mdr)