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"Schaurig ist's übers Moor zu gehen", schreibt Annette von Droste-Hülshoff und lockt in ein Land ohne festen Boden. Die Reise führt ins Hohe Venn, eine der letzten Moor- und Heidelandschaften Europas. Sumpf, Einsamkeit, Kreuze. Wer das Venn nicht kennt, dem wird es zum Verhängnis. Holzstege lenken den Strom der Besucher, halten Abenteurer auf Abstand. Seit 1957 ist das Hohe Venn Naturreservat mit strengen Zugangsbeschränkungen. In den Sperrzonen das Hochmoor. An der Oberfläche eine trügerische Idylle: ein grüner Teppich, vollgesaugt mit Wasser. Die Vegetation verzehrt sich selbst, verwandelt sich sterbend zu Torf und treibt das Moor in die Höhe. Dabei wächst die Torfschicht so langsam wie Marmor. Nur ein Millimeter pro Jahr. Drainagegräben, Torfabbau, Brandrodung, jahrhundertelang hat man dem Moor das Wasser entzogen. Auf Biegen und Brechen sollte das Venn kultiviert werden. Die Folgen: ein Meer von Pfeifengras, unter dem die Moose ersticken. In den letzten 500 Jahren hat sich das intakte Hochmoor von 1.000 auf 100 Hektar reduziert. Wirtschaftlichen Aufschwung erlebte das Venn nach 1945, als der Kaffee in Deutschland sündhaft teuer war und alle vom Schmuggel profitierten auf deutscher und auf belgischer Seite. Schmuggler und Polizisten, Förster und Naturführer kennen das Venn. Sie wissen, wo früher die Zöllner patrouillierten, wo im Herbst die Hirsche röhren, im Frühjahr die Narzissenblüte explodiert und sich der Birkhahn die Seele aus dem Leib schreit. Und sie kennen die Gefahren. Besonders im Winter, wenn die Wege verschneit sind.
(NDR)