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Aus der kargen, steinigen Meseta Zentralspaniens ragt die gewaltige, turmbewehrte Mauer Avilas auf. Sie umgibt die höchstgelegene Stadt des Landes, noch heute wird Avila darum die "Warte Kastiliens" genannt. Die mittelalterliche Stadt ist ein Relikt der "reconquista", der fanatischen Rückeroberung Spaniens durch die Christen. Jede neue Ansiedlung der Ritter aus dem Norden der Halbinsel wurde durch mächtige Wehranlagen gegen die muslimischen Mauren im Süden geschützt. Selbst die Apsis der Kathedrale ist Teil der Befestigungsanlage, sie wurde in die Wehrmauer hineingebaut: Kirche und Kampf waren eins! Avila wurde als gesamtes Architekturensemble von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Im ehemaligen Judenviertel der Stadt kam 1515 die heilige Theresa zur Welt. Als Tochter eines angesehenen Adeligen wird das durchaus attraktive, lebenslustige und gesellschaftlich gewandte Mädchen umschwärmt. Als Heranwachsende tritt sie in das Kloster der Karmeliterinnen ein. Dort will sie in strenger Abgeschiedenheit die Nachfolge Christi antreten. Doch sie ist sehr erstaunt, dass die meist adeligen Damen hinter der Klostermauer ein recht freies Leben führen. Buße und Fasten, Beichte und Abendmahl sind abgeschafft, dafür sind Kleider und Schmuck in den Truhen immer standesgemäß. In Teresa wächst allmählich die Vorstellung von einer Klosterreform. Sie will wieder ein strenges, den Geboten der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams verpflichtetes Leben der Nonnengemeinschaft anstreben. Kaum wird ihr Plan, ein neues Kloster zu gründen, publik, gibt es in ganz Avila einen Aufschrei des Protestes. Aber Teresa gibt in ihrem Kampf um die Reform nicht auf. Mit dem Beistand des Königs erlangt sie schließlich die päpstliche Lizenz zur Gründung eines reformierten Karmeliterinnen-Ordens. Bald nach ihrem Tod, 1582, wird Teresa heilig gesprochen, heute ist sie Patronin von Avila und Schutzheilige ganz Spaniens. In Avila steht auch das Dominikanerkloster "Santo Tomás", eine Gründung des ersten Großinquisitors, Tomás de Torquemada. Dieses Kloster war häufig Residenz des Herrscherpaares, Ferdinand von Aragonien und Isabella von Kastilien. Und hier wurde auch der Thronfolger, Kronprinz Juán, von den besten Lehrern Europas auf seine zukünftige Aufgabe vorbereitet. Der junge Thronfolger schloss nach einigen Jahren seine Studien in Avila ab, heiratete Margarethe von Österreich in Salamanca, als er plötzlich, vom Fieber ergriffen, 19-jährig stirbt. Isabella hat den Tod des Sohnes nie mehr überwunden, in "Santo Tomás" wird er beigesetzt. Die bedeutende Königin ist die zweite große Kastilierin, die noch heute jedem Spanier vertraut ist. Sie wächst hier in der Meseta, im Hochland Spaniens, auf, residiert häufig in den Städten des Landes, vor allem in der gewaltigen Burg in Segovia. Von Segovia aus reist Isabella mit ihrem Hofstaat durchs ganze Land. Sie besiegt mit ihren Ritterheeren die Mauren in Granada, kämpft an der portugiesischen Grenze, empfängt Kolumbus nach seiner Entdeckungsreise in Barcelona und verhandelt in Tordesillas über die Aufteilung der Welt. Früh gealtert und geschwächt kommt sie auf ihre Burg in Medina del Campo nach Kastilien zurück. Hier wird sie im Herbst 1505 sterben.
(Bayerisches Fernsehen)