Originalpremiere: 1970
FSK 16
Jerzy Skolimowskis atmosphärisch dichter Film wird gerne mit Michelangelo Antonionis "Blow Up" oder Polanskis "Ekel" verglichen " den Dreien ist vor allem das England der 60er Jahre und die spezielle Perspektive auf diese Zeit gemeinsam. Der knabenhafte Mike im Filzmantel, seine sehnsuchtsvollen Augen und nicht zuletzt Cat Stevens Songs spülen aber auch Erinnerungen an "Harold und Maude" hoch, wenngleich die pubertäre Liebe Mikes in "Deep End" nicht auf eine erfahrene, gutmütige Frau von Welt, sondern auf eine kühle, sadistische Narzisstin trifft. Von der fast slapstickartigen Initiation Mikes bis hin zum absurd-dramatischen Ende stimmen alle noch so feinen Details des Films. So hängen im Büro des autoritär-konservativen Schwimmbadleiters, der das alte Empire hochhält und sich geflissentlich "Sir" und nicht "Boss" genannt wissen will, die kitschige Plastikbüste einer Blondine, die große Ähnlichkeit mit jener vollbusigen Besucherin hat, die Mike später für ihre wilden Lüste missbraucht sowie das Bild einer Brünette, die sehr an die Prostituierte erinnert, bei der Mike eines Abend zufällig landet. Die Utensilien für den ungewöhnlichen Showdown, bestehend aus einem Teekessel und einem Lampendraht, werden ebenfalls bereits in der ersten Einstellung vorgeführt. Doch lebt "Deep End" nicht nur von dieser gedrungenen, fast poetischen Struktur, es sind auch die beiden großartig besetzten komplementären Figuren, die dem Film Kultstatus verleihen. Besonders Jane Asher verkörpert perfekt die lässige Susan, von der Steven Rose anlässlich der Besprechung der restaurierten Fassung von "Deep End" im "Guardian" sagt: "Sie sieht zwar aus wie ein Topmodel, verströmt aber zugleich die Gutmütigkeit einer Teeverkäuferin". Eine Zeit lang war dieser eindrückliche, großenteils in München gedrehte Film in der Senke verschwunden und seine Außergewöhnlichkeit und Souveränität verkannt worden. Obschon, so Rose, die Kameraarbeit, die bildliche Darstellung und die Musik so vibrierend und überraschend sind, dass sie viele aktuelle Filme in ihrer Formelhaftigkeit und Oberflächlichkeit bloßstellen.
(arte)