Koloniale Denkmäler werden weltweit gestürzt. Ist das eine längst überfällige Abrechnung mit unserer blutigen kolonialen Vergangenheit? Oder ist es kulturfeindlicher Ikonoklasmus? Auch in Deutschland gibt es Debatten darüber, wie mit kolonialen Monumenten und Straßennamen umgegangen werden soll: abbauen, umbenennen - und Schluss damit? Oder bewahren, um die Geschichte nicht zu vergessen? Die "Black Lives Matter"-Bewegung hat als neues, konkretes Ziel der Wut die Denkmäler kolonialer Herrschaft ausgemacht: Weltweit werden Statuen von Sklavenhändlern und Kolonisatoren, Generälen und Entdeckern abgerissen, geköpft, in Flüsse geworfen. Oder ganz offiziell von den Behörden abgebaut. "Réparons l'Histoire" heißt eine belgische Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten, "Reparieren wir die Geschichte". Aber ist es nicht Hybris, zu denken, dass man die Geschichte reparieren könne? Derweil werden Kulturgüter zerstört, die auch der Mahnung kommender Generationen dienen könnten. Und es stellt sich die Frage: Wo zieht man die Grenze? Ist George Washington noch haltbar, der Hunderte Sklaven besaß? Müsste man nicht Kolumbien umbenennen? In Großbritannien haben Aktivist*innen bereits Winston Churchill aufgrund seiner kriegerischen Kolonialvergangenheit aufs Korn genommen. Kann man den vielleicht bedeutendsten Gegner Nazideutschlands tatsächlich vom Sockel stoßen? Und was ist mit den vielen Statuen von Kaiser Wilhelm II. und Otto von Bismarck in Deutschland? Was bleibt noch übrig von unseren Denkmälern, wenn man alle Helden der Vergangenheit mit den moralischen Maßstäben der Gegenwart misst? Die Dokumentation "Kolumbus köpfen?" diskutiert den Bildersturm, der zurzeit auf der Welt tobt. Sie beschreibt die Motive der antikolonialen Aktivist*innen und lässt Gegner*innen der Denkmalstürze zu Wort kommen. Außerdem folgt sie der Debatte nach Deutschland und beschreibt die hiesigen Hinterlassenschaften des Kolonialismus und die andauernden Diskussionen darum: den Streit um das "Afrikanische Viertel" in Berlin, um das (Anti-) Kolonialdenkmal in Bremen und um den "Tansania-Park" in Hamburg. Es zeigt sich: Die Verbrechen der Kolonialzeit standen jahrzehntelang im Schatten des Holocaust und werden erst in letzter Zeit nach und nach in einer breiteren Öffentlichkeit thematisiert. Aber reicht das? Diese Frage wird angesichts der finanziellen Entschädigungsforderungen der Herero und Nama unterschiedlich beantwortet.
(3sat)
Länge: ca. 40 min.
Deutsche TV-Premiere: 22.08.2020 (3sat)
Cast & Crew
- Drehbuch: Nicole Blacha, Karsten Gravert