Deutsche TV-Premiere: 07.11.2020 (3sat)
Im Haus der jungen Witwe Célimène gehen die jungen Männer der gehobenen Gesellschaft ein und aus. Sie umschwärmen die gesellige Frau wie die Motten das Licht. Auch der alte Griesgram Alceste ist Célimènes Charme erlegen, doch bringt er durch seine krankhafte Eifersucht ihre ungewöhnliche Liebe immer wieder in Gefahr. Célimène genießt die Aufmerksamkeit ihrer vielen Verehrer, beteuert aber, dass ihr Herz nur Alceste gehört. Obwohl selbst adliger Herkunft, missachtet Alceste die oberflächlichen Vergnügen bei Hof und bringt dies auch immer wieder deutlich zum Ausdruck. Durch seine schonungslose und direkte Art macht er sich immer mehr Feinde. Nicht einmal sein einziger enger Vertrauter Philinte schafft es, ihn zu mäßigen. Alceste beansprucht für sich ein Leben ohne Intrigen, Heuchelei und Tratsch zu führen. Er ist sich sicher, dass seine geliebte Célimène eigentlich im Innern genauso empfindet. Umso mehr trifft es ihn, als unerwartet Briefe auftauchen, in denen sie alle Männer, Alceste eingeschlossen, die sie umwerben, verspottet. Ein kleiner Skandal, der Célimène viele Sympathien kostet, doch Alceste hält ihr weiterhin die Treue. Ob ihrer ungleichen Liebe ein Happy End beschert ist, bleibt jedoch offen. Die Regisseurin Anne Lenk ist mit ihrer Inszenierung von Molières "Der Menschenfeind" zum ersten Mal zum Berliner Theatertreffen geladen. Ihre geschliffen klare Regiearbeit wird maßgeblich unterstützt durch Florian Lösches Bühnenbild, seine Version einer schwarzen Gummizelle. Die Wände bestehen aus Gummiseilen, die vom Boden bis zur Decke, eng an eng, gespannt sind und in denen sich die Figuren bei ihren Auf- und Abtritten immer wieder verfangen. Bemerkenswert ist, welche Aufwertung die weibliche Hauptrolle der Célimène erfährt, gespielt von Franziska Machens, die neben Ulrich Mathes als Alceste brilliert. Sie agiert als selbstbewusste und selbstbestimmte Frauenfigur. In einem Umfeld geprägt von Eitelkeiten und Unsicherheiten gibt Célimène den Ton an und ist Herrin ihres eigenen Schicksals.
(3sat)