Deutsche TV-Premiere: 22.07.2018 (arte)
Ganze Generationen von Kindern sind mit der Blockflöte gequält worden. Es war in Deutschland lange Zeit Pflicht, die Blockflöte als erstes Instrument zu erlernen. In den siebziger Jahren - und später - musste tatsächlich jedes Kind im Grundschulalter Blockflöte lernen. Demnach müsste es eigentlich mindestens drei "monokulturell" gehaltene reine Blockflöten-Generationen geben, denn selbst die, die überhaupt nichts mit Musik zu tun haben, können mindestens ein einziges Instrument spielen: Blockflöte. Komischerweise hat diese Diktatur der Blockflöte aus Deutschland keine Nation der Blockflötisten gemacht. Der schulische Zwang hat dem Instrument nicht besonders gut getan, die Blockflöte wurde zu einem Biederinstrument, mitunter sogar zu einem Spielzeug degradiert. Das ist ein Missverständnis: Die Blockflöte ist zwar leicht zu erlernen, jeder bekommt auf Anhieb ein paar gerade Töne heraus, aufgrund ihrer sehr schwebenden Stimmung und ihres eigenwilligen Timbres klingt sie aber erst wirklich schön, wenn man sie tatsächlich kunstvoll beherrscht. Dieses Blockflötenvirtuosentum wiederum ist schwer zu erlangen - schon gar nicht im Schulmusikunterricht. Darin liegt das Paradoxon dieses Instruments: Einerseits leicht zu erlernen, aber dann grauenvoll klingend, andererseits ist der Schönklang wie bei jedem Instrument auch hier an Talent gebunden. Ein Glück war es, dass zeitgleich in den siebziger Jahren die Alte Musik durch die Hinwendung zur historischen Aufführungspraxis einen kometenhaften Boom erlebte, der auch der Blockflöte ein starkes Selbstbewusstsein verpasste. Ohne die historischen Ensembles wie die Lautten Compagney, Philippe Herreweghes Collegium Vocale Gent oder Frans Brüggens Orchester des 18. Jahrhunderts hätte die Blockflöte in den vergangenen vier Jahrzehnten in die Konzerthäusern der Welt nie Einzug gehalten. Dieses Selbstbewusstsein im Ensemble hat dann auch Solisten gestärkt und überhaupt erst hervorgebracht, denn Blockflöte wird auch im Ensemble meistens solistisch eingesetzt. Die Dänin Michala Petri und der Schweizer Maurice Steger sind viel beschäftigte Flötisten, sie sind gegenwärtig die Stars der Szene und spielen in den großen Konzerthäusern der Welt - Blockflöte.
(hr-fernsehen)
Cast & Crew
- Regie: Natascha Pflaumbaum