Deutsche TV-Premiere: 13.02.2021 (rbb)
Das Pechen war eine anstrengende Tätigkeit, bei der alles schnell gehen musste. Denn ein Pecher bearbeitete bis zu fünfhundert Bäume pro Tag - und das sechs Mal die Woche. Vier Mal im Jahr wurden die Pechhäferl entleert, noch viel öfter Regenwasser entfernt. Ein enormer Aufwand, in einer 40-Stunden-Woche nicht zu schaffen. Heute erlebt die Pecherei eine Renaissance, wenn auch nur durch einzelne Pecher. Seinen Lebensunterhalt verdient sich in Hernstein keiner mehr mit dem Ernten von Pech. Die einen sammeln das Harz für den persönlichen Bedarf, andere wieder verdienen damit Geld in bescheidenem Rahmen. Leopold Schneidhofer war siebenundzwanzig Jahre lang Pecher - und das, obwohl er eigentlich von der Familie her studieren hätte sollen. Später arbeitete er in der Landesregierung und war über zwanzig Jahre lang Bürgermeister von Hernstein. Anna Steurer war die einzige waschechte Pecherin in der Region. Sie und ihr Mann bepechten von 1950 bis 1970 mehrere Waldstücke. Sie kann sich noch gut an die Lieder der Pecher erinnern und an ihr Moped, mit dem sie durch die Wälder rauschte. Franz Zigeuner kam in seiner Jugend zum Handkuss und musste am elterlichen Bauernhof pechen, nachdem der dort tätige Pecher in Pension gegangen war. Eine richtige Strafarbeit, sagt er. Er war heilfroh, als es mit dem Pechen endlich aus war. Josef Kaiser hat mit seinem Vater in seiner Kindheit viertausend Bäume bepecht, heute bewirtschaftet er nur mehr eine Hand voll und nutzt das Pech vor allem als Duftstoff für das Wohnzimmer. Auch Michael Steiner pechte mit seinem Vater. Er liebte es damals nicht sonderlich, heute ist es für ihn ein entspannendes Hobby. Für den heutigen Bürgermeister Leopold Nebel war das Pechen in seiner Jugend vor allem eines: Training. Peter Wieser ist ein "moderner" Pecher. Bis er sein Pech in Form einer "Pechsalbe" verkaufen durfte, musste er einige Ausbildungen absolvieren und das Pech zertifizieren lassen. Ein Teil seiner Ernte landet auf dem Esstisch, denn ein Teil seines Peches wird mit hochwertigen Trauben zu einem "Pechertröpferl" vergoren. Dieser Wein ist allein durch das Harz haltbar und enthält keinerlei Schwefel. Das Pechen hat auch in der Volkskultur seine Spuren hinterlassen. Auf Karin Steiner aus Aigen bei Hernstein geht das Hernsteiner Dirndl zurück, das ein Pechhäferl in die Auszier integriert hat, und der Grillenberger Raimund Fidler baut für Dekorationszwecke das alte Pechpittel nach, einen Sammelbehälter für Pech. Eine bei aller Ernsthaftigkeit humorvolle Dokumentation, die einen Blick auf ein fast ausgestorbenes Gewerbe wirft und dessen Zauber wieder lebendig werden lässt.
(ARD alpha)
gezeigt bei: Expeditionen (A, 2017)
gezeigt bei: Heimat Österreich (A, 2017)
gezeigt bei: Landleben (A, 2021)
gezeigt bei: rbb Wissenszeit (D, 2016)