Dogman

Man würde dem zarten Marcello nicht zutrauen, dass er den Umgang mit Bestien gewohnt ist. Doch in seinem kleinen Salon in einem zerbröckelnden italienischen Badeort pflegt er nicht nur Schosshündchen, sondern auch die wutschnaubenden Bestien ihrer auf Machismo bedachten Besitzer.
Das schlimmste Tier von allen ist allerdings Simoncino , ein Neandertaler von einem Kleinkriminellen, der das Quartier mit seiner tumben Gewaltbereitschaft terrorisiert. Auch Marcello kuscht vor dem Brocken und versucht sich als Underdog schadlos zu halten, indem er Simoncino mit Koks versorgt und seine Grausamkeiten erduldet. Als der Hundeliebhaber eine Haftstrafe absitzen muss, um Simoncino für einen Einbruch zu decken, hat selbst Marcellos Unterwürfigkeit ein Ende.
2008 hat Matteo Garrone mit seiner Verfilmung des Bestsellers «Gomorrha» ein brandaktuelles Porträt des organisierten Verbrechens in die Kinos gebracht. Zehn Jahre später erzählt «Dogman» eine fast intime Geschichte zweier Männer, der eine ein Tyrann und der andere sein Knecht - und thematisiert damit doch auch Herrschaftsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft und deren Umgang mit Gewalt und Macht.
Der in der morbiden Kulisse Castel Volturnos sehenswert fotografierte Film war der italienische Kandidat für einen Oscar in der Kategorie Fremdsprachige Filme, Hauptdarsteller Marcello Fonte wurde in Cannes als Bester Darsteller ausgezeichnet. Als Sohn einer Fotografin vielleicht vorbelastet, pflegt der 1968 in Rom geborene Filmemacher beim Dreh die Kamera selbst zu bedienen. Bis zu dessen Tod im Jahr 2012 arbeitete Matteo Garrone mit dem Kameramann Marco Onorato zusammen. Im Dänen Nicolai Brüel scheint er einen fähigen Nachfolger gefunden zu haben, kommt dieser doch nach «Dogman» auch in Garrones neuestem Film «Pinocchio» zum Zuge. Diese Verfilmung des klassischen Stoffs von Carlo Collodi mit Roberto Benigni in der Rolle des Geppetto wird in Italien zum Jahresende anlaufen.