Drei junge US-Amerikaner melden sich zum Militärdienst, ohne zu ahnen, was auf sie zukommt. Im Irak und in Afghanistan erleben sie menschenunwürdigen Drill, Angst und Tod. Sie setzen sich ab und leiden schwer unter ihren Traumata. Der preisgekrönte Dokumentarfilm "Fahnenflüchtig" fragt die drei jungen US-Deserteure nach ihren Kriegs-Erinnerungen und stößt auf die Ungewissheit ihrer Existenz und Labyrinthe von Wahrheit und Lüge, Schuld und Unschuld, Gehorsam und Ungehorsam.Dean Walcott, 25, tritt am 23. August 2000 in das United States Marine Corps (USMC) ein. Er wurde zweimal in den Irak geschickt. Zwischen diesen beiden Einsätzen musste er sich im Militärkrankenhaus in Landstuhl, Deutschland, um schwerstkranke und sterbende Soldaten kümmern. Seinen letzten Dienst übte er bei einer Inspektoren- und Instruktionseinheit in North Carolina aus. Im Dezember 2006 ging er nach Toronto, wo er um den Flüchtlingsstatus bat. Mit zwei Kanadiern leben er und Corey Glass jetzt dort in einer WG. Corey Glass, 24, aus Fairmount, Indiana, war Sergeant der National Guard und flüchtete im August 2006 nach Toronto, nachdem er sich acht Monate lang vor der Armee versteckt hatte, die ihn als Deserteur in ihren Listen führte. Fünf Monate lang war er im Irak stationiert, um für die Nachrichtenabteilung die Lage im Norden zu analysieren. Die Prozesse, die er und Dale Landry um ihre Anerkennung als Flüchtlinge führten, haben Aufsehen erregt, eine Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen existiert in den USA nämlich nicht. Dale Landry, angestellt bei der United Air Force und Spezialist für den Frachtverkehr, wurde in den Irak versetzt, um Häftlingstransporte zu leiten. Er erlebte mit, wie Unschuldige deportiert und gequält wurden. Zwei Jahre lang versuchte er, als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen anerkannt zu werden, ein hoffnungsloses Unterfangen. Wegen unerlaubter Entfernung von der Truppe angeklagt und mit der Aussicht auf eine weitere Verpflichtung in den Irak, zog er es vor, "fahnenflüchtig" zu werden. In Kanada stellte er, wie Glass, den Antrag, als Flüchtling anerkannt zu werden. Aus der Vorstadttristesse in Texas, Indiana und New York, durch Perspektivlosigkeit oder naive Bewunderung zum Militär geraten, wurden sie in die Kriegsgebiete in Afghanistan und im Irak abkommandiert. Die Ereignisse dort schockierten und läuterten sie, ließen sie aber auch nach legalen Wegen suchen, die Air Force, die National Guard und die Marines zu verlassen. Nach quälenden Monaten sahen sie nur noch eine Möglichkeit, ihrer Heimat den Rücken zu kehren: über die kanadische Grenze zu fliehen, wie vor ihnen schon Tausende zur Zeit des Vietnamkriegs. Aber die Zeiten haben sich geändert. Die US-Armee ist mittlerweile eine Freiwilligenarmee, die Ereignisse des 11. September haben die USA und Kanada politisch nähergebracht. Schwer traumatisiert leben die drei in einer Wohngemeinschaft in Toronto. Die Brüchigkeit ihrer Freundschaft schimmert durch. Die Erinnerungen an den Krieg und die Angst vor drohender Abschiebung halten immer wieder Einzug in einen Alltag voller Langeweile, Frust und Perspektivlosigkeit. Dokumentation von Sabrina Wulff...
(Phoenix)
Länge: ca. 90 min.
Deutsche TV-Premiere: 24.11.2009 (Bayerisches Fernsehen)
Cast & Crew
- Regie: Sabrina Wulff
- Produktion: fieber.film, BR
- Produktionsfirma: HFF München
- Kamera: Oliver Tataru
- Schnitt: Ulrike Tortora