Hongkong, sagt man, sei die schnellste Stadt der Welt, weil sie sich ständig neu erfindet. Das einstige Fischerdorf an der Südküste Chinas ist schon seit langem eine Megametropole. In mehr als 150 Jahren britischer Kolonialherrschaft brachte der Handel Wohlstand und Wachstum. Wer hier lebt, darf die Enge nicht fürchten. Akuter Platzmangel ist das Hauptproblem der mehr als sieben Millionen Bewohner*innen. Nur wer das nötige Geld besitzt, kann sich den teuren Wohnraum leisten. Die SWR Reportage porträtiert Menschen, die durch Hongkong geprägt werden und die Stadt auf ihre Weise mitgestalten. Menschen, die erfolgreich sind, werden in Hongkong wie Popstars verehrt. Yen Siu ist Nachhilfelehrer und für die Jugendlichen ein Idol. Mit selbstverfassten Lehrbüchern bringt er jeden Abend Hunderten Schülerinnen und Schülern Chinesisch bei. Nachhilfe ist in Hongkong zu einer boomenden Dienstleistungs-Branche geworden. Wer gute Noten bekommt, kann auf eine erfolgreiche Zukunft und Wohlstand hoffen. Da per Gesetz nur 45 Schüler*innen pro Klassenraum zugelassen werden, kam Yuen auf einen schlauen Trick: Gläserne Räume, in denen er als Live-Projektion für jede*n Schüler*in sichtbar ist. Bis zu 100.000 Euro verdienen Nachhilfelehrer*innen im Monat. Wer in Hongkong den Himmel sehen will, muss den Kopf in den Nacken legen. In der "vertikalen Stadt" drängen sich 7000 Hochhäuser - das ist Weltrekord. Wing Hing Lo gehört zu den "fliegenden Gerüstbauern", die in mehr als 100 Metern Höhe Bambusgestelle installieren, sobald an Häuserwänden kleinere Reparaturen anstehen. Die Technik des Bambus-Gerüstbaus hat sich in 2000 Jahren kaum verändert. Bambus ist für den Gerüstbau ein ideales Material. Sein geringes Gewicht ist sein größter Vorteil. Auch einem Taifun hält Bambus dank seiner Elastizität stand. Die Stangen befestigt Wing Hing mit Nylonschnüren. Sie werden einfach um den Bambus gewickelt und eingedreht - ohne Knoten. Jacky Wong hat sich im hektischen Hongkong eine Insel der Ruhe erschaffen. In einem daoistischen Tempel im Zentrum der Stadt folgt die 19-Jährige den 1500 Jahre alten Lehren des Kung Fu. Jacky Wongs Training dauert oft bis nach Mitternacht. Fälschlicherweise verbinden die meisten Kung Fu bis heute mit den Kinofilmen der Kampfsport-Ikone Bruce Lee. Dabei verfolgt Kung Fu das Ziel, geistige und körperliche Vollkommenheit zu erlangen und umfasst unterschiedlichste Disziplinen. In den vergangenen Jahren haben die Kung-Fu-Schulen von Hongkong wachsenden Zulauf. Die Menschen orientieren sich zunehmend an traditionellen Werten. Kung Fu soll ihnen helfen, in der Leistungsgesellschaft zurechtzukommen.
(SWR)
Länge: ca. 45 min.
Deutscher Kinostart: 08.09.2015
Deutsche TV-Premiere: 07.05.2016 (SWR Fernsehen)
gezeigt bei: Länder - Menschen - Abenteuer (D, 1975)
Cast & Crew
- Drehbuch: Sebastian Lindemann