Deutsche TV-Premiere: 19.10.2005 (arte)
Maxim Gorki nannte sein 1901 geschriebenes Stück im Untertitel "Szenen aus der Tiefe". Das naturalistische Nachtasyl war eine schäbige Kellerhöhle, in die sich Ausgestoßene und Deklassierte flüchteten, ein surrealer Ort des Wartens, Hoffens und Überdauerns. Rund hundert Jahre später, in Zeiten von Hartz IV und dem Abbau des Sozialstaates, sind es Abgewickelte, Abgestürzte, Verführte, Gescheiterte und Chancenlose, die ihren Lebens-Sinn verloren haben. Ausformungen der heutigen sozialen Realität zeigen, dass das bekannteste Stück von Maxim Gorki an Aktualität bis heute nichts verloren hat. Es beschreibt eine nach wie vor aktuelle Problematik: das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, flankiert von der Fragestellung, ob Moral eine Frage von Wohlstand ist. Darüber nachdenkend, wie es um die Ordnung jener besten aller Welten bestellt ist, aus der so viele Menschen herausfallen, hinabgerissen werden "in die Tiefe", hat der Regisseur Hardi Sturm aus der Stückvorlage von Maxim Gorki durch Kürzungen, Verschmelzungen von Figuren und durch veränderte räumliche Kontexte die Grundlage für einen aktuellen Theaterfilm entwickelt. Gedreht wurde auf dem Gelände des ehemaligen Militärflughafens in Neuhardenberg. Dort ist ein fast schon hermetisch geschlossenes, außerhalb der Welt liegendes Nachtasyl entstanden. Ein eigener Kosmos, in dem die Bewohner beständig um sich selbst kreisen. Hierarchiebildungen, Allianzen und Beziehungen werden geknüpft und wieder gelöst, neu zusammengesetzt in einem ewigen Kreislauf des vermeintlich Unausweichlichen. In Hardi Sturms "Nachtasyl" bilden die Protagonisten eine zufällige Melange von ausgegrenzten Verlierern der Gesellschaft: Der Säufer, die Kranke, der Profitler, die Träumerin. Keiner hat Arbeit, kaum einer Geld und niemand eine Zukunft.
(ZDFtheaterkanal)